Wolfgang Grupp Junior kritisiert deutsche Mentalität: „Wir machen aus Mücken Elefanten“
Trigema bereitet sich derzeit auf die Übergabe der Geschäftsführung an die vierte Generation vor. In einem Interview spricht Wolfgang Grupp Junior über seinen beruflichen Werdegang – und ärgert sich auch über die deutsche Fehlerkultur.
Burladingen - Sein Vater hat die Firma Trigema erfolgreich gemacht, er selbst gehört zur vierten Generation des Traditionsbetriebs: Wolfgang Grupp Junior (*1991) lernte früh, was es bedeutet, Teil einer Unternehmerfamilie zu sein und Verantwortung zu übernehmen. Den Grundstein für die Karriere seiner Kinder legte Vater Wolfgang Grupp bereits früh und ermöglichte ihnen den Besuch eines englischsprachigen Internats sowie Elite-Universitäten. Nach mehr als 50 Jahren an der Firmenspitze ist für den Trigema-Chef offenbar die Zeit gekommen, das Ruder an die Nachkommen zu übergeben. Neben seiner Schwester Bonita (*1989) geht auch Wolfgang Junior ins Rennen. In einem Interview mit dem Business-Podcast get hyrd spricht der Trigema-Spross über seinen beruflichen Werdegang. Aus Erfahrung kann er sagen: Sich Fehler einzugestehen, hilft im Reifeprozess ungemein.

An seine ersten Tage bei Trigema erinnert sich Wolfgang Junior noch genau. „Ich saß die ersten Wochen neben meinem Vater, weil die Position im Einkauf, die ich besetzen sollte, noch nicht frei war.“ Die Abläufe im Unternehmen waren für den damals 22-Jährigen zunächst noch ungewohnt. „Es war noch vieles neu. Man denkt am Anfang, man weiß alles besser – ganz ehrlich: Ich bin da tagtäglich auf die Schnauze gefallen.“ Häufig habe er Dinge getan, die er heute anders machen würde. Im Nachhinein glaube er jedoch, dass es wichtig gewesen sei, auch mal Fehler zu machen. „Man braucht nicht denken, dass man, nur weil man von der Uni kommt, alles weiß.“ Irgendwann würde man verstehen, warum gewisse Abläufe und Strukturen so seien, wie sie eben sind.
Wolfgang Grupp Junior über deutsche Fehlerkultur: Andere Nationen sind entspannter
In Bezug auf die deutsche Fehlerkultur sieht Wolfgang Junior noch Verbesserungsbedarf. In seiner Zeit in England habe er den Eindruck bekommen, dass die Thematik dort ganz anders gehandhabt wird. „Gefühlt sind die Engländer oder auch andere Nationen etwas entspannter und sehen nicht alles gleich so kritisch. In Deutschland halte ich es für problematisch, dass wir oftmals nur auf Fehlersuche gehen und dabei nur die Schuldfrage und nicht die Lösung am Ende sehen.“ Zwar verstehe er, dass es meist einen Schuldigen für ein Problem gebe und man auch Konsequenzen ziehen müsse. „Aber es bringt mir eben auch nichts, immer nur zu sagen, man hätte es so oder so machen müssen.“ Zielführender sei es, sich einzugestehen, dass ein Fehler passiert ist, um danach nach vorne zu blicken.
In Deutschland halte ich es für problematisch, dass wir oftmals nur auf Fehlersuche gehen und dabei nur die Schuldfrage und nicht die Lösung am Ende sehen.
Wolfgang Junior ist sich sicher: In Deutschland „machen wir oftmals aus Mücken Elefanten.“ In England hingegen sage man häufiger: „Na gut, ist jetzt eben so – wie machen wir jetzt weiter?“ Den Grund, warum die Deutschen meist eine geringere Fehlertoleranz haben, sieht Wolfgang Junior darin, dass viele zu eitel seien, sich diese einzugestehen. Er persönlich findet: „Fehler zu machen, gehört einfach dazu!“ Wenn man aber hinter die Kulissen schaue, sehe das Ganze schon anders aus. „Da gibt es ganz wenige, die nichts haben, bei dem sie sagen: Das hätte ich vielleicht anders machen können.“
Wolfgang Grupp Junior: So geht er mit Fehlern um
Das Entscheidende beim richtigen Umgang mit Fehlern ist laut Wolfgang Junior, daraus zu lernen. „Bevor man emotional reagiert und versucht, sich zu rechtfertigen, empfiehlt es sich, nochmal eine Nacht darüber zu schlafen. Und zu sagen: Das war jetzt so – wie gehe ich das Ganze jetzt an?“ Neben der Akzeptanz von Missgeschicken sei es auch wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen. So möchte Wolfgang Grupp Junior keinesfalls als Kopie seines Vaters gesehen werden. Heute betreut der 32-Jährige bei Trigema die Geschäftskunden sowie IT-Projekte.
Derzeit plant Grupp Junior einen „Polohemd-Automaten“ als Ersatz für Näherinnen – und wirkt damit dem drohenden Personalengpass entgegen. Ob er oder seine Schwester Bonita, die bei Trigema die Bereiche Onlinehandel und Personal verantwortet, den Vater als Firmenchef beerben wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Ab Ende 2023 soll dann aber alles ganz schnell gehen: Dann will der Vater alle seine Firmenanteile an seine Frau Elisabeth übergeben. Diese wiederum hat sechs Monate Zeit, um die Firma an eines ihrer Kinder zu übergeben. Die kurze Zeit sei laut Grupp Senior notwendig, um nicht doppelt Erbschaftssteuer zahlen zu müssen. Wie der Firmenpatriarch bereits betonte, traue er die Nachfolge sowohl der Tochter als auch dem Sohn zu.