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„Deutschland richtig gut erklärt“: Vermieter aus Stuttgart findet sich im „realen Irrsinn“ wieder

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Von: Nadja Pohr

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Ein Vermieter aus Stuttgart entschied sich im vergangenen Jahr dazu, sein Haus an Geflüchtete zu vermieten. Es folgte ein langes Hin und Her mit der Stadt – eingezogen ist bis heute niemand.

Stuttgart - Wohnen in Stuttgart ist teuer: Einige Trendviertel sind mittlerweile fast so teuer wie München. Die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg steht in einem Ranking der Städte mit den höchsten Mieten bereits auf Platz drei. Während die Situation auf dem Immobilienmarkt ohnehin angespannt ist, wurde sie unter anderem durch den Krieg in der Ukraine nochmals verschärft. Zahlreiche Menschen flüchteten nach Deutschland. Die Stadt Stuttgart suchte händeringend nach Wohnungen für die Geflüchteten.

Einige Haus- und Wohnungseigentümer aus Stuttgart haben daraufhin ihre Hilfe angeboten. Doch die Prüfung der Immobilien für die Flüchtlinge gestaltet sich als „unglaublich kompliziert“. In der politisch-satirischen NDR-Sendung „extra3“ schilderte ein Vermieter aus Stuttgart nun, wie mühsam der Prozess in der schwäbischen Metropole tatsächlich war.

Vermieter aus Stuttgart finden sich im „realen Irrsinn“ wieder, wenn sie Wohnungen für Flüchtlinge anbieten

Fabian Bross besitzt in Stuttgart ein kleines Haus mit drei Zimmern und einem kleinen Garten. Seine Immobilie kann er sicherlich für viel Geld vermieten, doch er entschied sich, sie für Geflüchtete bereitzustellen. Im April 2022 füllte er einen Online-Fragebogen aus und sollte sich dann bei einem Stadtmitarbeiter melden. „Der hat mir dann gesagt, füllen Sie doch bitte den Online-Fragebogen aus. Da dachte ich mir schon: Oje, das scheint ja ein komplexerer Prozess zu werden“, erinnert sich Bross. Schließlich fand sich der Vermieter in einem „realen Irrsinn“ wieder, wie es „extra3“ bezeichnet.

Vermieter Fabian Bross in der NDR-Sendung „extra3“
Fabian Bross aus Stuttgart wollte sein Haus an Geflüchtete vermieten. In der Sendung „extra3“ berichtet er über das lange Hin und Her mit der Stadt. © Screenshot NDR-Mediathek/extra3

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Noch im April folgte ein Besichtigungstermin mit einer Stadtmitarbeiterin, wo unter anderem festgehalten wurde, dass einige Möbel in der Wohnung stehen bleiben sollen. Noch im selben Monat wurde der Mietvertrag unterzeichnet – Mietbeginn sollte der 1. Mai 2022 sein. Fabian Bross wollte für sein Haus ursprünglich nur 1000 Euro Miete verlangen, die Stadt Stuttgart bestand jedoch darauf 1100 Euro Miete zu bezahlen, was sich aus dem Mietspiegel berechnete. Bei der Schlüsselübergabe an das Liegenschafts- und Sozialamt kamen plötzlich jedoch neue Probleme auf.

„Der Herr vom Sozialamt ist aus allen Wolken gefallen, dass da noch Möbel in dem Gebäude stehen und hat gesagt, dass das sehr gefährlich sei, da man sich daran verletzen könne“, schildert der Vermieter. Der Mitarbeiter des Sozialamts forderte daraufhin, dass die Möbel entsorgt werden. „Ich vermute, dass jemand, der von einem Krieg geflüchtet ist, keine Angst vor einem Sofa haben wird.“ Das Liegenschaftsamt bemängelte darüber hinaus das Fehlen eines sogenannten FI-Schutzschalters im Sicherungskasten. Nach langem Hin und Her sollte der Schalter schließlich nur in den Sanitärräumen angebracht werden. „Sofern auch dies nicht geht, dann wäre eine Anmietung unsererseits nicht möglich“, liest Bross aus einer Mail vor. „Und der Gag ist ja: Das war die Frau, mit der ich den Mietvertrag gemacht hatte und der lief ja schon.“

„Deutschland richtig gut erklärt“: Netz zeigt sich verständnislos für Bürokratie-“Irrsinn“

„Die Immobilie steht immer noch leer“, erklärt der Vermieter. Aber die Stadt Stuttgart würde den auf ein Jahr befristeten Mietvertrag dennoch gerne verlängern und erkundigt sich bei Bross, ob eine „direkte Vermietung an die jetzigen Bewohner, mit Unterstützung durch das Sozialamt, denkbar wäre“. Über diesen „Irrsinn“ an Bürokratie können die User im Netz nur mit dem Kopf schütteln.

„Unfassbar“, „unglaublich das Ganze“ oder „kein Verständnis dafür“, heißt es. „Hier wurde Deutschland richtig gut erklärt“, spottet ein Nutzer in den Kommentaren. „Diese Bürokratie bremst das ganze System“, schreibt ein anderer. Viele User beschweren sich über das Verhalten der Stadt. „Zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre“, kommentiert ein Nutzer. „Ich habe die Hoffnung in die Menschheit und vor allem in das Amt verloren“, schreibt ein weiterer.

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