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Musical-Star aus „Aladdin“: Corona hat „gesamten Beruf infrage gestellt“

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Von: Franziska Schuster

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Das Musical „Aladdin“ ist ab 2. November wieder in Stuttgart zu sehen.
Das Musical „Aladdin“ ist ab 2. November wieder in Stuttgart zu sehen. Maximilian Mann (links) spielt darin den Flaschengeist Dschinni. © Stage Entertainment/Collage

Für viele Monate musste das Musical „Aladdin“ in Stuttgart pausieren. Das Coronavirus in Baden-Württemberg setzte der Kulturbranche enorm zu. Mit „Dschinni“-Darsteller Maximilian Mann sprach BW24 darüber, wie es ihm und seinen Kollegen in der Krise ergangen ist.

Stuttgart - Einmal an der Wunderlampe reiben und schon ist Dschinni zur Stelle: Der Flaschengeist aus dem Musical „Aladdin“ wird in Stuttgart von Schauspieler und Musical-Darsteller Maximilian Mann verkörpert. Drei Wünsche hat der Meister des Dschinnis frei. Ein Wunsch hat sich für Maximilian Mann endlich erfüllt: Nach einer langen Zwangspause durch Corona kehrt das Musical am 2. November in die Landeshauptstadt Stuttgart ins Stage Apollo Theater zurück.

Denn als das Coronavirus in Baden-Württemberg ankam, bedeutete das auch das vorübergehende Ende für das Musical „Aladdin“. Für Maximilian Mann und seine Kollegen ein harter Schlag. Erst wollte das Theater zunächst für etwa sechs Wochen seine Tore schließen. Als das Infektionsgeschehen immer schlimmer wurde, blieb es ganz zu. „Für vier bis sechs Wochen hätten wir es noch gut geschafft, die Zeit zu überbrücken. In diesem Zeitraum wäre das Wissen über die Show auch noch so dagewesen, dass wir innerhalb von zwei bis drei Tagen wieder auf die Bühne gekonnt hätten. Das ist jetzt nach eineinhalb Jahren natürlich anders“, sagt der Muscial-Darsteller.

Corona-Lockdown lässt in Kunst und Kultur Einkommen wegbrechen

Je länger der Lockdown anhielt, desto schwieriger wurde die Lage auch für die Schauspieler. Nahezu weltweit fielen wegen der Coronapandemie in Theatern, Kinos, Konzerthäusern und Veranstaltungsräumen die Vorhänge. Darsteller, Bühnenbildner oder auch Tontechniker sahen sich finanziell am Limit. Das hat viele in der Branche zum Umdenken bewegt, ist sich Maximilian Mann sicher. In seinem Freundes- und Kollegenkreis sind viele durch den Lockdown an ein Existenzminimum gekommen. Plötzlich brach ihre einzige Einkommensquelle weg. „Vielen ist schlagartig bewusst geworden, dass die Position der Kunst und Kultur gar nicht so gefestigt ist, wie wir das erhofft hatten“, erzählt Maximilian Mann.

In Deutschland wurden Theater von den Kommunen und den Landesregierungen finanziell unterstützt. Wer an einem städtischen Schauspielhaus in der Coronazeit fest angestellt war, war zwar in den meisten Fällen in Kurzarbeit, musste aber zumindest keine Arbeitslosigkeit anmelden. Anders erging es jedoch Privattheatern und Selbstständigen in der Branche. Viele Soloselbständige konnten von den Hilfsmaßnahmen des Bundes lange nicht profitieren. Der Grund: Sie waren nicht im Haupterwerb selbständig, sondern projektbezogen engagiert. Wegen zu kurzer Beschäftigungszeiten hatten sie außerdem keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld. Erst im Februar 2021 rief die Bundesregierung eine sogenannte „Neustarthilfe für Soloselbstständige“ ins Leben.

Corona-Pandemie in der Kultur: Regierung handelte „viel zu spät“, kritisiert der Musical-Darsteller

„Viel zu spät“, findet Maximilian Mann. Denn ein großer Teil seiner Kollegen stand vor dem nichts. „Uns wurde immer gesagt: Wenn du einen Plan B hast, stehst du nicht richtig hinter Plan A. Durch Corona kam ich in eine Position, in der ich mich gefragt habe: Was, wenn das so weiter läuft?“, so Mann weiter.

Der gebürtige Niedersachse hatte zum Glück einen Plan B: Schon vor einigen Jahren absolvierte er eine Ausbildung zum Fitnesstrainer. „Ich war in der luxuriösen Position, dass ich ein Einkommen hatte und meine Zeit frei gestalten konnte. Da kann man sich dann sagen, es wird eine Zeit nach Corona geben - wo kann ich dann beruflich noch hin ausweichen? Unser Beruf ist schon extrem anstrengend, sowohl physisch als auch psychisch. Ich kann mir vorstellen, dass viele auch hinterfragen, ob sie diesen Beruf noch machen wollen. Und vor allem: Wie lange sie diesem Beruf überhaupt noch nachgehen können“, so der Schauspieler.

Lockdown in der Kultur: „Wenn der gesamte Beruf infrage gestellt wird - das ist hart“

Auf die Arbeitslosigkeit sei man als Künstler vorbereitet. „Es ist in unserer Branche völlig normal, dass es Phasen gibt, in denen wir mehrere Monate überbrücken müssen, in denen wir nicht so gefragt sind. Was das betrifft, war ich immer sehr glücklich. Aber dass der gesamte Beruf infrage gestellt wird - das ist hart.“

Mehr Unterstützung hätte sich Maximilian Mann für seine Branche auch vom Staat gewünscht - wenn auch nicht unbedingt für die Darsteller. Er selbst sei in der glücklichen Position gewesen, bei „Stage Entertainment“ angestellt zu sein. Die Produktionsfirma mit Sitz in Hamburg hatte während der Coronapandemie für viele Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet, auch für die Darsteller des Aladdin-Musicals. Anderen in der Branche erging es deutlich schlimmer. „Für Solo-Selbstständige oder kleine Angestellte, wie zum Beispiel Tontechniker, hätte viel früher viel mehr getan werden müssen“, findet Maximilian Mann. „Die Raster sind so porös gebaut worden, dass bis heute sehr viele durchgefallen sind.“

Arbeitslosengeld zu beantragen, kam für viele nicht infrage. „Das ist natürlich nicht nur etwas, das man grundsätzlich nicht möchte. Für viele reicht Harz-IV zum Leben auch nicht. Und nach zehn oder 25 Jahren in diesem Beruf unverschuldet dort hineingeschoben zu werden, ist einfach nicht fair“, sagt Maximilian Mann.

Die Zeit nach Corona: Die Pandemie dürfte Nachwirkungen auf die Branche haben

Auch wenn nun immer mehr öffnet und sich die Musical-Darsteller darauf freuen, bald wieder auf der Bühne zu stehen - Corona wird die Branche wohl auch noch weiter begleiten. Maximilian Mann ist sich sicher: Die Nachwirkungen der Pandemie werden noch lange zu spüren sein. „Ich denke, dass es sich viele nochmal überlegen, in die Branche zurückzukehren. Einige haben auch den Zeitpunkt gewählt, um aus der Branche auszusteigen“, erzählt er. Auch wenn stetig neue Talente nachkommen, glaubt er, dass sich viele seit des Lockdowns scheuen, den Beruf überhaupt zu ergreifen. Oder überhaupt zurückzukehren. „Der Schritt weg von der Schauspielerei fällt vielen seit Corona leichter“, so Mann. „Ich bin sehr gespannt, wie die Rückkehr für uns alle in diesen Beruf und für das ganze Business sein wird.“

Momentan aber fiebert Maximilian Mann vor allem der Premiere des Aladdin-Musicals am 2. November in Stuttgart entgegen. „Ich freue mich am meisten auf das Publikum, auf echte menschliche Reaktionen“, erzählt er. Doch vor einer Sache fürchtet sich der Dschinni-Darsteller dann doch: Die Haare müssen für die Rolle wieder ab. „Das wird wieder sehr schwer werden“, sagt er und lacht.

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