Gesamtmetall-Chef: Arbeitnehmer sollen Unternehmen beim Energiesparen helfen

Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf fordert von Arbeitnehmern, ihren Unternehmen in der Energiekrise beim Sparen zu helfen, indem sie beispielsweise von zu Hause aus arbeiten. Das trifft auf Kritik.
Stuttgart/Dettingen - Eine Gasmangellage wird in Deutschland bereits seit Monaten befürchtet. Sollte Russland als Reaktion auf die Sanktionen der westlichen Staaten die Gaslieferungen einstellen, wäre vor allem Baden-Württemberg mit seiner starken Wirtschaft betroffen. Die großen Unternehmen der Wirtschaft reagierten bereits auf die Drosselung der Gaslieferungen. Mercedes will etwa den Gasverbrauch um bis zu 50 Prozent drücken. Mit dem Voranschreiten des Jahres und der Annäherung an den Winter steigt sowohl bei Verbrauchern als auch bei den Unternehmen die Sorge vor einem Gasmangel.
Stefan Wolf, Gesamtmetall-Chef und CEO des Automobilzulieferers ElringKlinger aus Dettingen (Kreis Reutlingen) fordert angesichts einer Gasmangellage im Herbst und Winter die Arbeitnehmer dazu auf, ihren Unternehmen beim Energiesparen zu helfen. „Ich glaube, dass es viele Mitarbeiter gibt, die versuchen, dem Unternehmen Strom und damit Kosten zu sparen und ihre Arbeitsplätze abzusichern, indem sie von zu Hause arbeiten“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Das erwarte ich auch.“
Gasmangel im Herbst: Gesamtmetall-Chef fordert Temperaturen am Arbeitsplatz zu senken
Wirtschaftsexperten sehen zwar ein großes „Energiesparpotenzial“, wenn mehr Menschen im Homeoffice arbeiten, davon profitieren in erster Linie aber nur die Unternehmen. Durch die extrem angestiegenen Preise für Strom, Gas und Wasser stehen auch viele Privatpersonen in Herbst und Winter vor Problemen. Auch Stefan Wolf befürchtet, dass Wladimir Putin die Gaslieferungen, die aktuell gedrosselt sind, im Herbst ganz abstellen könnte. „Wie dramatisch die Situation sein wird, wissen wir erst im Herbst, wenn klar ist, ob Putin das Gas komplett abstellt“, so der Gesamtmetall-Chef.
Sollte ein solches Szenario eintreffen, müsse man alle Register ziehen. Die Unternehmen selbst hätten allerdings bereits jegliche Einsparmöglichkeiten vorgenommen, erklärte Wolf. Bei Temperaturen in Büros seien sie aber an die Arbeitsstättenverordnung gebunden. „Man sollte darüber nachdenken, ob man die Arbeitsstättenverordnung nochmals ändert und wir auf 18 Grad runtergehen können“, sagte Wolf. Aktuell sind in Arbeitsräumen, in denen überwiegend gesessen wird, 19 bis 20 Grad als Mindestwert festgelegt, je nach Arbeitsaufwand. Auch Städte in Baden-Württemberg greifen aufgrund der Gasmangellage bereits zu radikalen Sparmaßnahmen.
IG Metall-Chef kritisiert Forderung: „Es geht nicht um das Sparen für das Unternehmen“
Die Forderung von Gesamtmetall-Chef Wolf, dass Arbeitnehmer vorrangig von zu Hause aus arbeiten, um ihren Unternehmen Energiekosten zu sparen, trifft bei der IG Metall auf Kritik. Die beiden Gewerkschaften der Metall- und Elektroindustrie sind sich aktuell auch bei den schwierigen Tarifverhandlungen uneinig. Während die IG Metall eine Tabellenerhöhung fordert, präferiert der Gesamtmetall-Chef Instrumente wie etwa eine Einmalzahlung. In Bezug auf die Forderung des Energiesparens ist die größte Einzelgewerkschaft Deutschlands ebenfalls anderer Meinung als Stefan Wolf.
„Seine Produktionsmitarbeiter wird auch Herr Wolf sicher lieber in seinen Werken sehen“, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der dpa. Er äußert zudem die Bedenken, ob es insgesamt energieeffizienter ist, wenn die Arbeitnehmer zu Hause Strom, Gas und Wasser verbrauchen, statt in Büro oder Fabrik. „Und es geht ja um das Sparen von Energie in einer Krise und nicht um das Sparen für das Unternehmen“, machte er deutlich. Vor einigen Monaten sorgte auch der Aufsichtsratschef von Lufthansa und E.ON mit einer Forderung für eine Kontroverse. Man solle das „Gas erst bei den Privaten abschalten, dann bei der Industrie“, sagte er.