einwöchigen Lockdown als zu kurz ein. Es dauere in der Regel zwei Wochen, bis bei allen Infizierten Symptome aufgetreten seien, sagte der Virologe im Podcast von „MDR Aktuell“. Im schlimmsten Fall würden die Einschränkungen am 30. Juni wieder aufgehoben, und erst danach werde klar, wie viele Menschen sich tatsächlich angesteckt hätten.
Er gehe nicht davon aus, „dass man den Lockdown nach einer Woche wieder beenden können wird“, betonte Kekulé auch mit Blick auf die Zeit, welche die Behörden für Testungen und Auswertungen benötigten. „Darum hätte ich zwei Wochen von Vornherein angesagt“, sagte der Lehrstuhlinhaber an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Update vom 23. Juni, 18.00 Uhr: Heftige Kritik an den politischen Maßnahmen nach dem Coronavirus-Ausbruch in Fleischbetrieb Tönnies übt der Virologe Friedemann Weber im Gespräch mit Focus Online. Der nun beschlossene Lockdown für zwei Landkreise komme zu spät und sei zu kurz. „Das Virus ist wie ein nerviger Vertreter; wenn man die Tür nicht schnell genug zuschlägt, hat er schon den Fuß drin“, moniert der Gießener Professor.
Zudem müssten die Maßnahmen länger als eine Woche aufrecht erhalten werden. „Ich hätte gesagt, es müssen mindestens zwei Wochen sein. Das ist ja auch die Standardzeit für die Quarantäne. Und der Lockdown bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass man einen ganzen Landkreis unter Quarantäne stellt“, erklärt Weber: „Daher finde ich es verwunderlich, dass man meint, nach einer Woche sei alles wieder geregelt.“ Dieses Vorgehen sei „mutig“.
Update vom 23. Juni, 15.43 Uhr: „Lasst euch einfach testen, dann seid ihr in allen Urlaubsgebieten willkommen“, empfiehlt NRW-Gesundheitsminister Laumann - auch, wenn es unter anderem aus Bayern andere Signale gibt. In allen Altenheimen, Pflegeheimen und auch in Supermärkten soll auf das Coronavirus getestet werden. Es sei wichtig herauszufinden, ob das Virus schon weiter auf die Bevölkerung übergesprungen sei. Besonders wichtig sei es auch alle Werksarbeiter zu testen, die mit anderen Werksarbeitern von anderen Firmen zusammenleben. Diese Situation von weiteren Kontakten außerhalb der Fleischfabrik sei erst nach der Begehung der Wohnungen zu Tage gekommen.
Update vom 23. Juni, 15.39 Uhr: Polizeikräfte unterstützen die Behörden, sagt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Ich verbürge mich dafür, dass die Menschen jede medizinische Hilfe bekommen, die sie brauchen“, sagt Laumann. Deswegen sei es ganz wichtig, dass die Menschen in Quarantäne sind, alles verstehen.
Update vom 23. Juni, 15.30 Uhr: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gibt ein Statement zur Corona-Lage im Landkreis Gütersloh ab und fasst die bisherigen Maßnahmen der Regierung zusammen. Er verweist auf die Reihentestungen in der Fleischfabrik Tönnies und weitere Testungen. Neben dem Kreis Gütersloh ist auch der Kreis Warendorf betroffen. In Warendorf sollen auch Schulen und Kitas geschlossen werden.
Nach dem Massen-Ausbruch bei Tönnies gibt es nun den nächsten Hotspot: In einer Wiesenhof-Fabrik in Oldenburg ist das Coronavirus erneut ausgebrochen.*
Update vom 23. Juni, 13.37 Uhr: In Bayern sind Reisende aus dem betroffenen Kreis Gütersloh aktuell nicht erwünscht. Hotels und Pensionen dürfen künftig keine Gäste mehr aufnehmen, die aus einem Landkreis einreisen, in dem die Zahl der Neuinfektionen in den zurückliegenden sieben Tagen bei mehr als 50 pro 100.000 Einwohner liegt.
„Das ist eine Schutzmaßnahme, die wir für wirklich notwendig halten“, teilte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München mit. Eine Ausnahme gibt es nur für Menschen, die einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen können.
In Mecklenburg-Vorpommern gelten diese strengen Regeln schon. In dem Urlaubsland gilt eine Verordnung, laut der Menschen nicht einreisen dürfen, wenn sie aus einem Corona-Hotspot kommen.
Update vom 23. Juni, 12.31 Uhr: Nachdem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstagmorgen einen regionalen Lockdown für den Kreis Gütersloh verkündet hat (Update von 10.43 Uhr), herrschen bei den Menschen vor Ort Entsetzen und Wut.
„Wir hatten schon so viel Ärger durch den ersten Lockdown und jetzt soll das Ganze von vorne losgehen“, sagte Kai Drees aus Steinhagen im Kreis Gütersloh der Deutschen Presse-Agentur. Der Gütersloher Pfarrer Stefan Salzmann sprach von viel Unmut in der Bevölkerung: „Ich nehme viel Hilflosigkeit und Unzufriedenheit wahr“. Es gebe auch „eine große Wut, dass dieses System Tönnies so lange hat weitergehen können“, so der evangelische Pfarrer. Seine Gemeinde sei besorgt, weil es in Teilen der Bevölkerung schon eine erhitzte Stimmung gegen die Werksarbeiter gebe.
Anwalt Drees sorgt sich auch um seinen Sommerurlaub: „Wir haben schon im Frühjahr den Urlaub umbuchen müssen, weil wir eigentlich fliegen wollten“, so der 52-Jährige. „Jetzt soll es mit dem Auto nach Norderney gehen, aber wir haben von Leuten gehört, die nicht mehr dorthin fahren durften, weil sie aus dem Kreis Gütersloh kommen.“ Das verunsichere seine Familie und ihn.
Update vom 23. Juni, 12.11 Uhr: Nach dem massiven Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Branchenriesen mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgeworfen. Daher hätten die Behörden die Herausgabe von Daten der Werkarbeiter von Tönnies durchgesetzt. „Da wurde nicht mehr kooperiert, da wurde verfügt", sagte Laschet auf einer Pressekonferenz am Dienstag in Düsseldorf. Die Kooperationsbereitschaft bei Tönnies „hätte größer sein können". Dass das Unternehmen den Datenschutz angeführt habe, sei kein Argument. Aus Infektionsschutzgründen wäre Tönnies gesetzlich verpflichtet gewesen, die Daten der Beschäftigten zu übermitteln, sagte Laschet.
Im weiteren Verlauf der PK stellte Laschet klar, dass für die Bewohner des Kreises Gütersloh kein Ausreiseverbot aus dem Kreisgebiet gilt. Das verhängte Kontaktverbot und die Lockdown-Maßnahmen „gelten immer bezogen auf den Kreis". Es würden damit die gleichen Regeln gelten, wie während der bundesweiten Kontaktverbote im März. Laschet appellierte aber an die Einwohner in Gütersloh, „jetzt nicht aus dem Kreis heraus in andere Kreise zu fahren". Die für den Kreis Gütersloh verhängten Maßnahmen gelten zunächst bis zum 30. Juni.
Update vom 23. Juni, 10.43 Uhr: Nun spricht in Düsseldorf Armin Laschet - er sieht im Fall Tönnies eine „besondere Lage durch die Streuung der Orte und die Internationalität der Betroffenen“. Ebenso wie in Coesfeld vor einigen Wochen müsse es gelingen, die Fallzahlen wieder einzudämmen und zu senken.
Eine erste Stufe eines Lockdowns habe man schon am Mittwoch mit der Schließung der Schulen und Kitas ergriffen. Nun werde mit dem Landkreis Gütersloh erstmals in Deutschland ein ganzer Kreis „auf die Maßnahmen zurückgeführt, die in ganz Deutschland gegolten haben“.
Die Quarantänepflicht für Mitarbeiter müsse nun in einem ersten Schritt durchgesetzt werden. Dabei müsse auch die „humanitäre Seite“ beachtet werden, betont Laschet - es genüge nicht, Menschen in Quarantäne „einmal täglich ein Essenspaket“ zu bringen. Seit Sonntag seien die Testungen abgeschlossen. Mehr als 1.535 Menschen seien erkrankt - darunter auch Familienangehörige.
Im Kreis Gütersloh gebe es allerdings nach aktuellem Kenntnisstand nur 24 Infizierte ohne Bezug zu Tönnies. Dennoch werde man „für den gesamten Kreis Gütersloh einen Lockdown verfügen“. Intensive Testungen seien nötig, um herauszufinden, wie stark sich das Virus über den Betrieb hinaus verbreitet habe - binnen sieben Tagen, also bis zum 30. Juni, wolle man hier genaueres wissen, sagt Laschet.
„Wir führen wieder eine Kontaktbeschränkung auf den Familien- und Haushaltskreis ein, wie im März.“ Auch Indoor-Spielplätze, Wellnesseinrichtungen, Bars und gastwirtschaftlicher Thekenbetrieb werden geschlossen. Gaststätten könnten grundsätzlich offenbleiben, seien aber nur für Gruppen aus einem Haushalt zu besuchen. Alle Alten- und Pflegeheime würden nun getestet - auch alle Bürger können sich im Kreis Gütersloh freiwillig kostenlos testen lassen.
Update vom 23. Juni, 10.33 Uhr: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet wird sich in den nächsten Minuten zum Massenausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies äußern. Kurz zuvor hat der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, seine Einschätzung zu einem möglichen Lockdown im Landkreis Gütersloh abgegeben. Eine entsprechende Entscheidung müsse vor Ort getroffen werden - „ist es ein begrenzter Ausbruch oder ist das Virus in die Community gelangt“, laute die wichtige Frage. Rein aus starren Zahlen lasse sich ein Urteil nicht fällen. Es gebe keinen Grund anzunehmen, dass diese Entscheidung nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit getroffen werden.
Erstmeldung: Gütersloh - Nach dem massiven Corona*-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück mit inzwischen mehr als 1500 nachweislich infizierten Mitarbeitern zeichnen sich weitere Schritte zur Eindämmung des Infektionsherdes ab. Fachleute des Robert-Koch-Instituts und andere Wissenschaftler sind nach Angaben der Behörden im Kreis Gütersloh im Einsatz.
„Deren Empfehlungen folgen weitere Maßnahmen“, teilte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, ohne dabei Details zu nennen. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte einen kurzen Lockdown mit massiven Tests in der Region. Er warnt vor einem freien Reiseverkehr der Menschen aus der Region Gütersloh.
Inzwischen hält auch der Gütersloher Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) einen Lockdown in der Region für vorstellbar. „Ich würde sagen ja“, sagte Adenauer am Montagabend auf die Frage, ob es nach einem Lockdown „rieche“. Die mobilen Teams, die in den Wohnungen und den Unterkünften unterwegs seien und auch Familienangehörige ansprächen, stießen jetzt in ein gewisses Dunkelfeld. „Insofern ist das für mich schon eine neue Situation“, erklärte Adenauer. Die mobilen Teams hätten einige positive Fälle bei ihrem Einsatz gefunden. Eine Zahl wollte der Landrat aber zunächst noch nicht nennen, da erst einmal ausgeschlossen werden solle, dass es hier doppelte Zählungen gebe.
Laschet verwies auf Twitter darauf, dass Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh bereits vorsorglich geschlossen sind. Die Quarantäne* werde konsequent für 7000 Menschen durchgesetzt, auch für Nicht-Infizierte, die in Kontakt waren, erklärte der Regierungschef.
Im betroffenen Tönnies-Werk, der größten deutschen Fleischfabrik, ruhe zudem der Betrieb. Die NRW-Landesregierung will am Dienstag zu einer Sitzung zusammenkommen, wie aus der Staatskanzlei in Düsseldorf verlautete. Der Landrat geht davon, dass er bei einer möglichen Entscheidung der Landesregierung zu einem regionalen Lockdown vorab informiert werde.
Die Zahl der nachweislich infizierten Tönnies-Mitarbeiter ist nach jüngsten Daten weiter gestiegen. Es gebe 1553 positive Befunde von den Personen, die unmittelbar im Werk tätig sind, sagte der Leiter des Krisenstabes im Kreis Gütersloh, Thomas Kuhlbusch, am Montagabend bei einer Pressekonferenz in Gütersloh. Insgesamt seien 6650 Proben genommen worden. Zuvor hatten die Behörden von 1331 bestätigen Corona-Fällen (Stand Sonntag) in der Tönnies-Belegschaft berichtet.
Die hohe Zahl der Corona-Infizierten hat im Kreis Gütersloh eine Kennziffer für die Pandemie-Bekämpfung deutlich nach oben getrieben. Die sogenannte 7-Tages-Inzidenz zu den Corona-Neuinfektionen ist dort auf den Wert von 263,7 gestiegen. Er zeigt an, wie viele Neuinfektionen in den vergangenen 7 Tagen pro 100 000 Einwohner gemeldet wurden. Auch im benachbarten Kreis Warendorf geht der Wert nach oben. Dort liegt er nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landeszentrum Gesundheit zum Stand 22. Juni 0 Uhr bei 41,8.
Bei der Marke von 50 sollen für eine betroffene Region wieder stärkere Einschränkungen in Betracht gezogen werden. Bund und Länder haben allerdings auch vereinbart, dass diese Zahl keine Rolle spielt, wenn es sich um einen lokal eingrenzbaren Infektionsherd handelt. So wird auch der Ausbruch bei Tönnies bisher von der Landesregierung eingestuft. Laschet schließt aber einen Lockdown in der Region weiter nicht aus. Die Bundesregierung betonte, über konkrete Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen entscheide das Land Nordrhein-Westfalen.
In seinem Podcast befürchtet Christian Drosten auch aufgrund solcher Vorkommnisse wie in Gütersloh eine baldige Verschärfung der Lage in Deutschland.
Ein polnischer Fleischzerleger beschreibt seinen Knochenjob bei dem Fleischfabrikanten Tönnies - die Details sind erschütternd.
Fleischbetriebe stehen nicht erst seit Corona in der Kritik. Agrarministerin Julia Klöckner will mit einer steilen Preiserhöhung für mehr Nachhaltigkeit sorgen.
Tönnies ist auch als Aufsichtsratsvorsitzender auf Schalke und dort mittlerweile völlig untragbar. Nur ohne den Fleisch-Giganten schafft es S04 aus der Krise. Ein Kommentar*.
In einem ARD-Kommentar übt BR-Journalist Andreas Bachmann Kritik an Julia Klöckners Fleischpolitik.
Alle bisherigen Nachrichten zum Corona-Massenausbruch bei Tönnies lesen Sie in unserem vorherigen News-Ticker.
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