Gut gemeintes Sozialprojekt von Mercedes-Benz könnte Obdachlosen in Stuttgart den Schlafplatz kosten

Mitarbeiter von Mercedes-Benz haben bei der Umgestaltung des Österreichischen Platzes in Stuttgart geholfen. Für das Sozialprojekt gibt es jedoch Kritik, denn Obdachlose fürchten nun, unerwünscht zu sein.
Stuttgart - Dem Österreichischen Platz in Stuttgart wird ein neuer Anstrich verpasst: Insgesamt 70 Mitarbeiter der Mercedes-Benz Mobility AG waren im Rahmen des „Day of Caring“ (dt. Tag des Kümmerns, Anm. d. Red.) an zwei Tagen aktiv und gestalteten den Platz unterhalb der Paulinenbrücke in einen farbenfrohen Ort für Sport und Bewegung um.
Der Österreichische Platz soll dadurch künftig besonders für Jugendliche attraktiv sein. „Für uns als Unternehmen ist es ein besonderes Anliegen, uns hier vor Ort in Stuttgart zu engagieren und so einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten“, sagte Peter Zieringer, Vorstand für Marketing & Sales der Mercedes-Benz Mobility AG. Wie sozial das Projekt von Mercedes ist, steht allerdings nun zur Debatte.
Obdachlose am Österreichischen Platz in Stuttgart könnten Schlafplatz durch Mercedes-Projekt verlieren
Das Sozialprojekt von Mercedes-Benz könnte nämlich einen großen Nachteil für die Obdachlosen am Österreichischen Platz bedeuten. Seit Jahren ist die Stelle ein Rückzugsort und Schlafplatz für viele Wohnsitzlose in der Stadt. Sie fürchten, dass sie dort jetzt nicht mehr willkommen sind. „Was wird aus den Obdachlosen? Die müssen verschwinden“, schlussfolgert ein Mann, der früher selbst wohnungslos war, im Gespräch mit dem SWR.
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Laut Daniela Klein, Leiterin des Stuttgarter Sportamts, müssen die Menschen sich keine Sorgen machen. Man wolle niemanden vertreiben, sondern ein Ort für Toleranz und Vielfalt für alle schaffen, erklärt sie. Für Harry Pfau ist diese Aussage heuchlerisch: „So naiv kann man gar nicht sein, zu glauben, dass die Stadt nicht gegen die Obdachlosen vorgehen wird“, sagt er dem SWR. Er war selbst ein Obdachloser und setzt sich inzwischen seit vielen Jahren für Menschen ohne Wohnsitz ein.
Ex-Obdachloser: Stadt wird sich sicher nicht ihr „Prestigeprojekt von Obdachlosen kaputtmachen lassen“
Harry Pfau befürchtet, dass die Stadt am Österreichischen Platz vielleicht ein oder zwei Obdachlose dulden würde. So sei es früher auch gewesen, erzählt er. „Ich hatte jahrelang einen Schlafort in Stuttgart. Da haben die Polizeibeamten dann ein Auge zugedrückt. Kurz nachdem zwei weitere Obdachlose auch an dem Ort schlafen wollten, wurden wir verjagt“, erinnert sich Pfau. Für ihn sei daher klar, dass die Stadt sich sicherlich nicht ihr „Prestigeprojekt von Obdachlosen kaputtmachen lassen“ werde. Im Sommer soll der umgestaltete Ort unter der Paulinenbrücke eröffnet werden.