Pollenallergie: Darum leiden Allergiker laut Experte immer mehr

In diesem Jahr fliegen die Pollen besonders früh. Die milden Temperaturen lassen viele Bäume schon im Februar blühen. Allergikern bleibt da kaum eine Verschnaufpause.
Stuttgart/Berlin - Schnupfen, Husten, Niesen, Atemprobleme oder Juckreiz. Allergiker haben es sicherlich schon bemerkt: Die Pollen fliegen in diesem Jahr bereits vermehrt. Für Millionen Menschen mit Pollenallergien ist vor allem das Frühjahr eine große Belastung. „In Deutschland waren die Pollen für 15 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ein Problem, dies sind rund 10,1 Millionen Erwachsene“, erklärt Professor Karl-Christian Bergmann, Vorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst, im Gespräch mit BW24. In Zukunft wird das Problem immer gravierender werden, ist sich der Experte sicher.
Pollensaison startet immer früher – Bäume und Gräser betroffen
Während Betroffene früher vor allem im Frühling und im Sommer mit laufenden Nasen und geröteten Augen zu kämpfen hatten, werden Allergiker mittlerweile auch in den Wintermonaten nicht mehr davon verschont. Grund dafür ist unter anderem der Klimawandel. Das Wetter in Deutschland fiel im Winter 2022/2023 erneut deutlich zu mild aus. Dadurch blühen und treiben Pflanzen schon früher aus, was wiederum besonders Allergiker spüren. Pollenallergien sind schon lange kein saisonales Problem mehr, bestätigt auch Karl-Christian Bergmann. „Insbesondere die Baumpollen fliegen deutlich früher als vor Jahrzehnten, die Gräserpollen fliegen etwas früher“, sagt der Leiter des Zentrums Schweres Asthma an der Charité Berlin unserem Portal.
Davon seien besonders die Bäume der Birkengewächse wie Hasel, Erle, Birke, Buche oder Eiche betroffen. Wie die Deutsche Pollenstiftung schreibt, ist die Pollenbelastung eigentlich Ende Mai bis Anfang Juni besonders hoch, wenn die Birke noch blüht und bereits die ersten Gräser mit der Blüte beginnen. Jedoch reagieren Erle und Hasel besonders schnell auf milde Temperaturen, daher sind Menschen mit Allergien gegen deren Pollen schon im Spätwinter und Frühjahr geplagt.

Problematisch sei auch eine Baumart, die in Deutschland eigentlich gar nicht heimisch, aber viel zu finden ist: Die Purpur-Erle wurde und wird vor allem in Städten gerne gepflanzt, da sie sowohl bei extremer Kälte, als auch bei Hitze sehr robust ist. Für Allergiker ist diese Baumart jedoch eine Plage. Schon um Weihnachten kann die Purpur-Erle Pollen produzieren.
Kaum Verschnaufpausen für Allergiker: Pollenkonzentration seit Jahren konstant auf hohem Niveau
Die Deutsche Pollenstiftung beobachtet zudem einen beunruhigenden Trend: Nicht nur die Blühzeiten beginnen immer früher und dauern länger an, auch die Pollenbelastung wird immer höher. Ein ungewöhnlicher Umstand, denn eigentlich produzieren Bäume in einem Jahr mehr Pollen, im darauffolgenden Jahr weniger. Seit einigen Jahren ist laut der Stiftung jedoch eine hohe, gleichbleibende Pollenkonzentration zu beobachten. Im Fall der Hasel wird die Konzentration sogar stetig höher.
Was viele nicht wissen: Stadtbewohner leiden viel stärker unter Pollenallergien, als etwa Menschen auf dem Land. Das haben mehrere Studien ergeben. „Die Stärke der Symptome an Nase und Augen im Rahmen der Pollenallergie scheint besonders in den größeren Städten stärker geworden zu sein“, erklärt Karl-Christian Bergmann. „Die gegenwärtige Erklärung liegt in der Kombination von eingeatmeten Pollen sowie Luftschadstoffen, insbesondere Feinstaub und Stickoxid“, fährt er fort. Da die Atemwege und Nasenschleimhäute durch den Feinstaub ohnehin empfindlicher sind, fallen auch die Reaktionen schlimmer aus.
Einen Trend hin zu mehr Allergikern kann der Experte hingegen nicht bestätigen. Vielmehr fallen einfach die Symptome und Reaktionen heftiger aus. „Einige Daten sprechen dafür, dass in Deutschland, ebenso wie zum Beispiel in der Schweiz oder in Neuseeland, die Zahl der Pollenallergien bei den Erwachsenen nicht mehr zunimmt, sondern sich auf einem hohen Plateau befindet“, erklärt er.
Für alle Pollengeplagte: Das hilft gegen die Allergien
Wenn der Pollenflug immer früher beginnt, länger anhält und stärker ausfällt, was können Allergiker dann aktiv gegen die gesundheitlichen Auswirkungen tun? An gewissen Anzeichen und Symptomen erkennt man eine Pollenallergie zwar, aber die Deutsche Pollenstiftung empfiehlt, sich vorab durch einen Allergietest beim Arzt Klarheit zu schaffen, welche Allergien genau vorliegen. Weiß man, auf welche Pollen und Gräser man reagiert, kann unterschiedlich vorgegangen werden. Zum einen hilft es, zu wissen, wann regional welche Pollen fliegen. Eine Übersicht liefert unter anderem die App Husteblume der Techniker Krankenkasse. Diese verfügt zum Beispiel über einen regionalen sowie gesamtdeutschen Pollenflugkalender, einen Pollenalarm und Belastungsprognosen der Pollen.
Wann fliegen welche Pollen?
- Januar: Hasel und Erle
- Februar: Esche, Weide, Pappel und Ulme fliegen schwach, Erle und Hasel mäßig bis stark
- März: Birke fliegt vereinzelt, Esche und Weide mäßig, Hasel, Erle, Ulme und Pappel fliegen stark
- April: Hasel, Erle und erste Gräser fliegen schwach, Buche und Eiche mäßig, Ulme, Birke, Esche, Weide und Pappel stark
- Mai: Pappel, Ulme, Esche und Roggen fliegen schwach, Birke und Weide mäßig, Buche, Eiche und Gräser stark
- Juni: Beifuß, Buche und Eiche fliegen schwach, Gräser, Roggen, Weizen und Spitzwegerich fliegen stark
- Juli: Roggen fliegt schwach, Beifuß fliegt regional mäßig, Gräser und Spitzwegerich fliegen stark
- August: Gräser und Spitzwegerich fliegen mäßig, Beifuß regional stark, Ambrosia stark
- September: Spitzwegerich fliegt schwach, Beifuß und Gräser fliegen stark, Ambrosia fliegt regional stark
- Oktober: Gräser- sowie Kräuterpollen fliegen nur noch vereinzelt
- November: kein nennenswerter Pollenflug
- Dezember: Erste Hasel- und Erlenpollen möglich
(Quelle: wetter.com)
Weiß man, wann die Pollenbelastung besonders hoch ist, kann man gezielt mit Antiallergenen und Medikamenten gegensteuern. Stiftung Warentest hat Medikamente gegen Heuschnupfen genauer unter die Lupe genommen. Aber: „Die beste Möglichkeit bleibt schließlich die Immuntherapie, die sowohl mit Spritzen als auch mit Tabletten vorzüglich geeignet ist“, empfiehlt Karl-Christian Bergmann.
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