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Wetter: Hurrikan-Gefahr für Europa - „Das kann diesen Herbst richtig gefährlich werden“

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Von: Franziska Schuster

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Durch den extremen Hitzesommer in Europa steigt das Risiko von Medicanes, Hurrikans auf dem Mittelmeer. Die Auswirkungen davon bekommen wir auch in Deutschland zu spüren - jedoch auf eine ganz andere Art und Weise.

Stuttgart/Rom - Die Auswirkungen des Rekord-Sommers 2022 bekommen wir noch im Herbst zu spüren. Wie Dominik Jung, Diplom-Meteorologe bei wetter.net, in seinem neuesten Wettervideo sagt, könnte es vor allem für den Mittelmeerraum brenzlig werden. Denn nicht nur die Luft, auch das Wasser ist ungewöhnlich warm. Rund 30 Grad hat das Meer dort erreicht - das fühlt sich mehr nach einem Gang in die Badewanne an, als nach einer Abkühlung.

Die hohen Wassertemperaturen begünstigen zudem die Entstehung von Medicanes, Hurrikans des Mittelmeeres. „Das kann in diesem Herbst dort richtig gefährlich werden“, warnt Dominik Jung.

Hitze-Sommer mit Folgen: Entstehung von Medicanes begünstigt

Das Wasser des Mittelmeeres konnte sich durch den heißen und trockenen Sommer stark aufheizen. Um die Balearen und rund um Sizilien herrschen stellenweise Wassertemperaturen von 30 bis 31 Grad. „Drei bis sechs Grad zu warm für die aktuelle Jahreszeit - und so hoch wie noch nie zuvor“, erklärt Dominik Jung. „Das Wasser ist jetzt so warm wie in der Karibik.“

Das hat Folgen: Medicanes, also Wirbelstürme im Mittelmeer, können durch diese „warme Brühe“ einfacher entstehen. Hinzu kommen Starkregen, schwere Überschwemmungen, Sturm und Orkanböen und sehr hohe Wellen. „Eine wirklich sehr gefährliche Angelegenheit, die sich da für den Herbst 2022 rund ums Mittelmeer anbahnt.“ Laut den Herbstprognosen könnte sich die Lage noch zuspitzen: Die kommenden Monate sollen deutlich zu warm und regenarm ausfallen.

Medicane

Als Medicane wird ein Tropensturm-ähnliches Sturmtief im Mittelmeerraum bezeichnet. Diese bilden sich meist zum Ende des Sommers, wenn das Wasser im Mittelmeer hohe Temperaturen aufweist. Wie auch beim Hurrikan werden beim Medicane die Wolken und Regenbänder rund um das Sturmauge spiralförmig und im Gegenuhrzeigersinn herumgewirbelt. Dadurch wird der „Hurrikan des Mittelmeeres“ von heftigem Wind und starken Niederschlägen begleitet.

Damit ein Medicane entstehen kann, braucht es zum einen sehr warmes Wasser, dafür reichen bereits Temperaturen von 24 Grad. Meistens herrscht über dem Mittelmeer im Herbst Hochdruck, während in Nordeuropa Tiefdruckgebiete entlangziehen können, die nicht selten auch polare Luftmassen anzapfen. Wenn diese dann in Richtung Mittelmeer gelangen und dort auf das warme Wasser treffen, dann bilden sich häufig sehr kräftige Tiefdruckgebiete.

Durch die Temperaturunterschiede vom warmen Wasser und der kalten Luft kondensiert das Wasser, wirbelt in Wolken auf, die sich wiederum zu Strudeln formieren - ein Medicane entsteht. In diesem Herbst sind die Bedingungen gut, dass es zu solch einer Wetterlage kommen könnte.

Extreme Unterschiede beim Wetter: Zerstörung am Mittelmeer, Hochdrucklage in Deutschland

Ein Medicane ist zwar um ein vielfaches kleiner als ein Hurrikan, seine zerstörerische Kraft ist aber dennoch nicht zu unterschätzen. Viele erinnern sich womöglich noch an Medicane „Ianos“, der im September 2020 vielen den Urlaub vermieste. Nicht nur das: Der Wirbelsturm richtete große Schäden an, forderte sogar vier Todesopfer. Ein Medicane kann einen Durchmesser von bis zu 300 Kilometern erreichen sowie eine Geschwindigkeit von rund 100 Kilometern pro Stunde. Die damit verbundenen starken Niederschläge und schweren Gewitter können in Kombination mit dem Sturm große Schäden an den Küsten anrichten.

Meteorologe Dominik Jung zeigt eine Europakarte mit den Wassertemperaturen des Mittelmeeres
Das Mittelmeer ist mit 30 Grad und mehr ungewöhnlich warm, sagt Meteorologe Dominik Jung. Die Gefahr von Medicanes ist diesen Herbst dadurch umso höher. © BW24 Screenshot/YouTube/wetter.net

Während die Wirbelstürme in den Küstenregionen und auf den Mittelmeerinseln großen Schaden anrichten können, erreichen sie Deutschland nicht. Auf dem weiten Weg dahin geht ihnen sprichwörtlich die Puste aus, da das warme Wasser als Antrieb fehlt. Nichtsdestotrotz hat die am Mittelmeer herrschende Wetterlage auch Einfluss auf unser Wetter. Oftmals baut sich bei uns dann ein hoher Luftdruck auf, welcher uns sonnige und warme Herbsttage beschert.

Das ist auch aktuell der Fall: Zum Monatswechsel und zum meteorologischen Herbstbeginn am 1. September steckt noch viel Sommer in den ersten Herbsttagen. Das Wetter in Deutschland bleibt vorerst spätsommerlich, warm und sonnig.

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