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Sieben Dinge, die Stuttgart von Paris lernen kann

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Von: Nadja Pohr

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Beim Thema Radfahren in Stuttgart gibt es noch viel zu verbessern. Das findet zumindest der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club. Vor allem von Nachbarland Frankreich und seiner Hauptstadt Paris kann sich die Schwaben-Metropole demnach viel abschauen.

Stuttgart - Die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart und die französische Metropole Paris sind sich geografisch näher, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Die beiden Städte trennt „nur“ eine knapp vierstündige Zugfahrt. Doch was Kultur, Städtebau und Flair angeht, klafft eine deutlich größere Lücke zwischen Stuttgart und Paris.

Die Stadt der Liebe in Frankreich ist nicht nur die Heimat zahlreicher weltberühmter Bauwerke und Sehenswürdigkeiten, etwa des Eiffelturms, der Kathedrale Notre-Dame oder der Basilika Sacré-Coeur, sondern verfügt auch über viele schillernde Viertel und Plätze. Stuttgart war dagegen schon immer ein Auto-Mekka und wird allein durch seine Historie auch immer untrennbar mit dem Automobil verbunden sein. Dank weltweit tätigen Unternehmen wie Mercedes-Benz, Porsche oder Bosch ist die Metropolregion Stuttgart ein elementarer Teil der deutschen Wirtschaft.

In Paris wird dagegen eine strenge Verkehrspolitik betrieben. Im Zentrum der Millionenstadt soll sich bis 2024 der Autoverkehr drastisch reduzieren, ein neuer Verkehrskodex soll zudem für mehr Respekt zwischen Auto- und Radfahrern sowie Fußgängern sorgen. Auch viele Radler aus Stuttgart träumen von einem besseren Miteinander. Aus Sicht des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) gibt es sieben Dinge, die Stuttgart hier von der französischen Hauptstadt lernen kann.

Auf der Fotomontage ist links eine Luftnahme von Paris mit dem Eiffelturm und rechts der Schlossplatz in Stuttgart zu sehen
Aus Sicht des ADFC kann die Stadt Stuttgart noch viel von der französischen Hauptstadt Paris lernen. © Fotomontage BW24/IMAGO/Blickwinkel/Westend61

1. Angebot von Radverleihunternehmen vergrößern

Erst kürzlich stimmten die Pariser für ein Verbot für den Verleih von E-Scootern in der Stadt. Ab September 2023 wird es keine Leihroller mehr geben. Verleihsysteme für Fahrräder werden dafür weiterhin angeboten – und zwar von vielen verschiedenen Unternehmen. Einer der größten Anbieter ist der Betreiber Smovengo mit den „Vélib“-Rädern. Seit 2007 gibt es die Leihfahrräder bereits und inzwischen sind mehr als 20.000 von ihnen in ganz Paris verfügbar. Daneben lassen sich auch Räder der Firmen Lime, Dott, Pony Bikes oder Bolt in der Stadt finden. Der ADFC schlägt ähnliches auch für Stuttgart vor und findet: „Möglichst viele Verleihsysteme unterstützen. Konkurrenz belebt das Geschäft.“

2. Mehr Parkplätze für Räder

Eine weitere Anmerkung des Fahrrad-Clubs ist die Erweiterung der Parkplätze für Zweiräder. In der französischen Hauptstadt gibt es nicht nur 1.400 Stationen für Leihräder, sondern auch viele Orte, um das eigene Fahrrad abstellen zu können. Für die Schwaben-Metropole wünsche man sich daher ebenfalls mehr Abstellanlagen, und zwar für alle Arten von Rädern. Dass die Stuttgarter Stadtplanung in einigen Bereichen versagt hat, zeigten kürzlich vier Fotos. Darunter auch eines von einem Parkplatz für Lastenräder, der allerdings von zwei Betonblöcken blockiert wird – das Parken ist so unmöglich.

3. Eindeutigere Beschilderungen

Nicht selten kommt es in der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg vor, dass sich der Radweg plötzlich ändert und man einfach im Nichts landet. Eine eindeutige Beschilderung lässt oftmals zu Wünschen übrig. Anders sieht das in Paris aus: Hier werde klar gekennzeichnet, wie man sein Ziel am schnellsten und bequemsten erreicht, heißt es vonseiten des ADFC. Beschilderungen zeigen außerdem klar, wer wo und wie in den Straßen fahren darf. So lässt sich ein Konflikt zwischen Radfahrer und Fußgänger leicht vermeiden. Die Stadt Stuttgart versuchte ähnliches mit einer Kampagne – diese bewirkte jedoch das Gegenteil und zog den Ärger der Radfahrer noch mehr auf sich.

4. Umweltspuren einführen

Die Metropole Paris sowie andere große Städte wie London, Stockholm oder Tokio setzen schon seit längerem auf sogenannte Umweltspuren. Hier dürfen etwa nur Busse, Taxis, Fahrräder und Elektrofahrzeuge unterwegs sein, was das Radfahren angenehm und deutlich ungefährlicher macht. Auch in der Region Stuttgart habe man kurzzeitig schon Umweltspuren eingeführt – zum Bedauern des Fahrrad-Clubs jedoch nicht auf Dauer. Dabei könnte dies den Verkehr in Stuttgart positiv beeinflussen und unter anderem Staus minimieren.

5. Geschützte Radspuren

Zu den größten Ängsten der Radler gehört es hierzulande, mit zu geringem Abstand von anderen Fahrzeugen überholt zu werden. Nach wie vor passieren viele Fahrrad-Unfälle auf den Straßen, weil die vorgeschriebene Distanz von 1,5 Metern oft nicht eingehalten wird. Geschützte Radspuren, wie es sie auch in der französischen Stadt gibt, können Abhilfe schaffen und das Sicherheitsgefühl bei den Radfahrern erhöhen. Ebenso kann dadurch verhindert werden, dass Autos auf Radwegen halten oder gar parken – ein Problem, das in Stuttgart verstärkt auftritt.

6. Lückenloses Radnetz

Um die Verkehrswende zu schaffen und mehr Menschen zum Radfahren zu bewegen, spielt eine lückenlose Radinfrastruktur eine große Rolle. Der ADFC hat bereits im vergangenen Jahr viele Verbesserungsvorschläge für Stuttgart gesammelt, denn das bestehende Netz bietet einige „Horrorstrecken“, wie Mitglieder damals kritisierten. Dass sich die Arbeit lohnen kann, zeigt einmal mehr Paris. „Selbstverständlich ist nicht alles perfekt. Aber wir haben hier ein Netz vorgefunden, das scheinbar ohne große Lücken realisiert wurde“, schreibt der ADFC auf Twitter.

7. Angebot für alle Radler schaffen

Aus Punkt Nummer sechs resultiert schließlich auch Forderung Nummer sieben: Durch ein lückenloses Netz schaffe man ein Angebot für Radler jeder Art und jeden Alters, schreibt der ADFC. Paris habe es durch seine Radinfrastruktur geschafft, dass „richtig viele Menschen“ mit dem Fahrrad unterwegs seien. „Schnelle, langsame, junge und alte. Das wollen wir auch in Stuttgart sehen“, heißt es abschließend vom ADFC. Es sei an der Zeit, dass sich die Schwaben die Franzosen zum Vorbild nehmen.

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