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Deutschlands erstes Haus aus 3D-Drucker: 160 m2 in nur vier Tagen gebaut

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Von: Bjarne Kommnick

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Ein Haus in nur vier Tagen fertigzustellen, klingt utopisch. Doch der 3D-Druck macht es möglich. Immer mehr Gebäude werden so gefertigt.

Beckum – Die Bauwirtschaft steckt in der Krise, das Handwerk befindet sich durch Corona und Ukraine-Krieg in einer Ausnahmesituation. Fehlende Fachkräfte, steigende Baupreise durch Kostentreiber Holz und Beton – die Unsicherheit bei den Bauunternehmen ist groß. Dabei mangelt es nicht an Aufträgen. Darum setzen nun immer mehr Auftraggeber auf alternative Methoden, Gebäude zu bauen. Besonders interessant: Häuser aus dem 3D-Drucker. Denn dabei handelt es sich nicht etwa um eine Zukunftsvision, sondern um aktuelle Projekte. Auch in Deutschland entstehen bereits erste Bauten aus dem 3D-Drucker, wie kreiszeitung.de berichtet. Die Technik verspricht pure Effizienz.

StadtBeckum
Bevölkerung36.736
Fläche111,5 km²
Höhe100 m

Häuser aus dem 3D-Drucker sind auf dem Vormarsch: Vier Tage Bauzeit für 160 Quadratmeter

Im westfälischen Beckum ist bereits das erste Haus aus dem 3D-Drucker fertiggestellt, wie die Fachhochschule Münster berichtet. Die gesamte Druckzeit des 160 Quadratmeter großen Gebäudes betrug gerade einmal 100 Stunden – fünfzig Stunden pro Geschoss – insgesamt also knapp über vier Tage. Dabei habe man „nur“ mit halber Geschwindigkeit gearbeitet, der gleiche Bau ist demnach in unglaublichen 50 Stunden möglich. Zum Vergleich: Bei einer herkömmlichen Bauweise ist mit ungefähr fünf Monaten Bauzeit für ein Einfamilienhaus zu rechnen.

Hausbau aus dem 3D-Drucker.
Das erste Wohnhaus aus dem 3D-Drucker in Deutschland steht in Beckum. © dpa/Guido Kirchner

3D-Drucker kann sogar Wände der Häuser direkt „verputzen“

Insgesamt benötigte der Druck gerade einmal drei Bauarbeiter, die den Vorgang begleiten. Das Prinzip: Der Drucker trägt das Baumaterial Schicht für Schicht übereinander. Pro 15 Minuten schafft der Drucker dabei circa eine Runde, in der er rund zwei Zentimeter Beton anhäufen könnte, genauer gesagt: schnell trocknender Zementmörtel. Durch diese Methode bekommt das Gebäude ein wellenartiges Aussehen. Doch das sei nur eine Geschmackssache, mittlerweile könne der Drucker die Wände auch direkt verputzen. Billiges Bauen ist immer gefragter, denn bereits seit vergangenem Jahr steigen die Preise für Stahl und Holz massiv an.

Häuser aus dem 3D-Drucker: „Thema im Hausbau komplett neu“

Leiter des Projektes sind die Architekten Waldemar Korte und Alexander Hoffmann. „Das Thema 3D-Druck im Hausbau ist komplett neu. Wir mussten uns also selbst erst einmal einfinden“, erklärt Hoffmann gegenüber der Fachhochschule Münster, an der beide Architekten auch absolviert haben. Darum benötigte ihr Projekt, im Gegensatz zur reinen Bauzeit, eine monatelange Vorbereitung: „Das alles zu planen, war eine große Herausforderung. Fehler durften wir auf keinen Fall machen, weil sonst falsch gedruckt worden wäre. Und das im Nachhinein zu korrigieren, wäre nur mit sehr viel Aufwand möglich gewesen.“

Ein großer Nachteil von Häusern aus 3D-Druckern: Nur 15 Minuten Zeit, um Fehler zu korrigieren

Deshalb beobachteten die beiden Architekten den ersten Bauvorgang mit Argusaugen, um einen fehlerlosen Ablauf ihres ersten Projekts zu gewährleisten, was bei den steigenden Immobilienpreisen nicht unbedeutend sein dürfte: „Wir hätten dann nur 15 Minuten Zeit gehabt, um das digitale Modell zu korrigieren“, so Korte. Doch der Druck lief wie geplant, sodass ein Eingreifen nicht nötig wurde.

Neben den Architekten und drei Handwerkern, die den Vorgang begleiteten, sind auch andere Handwerker – etwa Tragwerksplaner und Elektriker – bei dem Bau des Hauses zum Einsatz gekommen. Dort, wo Steckdosen, Fenster und Leitungen geplant wurden, ließ der 3D-Drucker an gewünschter Stelle einfach eine Schicht aus.

Häuser aus 3D-Druckern bisher noch 10 bis 15 Prozent teuer als gewöhnliche Bauart

Der Preis für das 160-Quadratmeter große Haus liegt derzeit bei rund 500.000 Euro. Bisher sind das noch rund 10 bis 15 Prozent mehr als ein „normales“ Haus koste, doch das sei auch abhängig von der Lage. So schießen die Preise für Immobilien an der Nordseeküste derzeit in die Höhe. Das Ziel der Methode ist klar: Langfristig soll sie deutlich preisgünstiger sein als die herkömmliche Bauart. Besonders in Zeiten der Inflation, gegen die Bundeskanzler Olaf Scholz zuletzt „konzentrierte Aktion“ angekündigt hatte, ist derweil billiges Wohnen gefragt. Viele möchten ein günstiges Tiny House kaufen, um im Minihaus zu leben.

Anwohner über 3D-Drucker-Baustelle: „Alles halb so wild“

Für Anwohnerinnen und Anwohner sind Baustellen immer eine Belastungsprobe für die Nerven. Wie ist das bei Baustellen mit 3D-Druckern? Ein Nachbar erklärte gegenüber Kabel1: „Es war ein Surren, manchmal auch bis Abends, aber alles halb so wild“. Eine weitere Anwohnerin erklärt: „Der Drucker war nicht das Problem, der hatte einen monotonen Ton“, jedoch habe die Plane, die den Drucker und den Bau schützte, geflattert und mehr störenden Lärm erzeugt als der Bauvorgang an sich.

Gemeinnützige Organisation plant erste Schule aus 3D-Drucker weltweit

In Fianarantsoa auf Madagaskar wurde nun sogar die erste Schule weltweit mit einem 3D-Drucker gebaut. Die gemeinnützige Organisation „Thinking Huts“ und das Architekturbüro Mortazavi haben gemeinsam das Projekt mithilfe der Expertise von Hyperion Robotics geplant. Am 14. April wurde die Schule offiziell eröffnet.

Schule aus dem 3D-Drucker auf Madagaskar.
Auf Madagaskar soll die erste Schule weltweit aus dem 3D-Drucker entstehen. © Studio Mortazavi

In der Schule finden 30 Schülerinnen und Schüler Platz. Sie ist insgesamt 1.700 Quadratmeter groß. Für die Bauzeit waren insgesamt 22 Tage angesetzt, was signifikant kürzer ist als in der Region üblich. „Thinking Huts“ erhofft sich, dass die Schule ein Vorreiter für viele weitere Projekte dieser Art werde. Die Leiterin der Organisation, Maggie Grout, erklärt: „Wir sollten die nächste Generation mit den Fähigkeiten ausstatten, die uns übertreffen. Bildung ist die Wurzel für die Lösung vieler Probleme, mit denen die Welt heute konfrontiert ist, von Gesundheitsepidemien bis zur Beseitigung der Armut.“

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.

Schule aus dem 3D-Drucker: „Zweimal so stark wie herkömmlicher Beton“

Das Gebäude soll zudem auch durch Stabilität in Sachen Nachhaltigkeit punkten: „Die während des 3D-Druckverfahrens hergestellte Wand wird 27-mal stärker sein als ein sonnengetrockneter Tonziegel, 3,5-mal stärker als ein ofengebrannter Tonziegel und zweimal so stark wie herkömmlicher Beton“, heißt es in der Pressemitteilung. „Diese Stärke bietet viel mehr Widerstandsfähigkeit gegen Fäulnis und strukturelles Versagen der Wand. Dies ist der Schlüssel zur Sicherheit der Schüler und zur Maximierung der Nutzungsdauer des Gebäudes.“

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