Gefahr durch Sonnenstürme: Kurze Vorwarnzeit und „weitreichende Folgen“ für die Erde
Sonnenstürme können wunderschöne Polarlichter auf der Erde erzeugen. Doch sie stellen auch eine reale Gefahr für die menschengemachte Technik dar.
Darmstadt - Sonnenstürme haben wenig bis nichts mit dem Wetter auf unserer Erde zu tun - zumindest, wenn man sich an dem Wort Sturm orientiert. Es handelt sich dabei nicht um eine Bewegung von Luft, sondern um hochenergetische Teilchen und eine massive Plasmawolke, die sich von der Sonne aus auf die Erde zubewegt. Dies kann einerseits das wunderschöne und faszinierende Phänomen der Polarlichter zufolge haben, aber unter Umständen auch die digitale Infrastruktur auf und um die Erde massiv stören.
Für die Erde selbst stellen Sonnenstürme keine Gefahr dar. Unser Planet nimmt keinen Schaden, wenn ein solcher auf ihn trifft. Für elektronische Technik jedoch kann ein Sonnensturm aber zum echten Problem werden. So verlor Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX, das kürzlich wieder zahlreiche Internetsatelliten ins Weltall schoss, unlängst rund 40 seiner Satelliten infolge eines Sonnensturms.
Wie entstehen Sonnenstürme im Weltall und welche Gefahren bergen sie?
Eruptionen auf der Sonne können einen Sonnensturm verursachen. Die European Space Agency (ESA) erklärt, dass dabei hochenergetische Teilchen und Plasma in einer Dimension von Milliarden Tonnen ins Weltall geschleudert werden. Diese können sich dann binnen kurzer Zeit auf die 150 Millionen Kilometer entfernte Erde zubewegen. Die Erde selbst ist durch ihr Magnetfeld und ihre Atmosphäre gut geschützt. Doch nicht alles kann abgeschirmt werden. Wie eingangs erwähnt, können Satelliten zerstört werden und auch Stromnetze oder Kommunikations- und Navigationssysteme können in der Folge zusammenbrechen.
„Es ist jederzeit möglich, dass ein sehr extremer Sonnensturm auftritt und der kann weitreichende Folgen haben“, sagt die Koordinatorin der Weltraumwettermission beim Esa-Standort in Darmstadt, Melanie Heil. Von dort aus wird die Beobachtung von Sonnenstürmen der europäischen Raumfahrer gesteuert. „Superwahrscheinlich“ sei es zwar nicht, dass alle Satelliten zeitgleich zerstört werden, aber einige könnte es treffen.
Um Schutz für die Stromnetze auf der Erde gewährleisten zu können, benötige man eine Vorwarnzeit, erklärt Heil. Mit entsprechenden Vorausinformationen könnten so die Kapazitäten in Generatoren und Transformatoren herruntergeregelt werden, was sie vor einem Schaden bewahren könnte. Ein Jahrhundertereignis sei allerdings ganz schwer vorherzusagen. „Die letzten Berechnungen sagen, dass wir mit rund zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit ein extremes Weltraumwetterereignis in den nächsten zehn Jahren erwarten können“, so Heil.
Weltall: Sonnenstürme nur bedingt mit genug Vorlauf vorherzusagen
Durch die Tatsache, dass sich die Sonnenteilchen mit so rasanter Geschwindigkeit durch das Sonnensystem bewegen, ist die Vorwarnzeit entsprechend kurz. „Wenn wir nicht in der Lage wären, so etwas zu beobachten, wären wir jederzeit anfällig“, erklärt Heil. Es gebe bereits gewisse Beobachtungspunkte, die Daten liefern, aber die Kapazitäten werden noch stark ausgebaut, um verlässlichere Vorhersagen treffen zu können.
Dass an den Satelliten von SpaceX so großer Schaden entstand, ist für ESA überraschend. „Es war eigentlich kein besonders starker Sonnensturm, deswegen wurde auch keine offizielle Warnung herausgeschickt“, meint Heil. Die Satelliten des US-Unternehmens seien einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Die Atmosphäre habe sich durch den Sturm so stark verdichtet, dass die Orbiter in 200 Kilometern Höhe nicht aus eigener Kraft ihren eigentlich 300 Kilometer höher gelegen Zielpunkt erreichen konnten und nun verglühen werden.
Weltraum: Sonnen-Sonde „Vigil“ soll bessere Daten zu möglichen Sonnenstürmen liefern
„Die Vigil-Mission wird aufgrund ihres Standorts im Weltraum einen scharfen Blick auf potenziell gefährliche Sonnenaktivitäten werfen können“, erläutert der Leiter dieser ESA-Mission, Giuseppe Mandorlo. Die Daten der Sonde mit dem Namen „Vigil“ sollen einen besseren Blick auf Sonnenstürme ermöglichen. Es ist eine Mission, die Heil zufolge schon 2027 starten wird. Anders als bisher soll durch sie ein seitlicher Blick auf die Sonne möglich werden - anders als bisher. Stürme sollen so besser zu verfolgen sein.
Wie oft treten Sonnenstürme im Weltall auf?
Auch wenn Sonnenstürme im Einzelfall schwer vorherzusagen sind, lässt sich ihre Häufigkeit etwas einschätzen. Laut NASA ist die Sonne eine „lebender, atmender“ Gasball, der ständig aktiv ist. Die Aktivität ist aber ähnlich wie natürliche Prozesse auf der Erde: zyklisch beziehungsweise periodisch. Das bedeutet, dass laut der NASA die Häufigkeit von geomagnetischen Stürmen mit dem Sonnenzyklus zu- und abnimmt. Während des Sonnenmaximums treten geomagnetische Stürme häufiger auf. Heil zufolge hat die Sonne im Maximum deutlich mehr Sonnenflecken und die sind möglicherweise die Quelle für Sonnenstürme. Ein Zyklus dauere elf Jahre.
Ein weiteres Ereignis, das Wissenschaftler mit Hochdruck erforschen, ist die Kollision zweier supermassiver schwarzer Löcher, welche das Gefüge der Raumzeit erschüttern wird - zumindest nach Einschätzung der Forschenden. Dies wird zwar erst in vielen Jahrtausenden geschehen, aber dennoch verspricht die Forschung hierzu neue und wichtig Erkenntnisse. (mda mit dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.