1. bw24
  2. Stuttgart

Stuttgarter kämpft in der ZDF-Show „Glow Up“ um den Titel als „Deutschlands nächster Make-up-Star“

Erstellt:

Von: Sina Alonso Garcia

Kommentare

Ahmed Mnissi bei „Glow Up“
Er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und gehört zu den ausgewählten Teilnehmern der Casting-Show „Glow Up“: Ahmed Mnissi aus Stuttgart. © Malorie Shmyr

Der Stuttgarter Ahmed Mnissi ist einer von zehn Make-up-Artists, die es in die ZDF-Fernsehshow „Glow Up“ geschafft haben. Dort stellt er jede Woche sein Können unter Beweis - und berichtet auch von persönlichen Höhen und Tiefen.

Stuttgart - Viele Jahre seines Lebens war er auf der Suche nach seiner Identität, schien in keine Schublade zu passen. Inzwischen steht er für sich ein und gibt Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, eine Stimme. Ahmed Mnissi aus Stuttgart hat als Make-up-Artist seine Passion gefunden und kämpft für die Sichtbarkeit der queeren Community. Seit kurzem wetteifert der gebürtige Hechinger in der ZDF-Sendung „Glow Up“ um den Titel als Deutschlands nächster Make-up-Star. Dort konnte er sich bereits gegen einige Bewerber durchsetzen und ist ein heißer Anwärter auf den Sieg. BW24 hat mit ihm über die Show, seine HIV-Diagnose und Rassismus-Erfahrungen gesprochen.

Was bedeutet Make-up für Dich?

Make-up ist für mich Stilmittel. Es ist Ausdruck von Kunst, nicht nur Oberflächlichkeit. Du hast die Möglichkeit, politisch zu sein, du hast die Möglichkeit, gesellschaftskritisch zu sein - und das kommt auch in der Sendung raus. Ich persönlich habe vieles in den letzten Jahren über meinen Job und über Make-up kompensieren dürfen. Weil ich in Branchen gearbeitet habe, in denen Rassismus und Sexualität weniger eine Rolle spielen. In denen ich akzeptiert wurde als der Mensch, der ich war - gerade im Theaterbereich oder auch im Filmbereich. Ich kann vieles über Make-up verarbeiten und tue das auch immer noch.

Wie lange dauert es, professionelle Make-ups zu schminken?

Das kommt ganz darauf an. Das längste Make-up, das ich je geschminkt habe, hat ungefähr sechs Stunden gedauert. Das war in meiner Abschlussprüfung zum Make-up Artist, als ich einen Dämon mit speziellen Effekten schminken musste. In der Sendung hatten wir nur 2 bis 2,5 Stunden Zeit für unsere kreativen Designs. Wenn ich Zuhause an solchen Designs arbeite, kann das schon mal zwischen drei und fünf Stunden dauern.

Wie war die Atmosphäre am Set? Gab es auch Ausnahmesituationen?

Wir haben uns generell sehr wohlgefühlt. Die Make-up-Artists waren wie eine kleine Familie. Aber natürlich gab es auch Ausnahmesituationen und mentale Breakdowns während der Drehzeit. Man hatte einfach den Druck, vor der Jury abzuliefern. Du bist eigentlich die ganze Zeit im Arbeitsmodus. Alles in allem war es sehr schön, zu drehen, aber so ein Reality-Format ist auf jeden Fall eine Herausforderung.

Die Juroren wirken sehr streng. Wie hast du das wahrgenommen?

Vieles von der Jury-Kritik, was der Zuschauer sieht, haben wir so gar nicht mitbekommen. Häufig wussten wir erst, wenn die Entscheidung anstand, wie die Juroren unsere Arbeit bewertet haben. Oft bekommen wir das Feedback, dass die Kritik ziemlich hart ist. Aber: Loni Baur und Armin Morbach sind beide tolle Menschen. Man muss nur sagen, sie sind einfach Profis. Das heißt, sie haben einen gewissen Anspruch. Und inhaltlich hat das alles Hand und Fuß, was sie sagen. Die Juroren wurden teilweise bewusst von uns separiert - einfach, damit sie objektiv beurteilen können, was ihnen gefällt und was nicht.

Glow Up - Deutschlands nächster Make-up-Star

Donnerstagabend um 20.15 Uhr strahlt das ZDF aktuell wöchentlich eine neue, von Riccardo Simonetti moderierte Folge „Glow Up“ aus. In kreativen Challenges stellen sich die Teilnehmer der Kritik der renommierten Make-up-Artists Loni Baur und Armin Morbach. In jeder Woche werden die Jury-Mitglieder durch einen Gast-Juroren ergänzt, der ein bestimmtes Motto mitbringt. Alle Folgen gibt es auf Abruf auch in der ZDF-Mediathek.

Wie siehst Du den Erfolg von „Glow Up“ bis jetzt?

Inzwischen merkt man, dass sich die Sendung durch stärkere Präsenz in den Medien immer mehr rumspricht und die Zahlen nach oben gehen. Es kommen viele Leute auf mein Profil, schreiben mir auf Social Media oder sprechen mich auf der Straße an. Der Vorteil ist sicherlich auch, dass es das Angebot On-Demand gibt. Die Leute können also von vorne anfangen und das Ganze binge-watchen (mehrere Folgen am Stück schauen, Anm.d.Red.). Auch als fachfremde Person bist du schnell in der Materie drin. Make-up ist mehr als nur Schminken. Es ist Kunstform, es ist Handwerk - und das kriegt jetzt endlich die Aufmerksamkeit, die es eigentlich auch verdient.

Du gehst ja offen mit Deiner HIV-Diagnose um. Hat sich in der Gesellschaft inzwischen etwas getan, oder ist das Ganze immer noch ein Tabu-Thema?

Hier muss man differenzieren. Ich bin da sicherlich die Ausnahme. Ich bin 2020 damit an die Öffentlichkeit gegangen und war zuletzt Gesicht der Deutschen Aids-Hilfe. Ich kann das nicht mit anderen vergleichen, weil ich selber so offen damit umgehe, dass ich keinerlei Probleme mehr damit habe. Zwar komme ich jetzt nicht in einen Raum und sage: „Hallo, ich bin Ahmed, ich bin HIV-positiv“ - das ergibt sich meist aus Gesprächen heraus. Da ich so selbstbewusst mit dem Thema umgehe, mache ich durchweg positive Erfahrungen. In meinem direkten Umfeld ist es überhaupt kein Thema mehr. Aufklärung betreibe ich eher im hetero-normativ geprägten Umfeld. Dort muss ich noch erklären, dass HIV hinsichtlich gesundheitlicher Risiken kein bedenkliches Thema mehr ist.

Deine Diagnose war ja 2016. Das heißt, man kann heutzutage gut mit HIV leben?

Es gibt drei Säulen der Prävention. Die erste Säule des klassischen Schutzes ist das Kondom. Die zweite Säule nennt sich Prep oder Pep - das ist ein Medikament, das vorbeugend genommen wird. Die dritte Säule ist der Schutz durch Therapie. Da nimmt man einmal am Tag eine Tablette. Wenn man in der Therapie gut eingestellt ist, ist das Virus im Blut nicht mehr nachweisbar. Es ist zwar immer noch in den Zellen verankert, das heißt, man ist nach wie vor nicht geheilt. Allerdings ist man über Körperflüssigkeiten nicht mehr ansteckend.

Du hast bekanntlich afrikanische Wurzeln. Welche Erfahrungen hast Du mit dem Thema Rassismus gemacht?

Mein Vater ist ja Tunesier, meine Mutter Deutsche. Mein Vater kam damals als schwarzer Nordafrikaner in den 80er Jahren nach Hechingen. Er hat damals seinen Job aufgeben müssen und musste bei Null anfangen. In der eigenen Verwandtschaft hat er massiv Rassismus erfahren müssen. Auch wir Kinder haben Rassismus erfahren. Du versuchst dich so anzupassen, dass du irgendwann deine eigene Hautfarbe nicht mehr wahrnimmst. Ich habe mich irgendwann nur noch als kompletter Deutscher gesehen und gar nicht mehr wahrgenommen, dass ich einen anderen kulturellen Hintergrund habe.

Später wurde ich bei der Wohnungssuche in Stuttgart wegen meines Namens komplett aussortiert. Zudem bin ich massiv Opfer von Racial Profiling in Stuttgart geworden, bin immer rausgezogen und angehalten worden. Ohne jeglichen Grund. Beziehungsweise der Grund war meine Hautfarbe und meine Herkunft. Ich habe auf vielen Ebenen Rassismus erfahren, aber das hat mich geprägt und zu dem Menschen, gemacht, der ich heute bin. Als George Floyd ermordet wurde, habe ich meine Stimme entdeckt. Und die nutze ich auch in Glow-Up: Über Themen zu sprechen, die sonst leider, gerade im ländlicheren Bereich, weniger Gehör finden.

Ahmed Mssini

Mssini wuchs am Fuße der Burg Hohenzollern auf der Schwäbischen Alb auf. Nach der Schule absolvierte er in Mössingen zunächst eine Friseurausbildung. Bis er Ende 20 war, arbeitete er in verschiedenen Salons und entschied sich später, nach Stuttgart zu gehen. Dort arbeitete er als Maskenbildner bei Tanz der Vampire und war in Hamburg und Köln auf Tour. Als er danach arbeitslos wurde, entschied er, den Friseurberuf an den Nagel zu hängen und sich als Make-up-Artist selbständig zu machen - weshalb er die entsprechende Ausbildung nachholte. Das nächste Karriereziel: „Glow Up“.

Denkst Du, dass durch die Sendung „Glow Up“ noch mehr junge Menschen auf den Beruf Make-up-Artist aufmerksam werden und sich dafür begeistern?

Auf jeden Fall. Und ich glaube, das Format zielt auch darauf ab. Zum einen, zu zeigen, dass Make-up eben mehr ist als nur oberflächliches Schminken. Zum anderen, dass Make-up eine Kunstform ist und viele berufliche Möglichkeiten bietet. Bei „Glow Up“ sieht man, wie viele verschiedene Bereiche durch Make-up integriert werden. Ich denke, dass es eine sehr gute Werbung für unsere Branche ist. In der Show sieht der Zuschauer ganz unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Bereichen. Ich bin ja gelernter Maskenbildner und Friseurmeister. Es gibt andere, die ein Diplom als Make-up-Artist gemacht haben und es gibt Quereinsteiger, die zum Beispiel als Influencer super bekannt sind. Ich bin sicher, dass das Format viel Reichweite für den Beruf generieren wird.

Die Menschen haben oft keine Berührungspunkte zu unserem Berufsfeld. Wenn ich erzähle, dass ich bei SOKO Stuttgart, Tanz der Vampire oder Aladdin mitgearbeitet habe, sind meine Bekannten begeistert. Gleichzeitig ist diese Welt für viele eine Traumwelt hinter der Bühne. Über die Show können wir zeigen: Es ist zwar eine magische Welt, aber man kann darin wirklich erfolgreich sein. Junge Menschen, die Interesse an dem Job haben, können sehen: Du kannst alles erreichen, was du erreichen möchtest, wenn du nur an dich glaubst. Mir wurden auf meinem Weg, den ich gehen wollte, so viele Steine in den Weg gelegt. Aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen - und siehe da: Jetzt bin ich Teil dieser Sendung und habe wahnsinnig viele neue Möglichkeiten! Ich hoffe sehr, dass die Sendung noch mehr junge Menschen erreichen wird.

Auch interessant

Kommentare