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Doppelspitze für mehr Gefahr? Labbadia wird deutlich: „Spielen mit drei Spitzen und machen nicht genug Tore“

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Von: Patrick Kuolt

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Seit Wochen fällt VfB-Torjäger Serhou Guirassy verletzt aus. Weder Luca Pfeiffer noch Silas Katompa Mvumpa konnten die Lücke bislang schließen. Bringt ein Systemwechsel die Stuttgarter Offensivgefahr zurück?

Stuttgart - Es ist Sonntag, der 5. Februar 2023, im Nachmittagsspiel des 19. Spieltags der Fußball-Bundesliga stehen sich der VfB Stuttgart und der SV Werder Bremen gegenüber. Nach knapp 20 Minuten geht Serhou Guirassy, mit sechs Treffern in 13 Bundesliga-Spielen Top-Torjäger der stark abstiegsbedrohten Schwaben, bei einem harmlosen Zweikampf mit Bremens Christian Groß zu Boden, muss behandelt werden. Fünf Minuten später signalisiert die Nummer neun des VfB: Es geht nicht weiter, Guirassy muss ausgewechselt werden, Luca Pfeiffer ersetzt ihn.

Es war die Schlüsselszene der vergangenen Wochen für die Stuttgarter. Denn der VfB verlor am Ende trotz zahlreicher Torchancen nicht nur die wichtige Partie gegen effiziente Bremer mit 0:2. Wie sich einen Tag später herausstellte, verloren die Schwaben dabei auch einen ihrer wichtigsten Spieler, der wegen eines Sehneneinrisses im Adduktorenbereich „in den kommenden Wochen nicht zur Verfügung“ stehen werde, wie der Verein über seinen Twitter-Kanal mitteilte.

Ohne Serhou Guirassy: VfB Stuttgart offensiv zu harmlos – Drittschwächster Sturm der Bundesliga

Eine Hiobsbotschaft für die in dieser Saison offensiv ohnehin harmlosen Schwaben, die zusammen mit dem FC Augsburg und Hertha BSC Berlin nach mittlerweile 23 Spielen mit nur 28 Treffern den ligaweit drittschwächsten Sturm stellen. „Es ist nicht einfach, einen Mittelstürmer von der Klasse zu ersetzen“, sagte VfB-Trainer Bruno Labbadia nach der 1:2-Niederlage am vergangenen Spieltag gegen den FC Bayern München.

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Wahre Worte. Denn bislang ist es keinem von Guirassys Stellvertretern gelungen, seinen Ausfall auch nur ansatzweise zu kompensieren. Nicht Luca Pfeiffer, der Guirassy gegen Bremen ersetzte und dabei kurz vor der Pause eine Kopfball-Großchance aus kurzer Distanz zur Stuttgarter Führung liegen ließ und beim Auswärtsspiel gegen Freiburg als einzige Spitze eher wie ein Fremdkörper im Spiel der Schwaben wirkte. Und auch nicht Silas Katompa Mvumpa, der in den vergangen drei Spielen im Sturmzentrum auflief, weil er sich laut Labbadia von allen denkbaren Optionen „am meisten angeboten hat“. Der Kongolese ließ beim 3:0-Sieg gegen den 1. FC Köln zwar in einigen Aktionen sein Können aufblitzen, enttäuschte aber zuletzt gegen den FC Bayern, weshalb VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth auf BW24-Nachfrage nach dem Spiel offen mit Silas‘ Leistung haderte.

Thomas Kastanaras als Guirassy-Ersatz? Labbadia: „Im Spiel reicht es noch nicht“

Quo vadis, VfB-Sturm? Neben Pfeiffer und Silas hat Labbadia in Nachwuchs-Talent Thomas Kastanaras nur noch eine weitere echte Mittelstürmer-Option im Kader, die er bei der 1:2-Niederlage bei RB Leipzig bislang einmal von Beginn an testete. Kastanaras zeigte dabei 45 Minuten lang eine ordentliche Leistung, ist aber seitdem außen vor. Das riesige Potenzial des 20-Jährigen, der in der vergangenen Saison mit 26 Toren und fünf Vorlagen in 20 Spielen die U19-Bundesliga aufmischte, ist unbestritten. Aktuell reicht es jedoch offenbar trotzdem nicht, um trotz der Formschwäche der Mittelstürmer-Kollegen beim VfB eine ernsthafte Alternative darzustellen. „Er versucht, sich im Training jeden Tag zu verbessern. Im Spiel reicht es aber noch nicht. Er ist noch nicht so weit, dass wir sagen können, er kann die alleinige Verantwortung im Sturm übernehmen“, sagte VfB-Coach Bruno Labbadia bei der Spieltagspressekonferenz am Donnerstag.

Thomas Kastanaras (19). Der Stürmer wechselte 2022 von Stuttgart U19 in die erste Herrenmannschaft.
Thomas Kastanaras ist noch nicht bereit, um eine ernsthafte Alternative im VfB-Sturm zu sein. © IMAGO

Wann Serhou Guirassy dem VfB im enorm engen Kampf und den Klassenverbleib wieder zur Verfügung stehen wird, ist derzeit noch unklar. Weil der Guineer bislang nur individuell trainiert hat, kommt ein Einsatz am Samstag bei Eintracht Frankfurt definitiv zu früh. Auch für das Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg dürfte es für den 26-Jährigen noch nicht reichen. Erst beim Aufeinandertreffen mit dem derzeitigen Tabellendritten Union Berlin Anfang April kann Labbadia wohl wieder fest mit dem Stuttgarter Hoffnungsträger planen.

4-4-2 statt 4-3-3: Verhilft dem VfB Stuttgart ein Systemwechsel zu mehr Torgefahr?

Daher stellt sich die Frage, ob nicht ein Systemwechsel auf zwei Stürmer helfen würde, das Stuttgarter Offensiv-Vakuum zu füllen. Bislang setzt Bruno Labbadia auf ein 4-3-3 mit zwei schnellen Außenspielern – aktuell meist Chris Führich über links und Gil Dias über rechts – und einem Zentrumsstürmer in der Spitze. Während das System mit Guirassy funktioniert, weil dieser dank seiner guten Technik, seiner Kopfballstärke und seines guten Spielverständnisses sowohl als gefährlicher und kaltschnäuziger Abschlussspieler als auch als Ballverteiler funktioniert, scheint es zu anderen Spielertypen wie eben Luca Pfeiffer oder Silas weniger gut zu passen.

Zum Beleg: Pfeiffer hatte in der für ihn äußerst erfolgreichen vergangen Zweitligasaison beim SV Darmstadt 98 (17 Tore, sechs Vorlagen) in Phillip Tietz stets einen zweiten Stürmer an seiner Seite. Auch seine beste Leistung beim VfB zeigte Pfeiffer in einem Doppelsturm mit Tiago Tomas, als ihm beim 6:0-Sieg gegen Arminia Bielefeld im DFB-Pokal ein Doppelpack gelang. Damals noch unter dem in dieser Saison bislang erfolgreichsten VfB-Trainer und Labbadia-Vorgänger Michael Wimmer.

Silas und Tiago Tomas könnten den verletzten Guirassy als Doppelspitze ersetzen

Silas‘ große Stärke ist seine Geschwindigkeit. Dass diese auf der rechten Außenbahn immer wieder zur Geltung kommen kann, hat er in der Vergangenheit bereits bewiesen. In der Offensivzentrale ist er diesen Nachweis bislang aber schuldig geblieben. „Er hat das noch nicht so umgesetzt, wie wir das sehen wollen und man beim VfB auch schon gesehen hat. Das ist für uns ein Problem, dass da zu wenig kommt“, sagte Labbadia dazu nach dem Bayern-Spiel.

Luca Pfeiffer, Silas und Tiago Tomas jubeln über ein Tor. Trainer Bruno Labbadia gestikuliert.
Bringt ein Doppelsturm mit Silas und Tiago Tomas dem VfB Stuttgart mehr Offensivpower? Trainer Bruno Labbadia lässt sich nicht in die Karten schauen. © Imago/Sportfoto Rudel/ActionPictures/Fotomontage BW24

Hinzu kommt, dass sich der VfB in seinem Angriffsspiel mit dem Kongolesen als einziger Spitze einer seiner größten Stärken beraubt. Denn wer in Borna Sosa einen der wohl besten Flankengeber der Liga in den eigenen Reihen hat, braucht auch einen kopfballstarken Abnehmer in die Mitte. Silas ist das trotz seiner Körpergröße (1,89 Meter) nachweislich nicht. In seiner Zeit beim VfB ist er noch ohne Kopfballtreffer. Auch er könnte demnach, wenn er weiter in der Spitze eingesetzt wird, von einem Nebenmann profitieren, der kopfballstark ist (Pfeiffer) oder in der Lage ist, selbst Gegner auf sich zu ziehen, und so Räume zu öffnen, in die Silas mit seiner Geschwindigkeit stoßen kann. Dafür käme vor allem der schnelle, quirlige Tiago Tomas in Frage, der gegen die Bayern den Anschlusstreffer durch Juan José Perea vorbereitete.

Eintracht Frankfurt gegen VfB Stuttgart: Labbadia mit deutlicher Ansage zu Systemwechsel

Bruno Labbadia scheint sich vor der Partie gegen Eintracht Frankfurt noch nicht endgültig auf die Besetzung der „Neun“ festgelegt zu haben. „Wir haben unseren etatmäßigen Mittelstürmer nicht zur Verfügung und haben da verschiedene Spieler in der vergangenen Wochen gehabt. Die Position ist offen. Wir wollen im Training sehen, was passt wie zusammen“, erklärte der Trainer der Stuttgarter auf der Pressekonferenz am Donnerstag. Angesprochen auf einen Systemwechsel auf ein 4-4-2 wurde Labbadia deutlich. „Wir spielen mit drei Spitzen und schießen nicht genug Tore. Da stellt sich natürlich die Frage: ‚Machen wir dann mit zwei mehr?‘“, sagte der 57-Jährige, schob aber hinterher, dass man sich eine gewisse taktische Flexibilität immer bewahren wolle.

Egal, wie der Sturm der Schwaben am Samstag aussehen wird (11. März, 15.30 Uhr/Sky) – er muss funktionieren. Denn aktuell trennt den VfB nur das bessere Torhältnis vom letzten Tabellenplatz. Und ein erneuter Abstieg aus der Fußball-Bundesliga, das hat Vorstands-Boss Alexander Wehrle bereits mehrfach betont, wäre mit den beiden Abstiegen der vergangenen Jahre nicht vergleichbar.

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