15 Minuten schneller, drei ICE pro Stunde: Auswirkungen von Stuttgart 21 sind früher spürbar, als erwartet

Trotz Komplikationen nimmt Stuttgart 21 immer mehr Gestalt an. Olaf Drescher, Vorsitzender des Bahnprojekts, informierte jetzt auf der neuen Filstalbrücke über die nächsten Schritte - in 85 Metern Höhe.
- Die für Stuttgart 21 (BW24* berichtete) bedeutende Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist bereits zu 90 Prozent fertiggestellt.
- Olaf Drescher, Geschäftsführer des Projekts Stuttgart-Ulm, erklärte das bei einem Termin auf der neuen Filstalbrücke.
- Schon 2022 sollen Züge über die Strecke fahren und Reisende dann 15 Minuten schneller von Ulm nach Stuttgart bringen.
Stuttgart/Ulm - Das Mega-Projekt Stuttgart 21 ist nicht gerade dafür bekannt, ständig mit positiven Neuigkeiten in den Nachrichten zu sein. Im Gegenteil, die Proteste gegen Stuttgart 21 (BW24*berichtete) sind nach wie vor laut, immer wieder müssen die Verantwortlichen neue Probleme zugeben. Erst Mitte Juni konnte Stuttgart 21 eine Klage gegen ein Bauprojekt am Flughafen abwenden.*
Dazu kommen neue Überlegungen des Bundes für einen Gäubahn-Tunnel. Der S-Bahn droht wegen der Gäubahn auch nach Fertigstellung von Stuttgart 21 das Chaos.* Selbst von prominenter Seite kamen große Bedenken diesbezüglich. Der Erfinder von Stuttgart 21 machte im Zusammenhang damit ein fatales Eingeständnis.* Olaf Drescher, neuer Geschäftsführer der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH, lud deshalb am 15. Juli zu einem medienwirksamen Termin, um Stuttgart 21 wieder in ein besseres Licht zu rücken. Denn: Aus seiner Sicht geht das Projekt mit hohem Tempo in Richtung Zielgerade. Olaf Drescher gilt als Spezialist für Inbetriebnahmen. Der neue Chef von Stuttgart 21 hat schon einmal ein Wunder in Deutschland vollbracht.*
Stuttgart 21: Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist schon zu 90 Prozent fertig
Auf der neuen Filstalbrücke stellte Olaf Drescher die nächsten Schritte bis zur Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm vor - in 85 Metern Höhe. Wie die Heidenheimer Zeitung berichtet, ist das erste der beiden Brückenbauwerke, die das Tal überspannen, seit Anfang des Jahres im Rohbau fertig.
„Wir machen große Fortschritte in diesem für die Bahnkunden in Baden-Württemberg so wichtigen Projekt. Stuttgart 21 und die Neubaustrecke sind die Voraussetzung für die Verkehrswende im Südwesten“, sagte Olaf Drescher bei dem Termin. Wie die Bahn in einer Pressemitteilung berichtet, ist der Rohbau der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm zu 90 Prozent fertiggestellt.
Der Vortrieb für über 60 Kilometer Tunnelröhren im Rahmen von Stuttgart 21 ist vollständig abgeschlossen. Auch die Ausrüstung der Strecke mit der Eisenbahntechnik kommt gut voran: 37 Kilometer Gleis sind bereits verlegt, 800 Oberleitungsmasten wurden bislang aufgestellt. Letzteren sollten Menschen übrigens nicht zu nahe kommen, da sie Starkstrom führen. Mitte Juli bekam eine 16-Jährige am Bahnhof Aalen einen Stromschlag und starb.* Ein Störlichtbogen war auf sie übergesprungen, nachdem die Jugendliche auf einen Güterzug geklettert war.
Filstalbrücke mit großer Bedeutung für Stuttgart 21: Reisende sparen eine Viertelstunde
Anfang 2022 wollen die Verantwortlichen von Stuttgart 21 erste Testfahrten auf der Neubaustrecke absolvieren. „Künftig sparen Reisende zwischen Stuttgart und Ulm eine Viertelstunde“, erklärt Olaf Drescher. Geplant ist, dass dann pro Stunde zwei bis drei Fernverkehrszüge über die Neubaustrecke fahren, auch einzelne Regionalzüge sollen die Strecke bereits nutzen können. Ab 2025 sparen Bahnreisende nochmal 15 Minuten auf der Strecke. Die Züge fahren dann im Halbstundentakt. „Da denkt keiner mehr ans Autofahren“, sagt Olaf Drescher.
Während des Info-Termins über Stuttgart 21 mit Olaf Drescher wurde bereits die Konstruktion des zweiten Brückenbauwerks über das Filstal fortgesetzt. Arbeiter verschoben die 800 Tonnen schwere Betonagekonstruktion für den Bau in einem schwindelerregenden Manöver um 50 Meter. Damit sind 100 Meter von 485 Meter Brücke bereits betoniert. Die zweite Brücke über das Filstal soll im Sommer 2021 fertig sein. Reisende haben übrigens nicht wirklich viel von der Aussicht in 85 Metern Höhe: Ein ICE wird die Filstalbrücke künftig in nur sieben Sekunden überqueren. (*BW24 ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks)