Stuttgarter Pop-Art-Künstler Romulo Kuranyi auf dem Weg nach oben: „Wie man sich fühlt, so sieht man die Welt“

Ob als Gemälde, auf Sneakern oder auf Autos: Romulo Kuranyis Pop Art funktioniert auf vielen Ebenen. In seiner Pop-up-Galerie in Stuttgart-Mitte zeigt der renommierte Künstler zahlreiche seiner Originale und arbeitet live an neuen Werken.
Stuttgart - Klare Linien, facettenreiche Gesichter, mitunter schrille Farben: Romulo Kuranyis Stil ist unverkennbar und zieht nicht nur internationale Kunstliebhaber in seinen Bann. Ob auf Leinwänden, auf Sneakern oder auf Autos: An den Werken des renommierten Stuttgarter Pop-Art-Künstlers kommt so schnell niemand vorbei. Mehr als 100.000 Gesichter hat Kuranyi seit Beginn seines künstlerischen Schaffens gemalt, keines gleicht dem anderen. „Nicht jeder Mensch hat jeden Tag dieselben Emotionen“, sagt der Künstler im Gespräch mit BW24. Umso spannender sei es für ihn, verschiedene Charaktere und Stimmungen in seinen Bildern zu verarbeiten. Seine größte Inspirationsquelle: Menschen.
Das Hauptelement von Kuranyis Kunst sind Gesichter, die ineinander überfließen. „Das Ohr des einen Gesichts ist das Auge des nächsten, der Mund ist wiederum die Nase eines anderen“, erklärt der 34-Jährige. Für ihn habe das etwas von Neuroplastizität. Darunter versteht man die Fähigkeit des Gehirns, seinen Aufbau und seine Funktionen so zu verändern, dass es optimal auf neue äußerliche Einflüsse und Anforderungen reagieren kann. „Wenn die Synapsen sich miteinander verbinden und wieder neue entstehen, Verflechtungen. So sehe ich meine Kunst“, sagt Kuranyi.

Seit 2013 präsentiert er seine Bilder öffentlich. Heute ist seine Kunst international bekannt und wird in Europa und Brasilien ausgestellt. Auf seine begehrten Unikate warten Kunstliebhaber teilweise ein Jahr lang. „Langfristig will ich meinen eigenen Stil etablieren – der Gedanke geht in Richtung Neuro-Faces“, erklärt der Stuttgarter.
Pop-up-Store von Romulo Kuranyi: Tattoo-Aktion am kommenden Wochenende
Im April hat Kuranyi den Ort seines kreativen Wirkens vorübergehend von Stuttgart-Vaihingen in die Innenstadt verlagert. Noch bis Ende Juni können Passanten ihn in seinem Pop-up-Store (Neue Brücke 3) in Stuttgart-Mitte besuchen, live beim Entstehen eines Gemäldes zusehen und nebenbei zahlreiche seiner Originale bestaunen. Im ehemaligen Café Nast empfängt Kuranyi alle, die ein Auge fürs Schöne und Tiefgründige haben.
Netzwerker durch und durch, lädt Kuranyi gemeinsam mit bekannten Gesichtern aus der Stuttgarter Community zu verschiedenen Veranstaltungen in seinem Pop-up-Atelier ein. So auch am kommenden Wochenende: Am Freitag, 26. Mai, ist hier ein Frauenclub zu Gast, am Samstag, 27. Mai, steht eine für jeden offene Tattoo-Aktion auf dem Programm.
„Art Ink & Friends“: Veranstaltung am Samstag, 27. Mai 2023
Gemeinsam mit dem Tattoo-Studio „Zeitlos“ veranstaltet Pop-Art-Künstler Romulo Kuranyi den Abend „Art Ink & Friends“. Von 17 bis 23 Uhr tätowieren erfahrene „Zeitlos“-Artists allen, die sich rechtzeitig in eine entsprechende Liste eintragen, eines von zehn einzigartigen Designs, die von Romulo Kuranyi entworfen wurden. Dazu gibt es Live-Musik und erfrischende Drinks. Weitere Infos finden Interessierte unter eventbrite.de.
Im Gespräch mit BW24 offenbart Kuranyi seinen Hang zur Spiritualität. Die spiegelt sich auch in seinem künstlerischen Schaffen wider. „Ich denke, wir alle sind miteinander verbunden. Es gibt Frequenzen, Energien“, sagt er. Sein persönliches Energiefeld: Die Kunst. Bevor er sich voll und ganz darauf konzentrierte, musste er zunächst einige Hürden nehmen, die er sich zum Teil selbst erbaut hatte. „Schon lange, bevor ich mich als Künstler selbständig gemacht habe, hätte ich von den Einnahmen durch die Kunst meine Fixkosten decken können“, sagt er. Negative Glaubenssätze wie „von der Kunst kann man nicht leben“ hinderten ihn lange daran, sich vollständig seiner Leidenschaft zu widmen.
Stuttgarter Pop-Art-Künstler Romulo Kuranyi: Sein großes Ziel ist die Art Basel
Die Kunst begleitet Kuranyi, der 1998 in Brasilien geboren wurde, schon sein Leben lang. Geprägt wurde er vor allem von seinem Vater. „Er malt bis heute täglich, obwohl er krank ist“, sagt Kuranyi. „Die Kunst hat er immer als Hobby gesehen, obwohl er ein richtiger Künstler ist.“ Den Glaubenssatz von der brotlosen Kunst habe er als Sohn übernommen. Umso erstaunter reagierte der junge Kuranyi, als er 2013 bei seiner ersten Ausstellung in Rom den 2. Platz bei einem internationalen Wettbewerb belegte. „Für mich war das der Startschuss, mit meiner Kunst nach außen zu treten“, erinnert er sich heute. Trotzdem habe er jahrelang gebraucht, um „alle anderen Themen loszulassen und nur noch Kunst zu machen“.
Seit er sich zu 100 Prozent auf die Kunst konzentriert, spürt Kuranyi, wie sich seine Faszination auf andere überträgt und sich ständig neue Projekte ergeben. „Türen, die bisher nur halb offen waren, haben sich auf einmal geöffnet“, sagt er. Heute weiß der ehemalige Gastronom und Unternehmer: Sich vollständig auf seine künstlerische Tätigkeit zu konzentrieren, war die richtige Entscheidung. „Ein Plan B kann auch ein Hindernis sein“, ist er überzeugt. Dass er sich jahrelang nach der „beruflichen Sicherheit“ orientierte, betrachtet er rückblickend als „Bremse“.
Ein Plan B kann auch ein Hindernis sein.
Die harte Arbeit, die er in sein Künstler-Dasein steckte, zahlte sich aus: Für die Outletcity Metzingen bemalte er ganze Flächen in der Stadt. Dort entstand auch die Idee, Sneaker mit der Kunst zu verzieren. Es folgten zudem Kooperationen mit dem Stiftehersteller Stabilo, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, dem Stuttgarter Traditionshaus Breuninger und einigen weiteren bekannten Unternehmen. „Plötzlich kamen renommierte Galerien auf mich zu. Da kam eins nach dem anderen, teilweise aus dem Nichts.“
Das vorläufige Highlight: Im Mai stellte Kuranyi auf der art KARLSRUHE, einer der bedeutendsten Kunstmessen im deutschsprachigen Raum, aus. „Die ersten Schritte sind gemacht“, sagt der Künstler. Sein Ziel: die große internationale Bühne, New York und vor allem die weltweit führende Art Basel.
Bei der Interpretation seiner Werke lässt Romulo Kuranyi dem Betrachter viel Spielraum
Bei der Interpretation seiner Werke lässt Kuranyi den Betrachtern viel Spielraum. „An einem Tag kommt jemand in die Galerie und sagt: Das Bild ist sehr fröhlich. Dann kommt der nächste rein und sagt: Das ist für mich düster. Oder die gleiche Person kommt am nächsten Tag und sagt: Es ist doch nicht düster, sondern fröhlich. Das ist immer tagesabhängig. Ein und dasselbe Bild kann auf unterschiedliche Menschen jeweils ganz anders wirken. Wie man sich fühlt, so sieht man auch die Welt.“