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Teure Energiepreise: Überwintern in Griechenland ist Win-win-Situation für alle

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Von: Jason Blaschke

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Der griechische Tourismus-Minister bietet Energiepreis-gebeutelten Deutschen das Winter-Asyl an. Das zeigt, wie miserabel unser Krisenmanagement ist. Ein Kommentar.

Athen/Kreta – Warum im Winter in der Wohnung zittern und fürchten, dass einem der Vermieter das Warmwasser abdreht wie in München, wenn auf Kreta die Sonne scheint und das Leben allgemein günstiger ist? Die Einladung des griechischen Tourismus-Ministers Vasilis Kikilias für ein Winter-Asyl in Griechenland lässt einen erst einmal schmunzeln, ist aber genauer betrachtet keine schlechte Idee, im Gegenteil.

Im Winter bloß 19 Grad in deutschen Büros? Lieber nach Griechenland flüchten

In Griechenland könnten die Energiepreis-Flüchtigen einen „‚mediterranen Winter mit griechischer Gastfreundschaft, einem milden Wetter und hochwertigen Dienstleistungen erleben“, sagt Kikilias. „Wir werden hier auf Sie warten.“ Und das ‚Sie‘ muss nicht nur auf Rentner begrenzt sein. Die monatelangen Corona-Lockdowns haben doch gezeigt, dass Homeoffice in vielen Berufen möglich und sogar produktiver sein kann als die Präsenz im Büro, wo es ab Herbst womöglich nur noch 19 Grad hat.

Die Ideen im Notfallplan der EU-Kommission lassen einen erschaudern und ermutigen einen sogar noch, das Land gegen Herbst zu verlassen, ehe uns der Energiepreis-Kollaps droht. Auf der anderen Seite gibt es die Griechen, die sich schon auf deutsche Asyl-Suchende vorbereiten und sogar konkrete Preise nennen, was der Winter-Wohnsitz auf einer Südseeinsel kostet. Zum Vergleich: In Deutschland wissen die meisten Menschen nicht einmal, was 2023 auf der Nebenkostenabrechnung steht.

Hotelier nennt Winter-Angebot für Deutsche – billiger als Stuttgart

Für 600 Euro im Monat – inklusive Putzfrau (einmal pro Woche), Internet und Strom – will Vizebürgermeister und Hotelier Giannis Apostolakis (43) auf Kreta seine Apartments an Energiepreis-gebeutelte Deutsche vermieten. Ausgestattet mit kleiner Küche und nur eine Minute vom zentralen Platz der Stadt Georgioupoli entfernt. „Wenn wegen der Gaskrise mehr Deutsche kommen, werde ich mein Hotel offen lassen“, sagt Apostolakis der BILD.

Ganz ehrlich, selbst wenn hier die Verpflegung noch nicht mitgerechnet ist, lebt es sich hier auch ohne die Energiekrise günstiger als in so mancher deutschen Großstadt. Gar kein Vergleich zu den explodierenden Mietpreisen in Stuttgart, wo man als Verbraucher keine Garantie dafür hat, dass Heizung und Warmwasser im Winter noch funktionieren. Stattdessen muss sich der Bürger anhören, dass er jetzt sparen müsse, wo es nur geht.

Old Venetian Harbour Chania Chania Province Crete Greece
Machen wir es in der Energiekrise wie die Zugvögel und überwintern in Griechenland. Hier zu sehen ist der alte Hafen von Chania auf Kreta. Die Insel ist bekannt für ihr mildes Klima – auch im Winter. © imago

Spartipps statt Lösungen: Mieses Krisenmanagement allein ist Grund zur Flucht

„Jeder kann beim Duschen darauf achten, dass er wenig warmes Wasser verbraucht“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann kürzlich im SWR. Hier stellt sich die Frage: Müssen viele Verbraucher das aktuell ohnehin schon nicht, um die Lebenshaltungskosten überhaupt im Griff zu haben? Kein Wunder, dass Politiker wie Kretschmann für solche Energiespartipps viel Kritik bekommen und ihr Krisenmanagement hinterfragen sollten.

In Georgioupoli auf Kreta warten neben einem 600-Euro-Apartment in Strandnähe 14 Filialen von Lidl, deutschsprachige Ärzte und Tavernen mit mehrsprachigen Speisekarten und deutschem Bier auf schutzsuchende Bundesbürger. Und Apostolakis verspricht, dass in „jeder Taverne und in jedem Apartment hier die Spiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Winter-WM in Katar“ laufen.

Überwintern in Griechenland ist Win-win-Situation für alle – keine Verlierer

Ganz ehrlich, worauf warten wir noch? Wer in Rente ist oder komplett mobil arbeitet, kann eigentlich nicht verlieren. Fest steht, dass Griechenland für die Wintermonate eine gute Perspektive bietet und man sicher vor Heiz- und Warmwasser-Stopps ist. Und Panik schiebende Politiker gibt es dort auch nicht. Und auch die von der Finanzkrise gebeutelten Griechen haben etwas davon. Sie können ihre Unterkünfte auch im Winter betreiben und haben so zusätzliche Einnahmen.

Verlierer sehe ich in dieser Win-win-Situation für Griechen und Deutsche nicht – nur eine Bundesrepublik, in der man nicht weiß, wo die Reise hingeht. Also die Koffer packen und die Wohnung in Deutschland untervermieten, wie es der Immobilienexperte Yannis Kriaras empfiehlt? Eine Frage, über die sich Deutsche ernsthaft Gedanken machen müssen – früher sagte man bei Auswanderern immer, „wer es sich leisten kann“. Heute passt „wer es sich nicht mehr leisten kann“ besser.

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