„Kurzzeitig im Sortiment“ – Rewe-Markt verkauft strittiges Cannabis-Produkt
CBD-Produkte werden immer populärer und tauchen auch in Supermärkten vermehrt auf – ein Rewe-Markt verkauft jetzt aber ganze Blüten, ist das legal?
Dieburg/Hessen – Supermärkte und Discounter wie Kaufland, Rewe oder Lidl machten in den letzten Wochen viele Schlagzeilen – dabei standen aber keine Cannabis-Produkte im Mittelpunkt, sondern die zum Teil um 60 Prozent teureren Lebensmittelpreise der Einzelhändler in Deutschland. Und eine Entspannung der Preissituation ist zumindest vorerst nicht in Sicht, im Gegenteil: Laut einer Studie zu Alltags-Produkten kommt das Schlimmste erst noch auf die Verbraucher zu.
In Hessen verkauft Rewe-Markt Cannabis-Blüten: Strikte Vorgaben zu beachten
Fast schon exotisch ist hier eine Meldung aus Hessen, wo ein Rewe-Markt nicht wegen teurer Preise, sondern aufgrund von CBD-Blüten in den Schlagzeilen steht. CBD steht für Cannabidiol und ist ein Wirkstoff, der aus den Blüten oder Blättern der Hanfpflanze gewonnen wird und im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC) nicht psychoaktiv ist und daher auch keinen Rausch verursacht. In Deutschland wird reines CBD nicht als Betäubungsmittel eingestuft und ist frei verkäuflich.
Zu beachten ist, dass der THC-Gehalt in einem CBD-Produkt maximal 0,2 beträgt – liegt er darüber, ist das Cannabis-Produkt illegal, sofern es nicht von einem Arzt zu medizinischen Zwecken verordnet wurde. Zudem gelten für CBD-Produkte strenge Vorgaben, so muss etwa die Adresse des Inverkehrbringers und der für pflanzliche Raucherzeugnisse nötige Warnhinweis vermerkt werden, sagt Kai Friedrich Niermann, Anwalt der Kanzlei KFN Plus, gegenüber der Lebensmittel-Zeitung (LZ).
„CBD-Aroma-Blüten, hier erhältlich“ – Rewe-Markt bewirbt Cannabis auf Plakat
Im Fall der CBD-Blüten vom Rewe-Markt in Dieburg (Hessen) fehlen diese Angaben – auf einem Plakat werden die Cannabis-Blüten als „CBD-Aroma-Blüten“ beworben, die „Hier erhältlich“ sind und an der Kasse gekauft werden können. Für 15 Euro pro Gramm kann der Kunde die Blüten kaufen – die Frage ist nur, wie lange noch? Auf eine Nachfrage der LZ teilt die Supermarktkette mit, dass das Produkt nicht von Rewe gelistet werde.
Der Markt-Inhaber habe die Cannabis-Blüten „kurzzeitig ins Sortiment genommen“, sagt eine Rewe-Sprecherin und ergänzt: „Nach Rücksprache mit dem Betreiber prüft dieser gerade, ob er den Verkauf wieder einstellt.“ Der Markt-Inhaber selbst will sich auf LZ-Nachfrage nicht zu seinen kurzfristig ins Sortiment genommenen CBD-Blüten äußern. Ein Einzelfall ist der Rewe-Markt aber nicht, jüngst hatten auch schon Lidl und dm mit solchen Produkten Probleme.

Lidl und dm hatten CBD-Produkte im Sortiment – und bekamen die Quittung
Der Discounter Lidl musste 2020 mehrere Cannabis-Produkte zurückrufen, weil der maximale THC-Gehalt von 0,2 Prozent deutlich überschritten wurde. Und in Baden-Württemberg wurde im selben Jahr publik, dass mehr als die Hälfte aller legal verkauften CBD-Produkte gar nicht zulässig sind, was Analysen der Lebensmittelüberwachung (BVL) ergaben. In vielen Fällen war es auch hier der THC-Gehalt, der nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hatte.
Einzelhändler wie Rewe, Lidl oder dm, wo die Cannabis-Produkte im Sortiment gefragt sind, stellt das vor große Probleme. Denn sie müssen auf die Angaben der Hersteller vertrauen, die das Cannabis aus Ländern wie Kanada oder den Niederlanden importieren – stimmen die Angaben nicht, haften die Händler. LZ-Redakteurin Gerrit-Milena Falker textet auf Twitter, dass die Versuchung, CBD-Produkte einzulisten, für den LEH und die Drogerien groß sei.
Cannabis-Branchenverband fordert Rechtssicherheit, wenn Legalisierung kommt
Aber „angesichts der restriktiven Rechtslage fallen die Anbieter reihenweise auf die Nase“, twittert Falker. Der Branchenverband der Cannabiswirtschaft (BvCW) fordert deshalb, dass umstrittene Fragen bei der laufenden Gesetzesvorbereitung zur Legalisierung von Freizeit-Cannabis direkt mit geregelt werden. Denn im Moment würden die Probleme vieler Hanfbauern, Lebensmittel- sowie CBD-Herstellern und -Anbietern leider noch übersehen, kritisiert Verbandschef Jürgen Neumeyer.
Für Hersteller und Händler ist das gleichermaßen ein Dilemma, denn die Nachfrage boomt – groß ist aber auch die Gefahr, dass die Händler mit ihren Cannabis-Produkten auf die Nase fallen, wenn etwa der THC-Grenzwert leicht überschritten wird. Im Fall von Lidl wird sogar noch ermittelt. „Eine Abschlussverfügung ist noch nicht ergangen“, heißt es von der zuständigen Staatsanwaltschaft aus Heilbronn auf LZ-Nachfrage.