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Agrarexperte spricht von „kritischer Versorgungssituation“ über 2022 hinaus

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Von: Jason Blaschke

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Für Getreideprodukte müssen die Verbraucher laut einer Prognose des Bauernverbands bald wohl noch tiefer in die Tasche greifen. Grund sind steigende Kosten.

Berlin – Die Folgen des andauernden Kriegs in der Ukraine treffen sowohl Wirtschaft als auch Verbraucher in Deutschland massiv. In Supermärkten und Discountern wie Kaufland oder Lidl sind zahlreiche Alltags-Produkte deutlich teurer geworden – primär auch die frischen Lebensmittel wie Getreide- und Milchprodukte. Zuletzt hatten Aldi und Lidl die Preise für viele Produkte angepasst – dazu zählen Speiseöle oder Butter, aber auch Dinge wie Chips oder Mehl.

Düstere Preis-Prognose für Agrarprodukte – Expertin benennt die Gründe

Dass ausgerechnet viele Alltags-Lebensmittel zum Teil massiv teurer werden, liegt laut Ariane Amstutz vom Landesbauernverband Baden-Württemberg nicht ausschließlich an teuren Energiepreisen. Auch Dinge wie Futter-, Düngemittel oder Verpackungsmaterial seien deutlich teurer geworden, sagt die Expertin. Noch seien diese Mehrkosten nicht ganz beim Verbraucher angekommen, meint Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV).

Er rechnet damit, dass die Preise für Lebensmittel noch deutlich stärker steigen werden, als bisher. „Wir erwarten im Herbst ganz klar zweistellige Erhöhungsraten im Vergleich zum Vorjahr“, sagte Hemmerling in einem Mediengespräch, über das auch die FAZ berichtet hatte. Schon im April waren die Preise für wichtige Nahrungsmittel um 8,6 Prozent teurer als noch im Jahr zuvor. Damit steht Deutschland im internationalen Vergleich aber noch gut da.

Die Grafik zeigt, wie sich die Preise für Nahrungsmittel in den EU-Ländern entwickelt haben.
Die Grafik zeigt, wie sich die Preise für Nahrungsmittel in den EU-Ländern entwickelt haben. Gerade im Osten haben die Verbraucher mit massiven Preisexplosionen zu kämpfen. © Statistisches Bundesamt

Agrarexperte spricht von „kritischer Versorgungssituation“ über 2022 hinaus

Aus einer Analyse des Statistischen Bundesamts geht hervor, dass speziell die östlichen EU-Länder mit starken Preissteigerungen zu kämpfen haben. In Litauen etwa kosteten die Lebensmittel im April im Schnitt 22,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Dass sich diese Zahlen ab Herbst noch einmal erhöhen könnten, begründet der DBV auch mit der weiter „kritischen Versorgungssituation“ auf den Agrarmärkten, die laut Hemmerling noch weit bis in das Jahr 2023 reichen werde.

Entlastung brächten nur eine Öffnung der Schwarzmeerhäfen und eine funktionierende ukrainische Landwirtschaft. Im Zuge dessen warnte Hemmerling vor einem „Drohpotenzial“, das Russland als international größter Weizenexporteur nun ausnutzen könnte, um stark von Agrarimporten abhängige Entwicklungsländer „gefügig“ zu machen. In der deutschen sowie europäischen Landwirtschaft sieht der Experte eine Mitverantwortung, die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln zu gewährleisten.

DBV stellt vier Forderungen an die Politik: aktuell „dringend notwendig“

Allerdings macht der DBV in einer Mitteilung deutlich, dass zur Stabilisierung der Agrarwirtschaft Maßnahmen erforderlich sind, die von der Politik veranlasst werden müssen. Eine solche Stabilisierung der europäischen Agrarerzeugung sei in der aktuellen Situation „dringend notwendig“, heißt es in der Mitteilung. Die folgenden Maßnahmen, die der DBV vorschlägt, sollen den Landwirten primär Sicherheiten, aber auch Unterstützung gewährleisten:

Die Landwirte in Deutschland bräuchten angesichts „exorbitant“ gestiegener Preise für Betriebsmittel Planungssicherheit, erklärte Hemmerling. Im DBV hofft man zudem, dass die EU-Kommission die ab kommendem Jahr geltenden Vorgaben für die Fruchtfolge aussetzt und so auf 500.000 Hektar zusätzlich Weizen angebaut und die Ernte um vier Millionen Tonnen gesteigert werden kann. „Es geht eher um eine Stabilisierung und nicht um eine originäre Mehrproduktion.“

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