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Angst vor Gaslieferstopp löst Run auf Heizlüfter und Co. aus – Experten warnen

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Elektroheizungen
Heizen mit Elektrogeräten sollte nur eine Notlösung sein. Es ist derzeit rund drei Mal so teuer wie das Heizen mit Gas. © Andrea Warnecke/dpa-tmn

Immer mehr Menschen suchen in der akuten Gaskrise nach alternativen Wärmequellen. Heizlüfter und Co. sind naheliegend, doch die Sache hat einen Haken.

Düsseldorf (dpa) – Sonst sind im Hochsommer vorwiegend Ventilatoren, Klimaanlagen und vielleicht auch noch Heizstrahler für die Terrasse gefragt. Doch in diesem Jahr ist das anders. Aus Angst vor Gasengpässen im Winter entwickeln sich in Baumärkten und im Elektronikhandel aktuell Heizlüfter, Konvektor-Heizungen und Ölradiatoren zu Verkaufsschlagern. Wer Pech hat, steht mittlerweile schon einmal vor leeren Regalen.

„Verkaufszahlen 100 Prozent“ über Vorjahresniveau – Heizgeräte gefragt

„Wir sehen derzeit eine überdurchschnittliche Nachfrage nach elektrischen Heizgeräten“, heißt es bei Deutschlands zwei größten Elektronikhändlern Media Markt und Saturn. „Wir liegen bei den Verkaufszahlen 100 Prozent über dem Vorjahr“, berichtet zudem Florian Preuß von der Baumarktkette Hornbach. Gerade in den letzten drei Wochen habe sich die Nachfrage noch einmal verstärkt.

Bei der Preisvergleichsplattform Idealo wurden im Juni Elektroheizungen mehr als viermal so häufig nachgefragt, wie im gleichen Monat des Vorjahres. Bei Kaminen und Öfen habe das Plus bei 280 Prozent gelegen. Immer mehr Menschen sähen sich mit Blick auf die aktuelle Gaskrise nach alternativen Wärmequellen um, berichtete Idealo.

Baumarkt-Branche erlebt Heizlüfter-Boom: Stellenweise schon mal leere Regale

Die Angst, Russland könnte Europa wegen des Kriegs in der Ukraine den Gashahn zudrehen, treibt immer mehr Menschen um. Teils aus Angst in einer kalten Wohnung zu sitzen, teils vielleicht auch nur aus Sorge vor etwas kühleren Temperaturen. Schließlich wird in der Politik zum Einsparen von Gas immer wieder auch ein Absenken der Heiztemperatur in privaten Wohnungen debattiert und der Immobilienkonzern Vonovia hat bereits angekündigt, die Nachttemperaturen in den Wohnungen seiner Mieter reduzieren zu wollen.

Heizlüfter, Konvektoren und Radiatoren scheinen da eine zumindest in der Anschaffung noch recht billige Lösung. Doch das sorgt inzwischen stellenweise schon einmal für leere Regale. Es habe Fälle gegeben, wo am Montag das Regal mit einer neuen Lieferung Heizlüfter bestückt worden sei und nur ein Tag später sei alles weg gewesen, heißt es in der Baumarkt-Branche.

Einzelhandel sieht keine Engpass-Gefahr: „Bestände rechtzeitig erhöht“

Das soll allerdings nicht heißen, dass der Markt leer gefegt ist. Die Versorgungslage sei derzeit nicht angespannt, heißt es beim Baumärkte-Verband BHB. „Selbst, wenn einmal ein bestimmtes Produkt oder eine spezielle Marke gerade nicht im Regal steht, können die Händler immer auf alternative Produkte zurückgreifen.“

Auch Media Markt und Saturn betonen: „Wir haben die Bestände rechtzeitig erhöht und sind gut vorbereitet. Aktuell finden die Kunden sowohl stationär wie auch online noch passende Produkte.“ Eine gewisse Flexibilität hilft hier natürlich – und manchmal wohl auch ein bisschen Geduld.

Branchenkenner ist besorgt – kalte Nächte im Herbst kommen erst noch

Der Geschäftsführer des Handelsverbandes Technik (BVT), Steffen Kahnt, jedenfalls ist überzeugt: „Die Händler werden versuchen, sich mit mehr Ware einzudecken.“ Bis zum Winter sei auch noch genug Zeit, weitere Ware aus dem ferneren Osten zu beschaffen. Dass die Lieferanten nicht genug produzieren können, hält er für unwahrscheinlich. Schließlich gebe es ja keinen weltweit erhöhten Bedarf an Heizgeräten. Das Problem stelle sich aktuell nur in Europa.

Allerdings gibt es auch einige in der Branche, die die Lage etwas anders beurteilen. Ein Branchenkenner, der nicht genannt werden möchte, rechnet damit, dass das Thema erst nach den Sommerferien richtig Fahrt aufnehmen wird. „Im Moment haben wir eine Hitzewelle und die Leute sind in Urlaub. Sobald der Herbst kommt und die ersten drei kalten Nächte auf uns zukommen, dann wird es ernst“, sagt er.

Experte warnt vor Heizlüfter und Co. – wirklich nur als Notheizung sinnvoll

Dabei sollte das Heizen mit Elektrogeräten wirklich nur eine Notlösung sein. Denn es ist zwar bequem: Stecker in die Steckdose und die Wärme kommt. Aber es ist auch sehr, sehr teuer. „Das macht Sinn, wenn die Gasheizung komplett ausgefallen ist und ich schnell eine Notheizung brauche“, betonte der Energieexperte Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Aber auf Dauer ist das keine Lösung.“ Das Heizen mit Strom sei derzeit rund dreimal so teuer wie das Heizen mit Gas.

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