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Bosch: Mitarbeiter in China arbeiten trotz Lockdown - „schlafen im Werk“ auf Feldbetten

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Von: Julian Baumann

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Männer in Schutzkleidung desinfizieren den Bürgersteig in der chinesischen Metropole Xi‘an. Dort herrscht aufgrund eines Corona-Ausbruchs ein strikter Lockdown.
In der chinesischen Millionenstadt Xi‘an gelten seit fünf Tagen strikte Ausgangssperren. Führungskräfte eines ansässigen Bosch-Werkes müssen in der Fabrik übernachten. © IMAGO / VCG

Der Stuttgarter Autozulieferer Bosch hat Standorte auf der ganzen Welt. In China müssen Mitarbeiter und Führungskräfte wegen eines Lockdowns im Werk schlafen.

Stuttgart/Xi‘an - Das Coronavirus hat noch immer die gesamte Welt im Griff und sorgt in vielen Ländern für erhebliche Einschränkungen. Auch in China, dem Land, in welchem Sars-CoV-2 erstmals nachgewiesen wurde, ist die Krise noch nicht bewältigt. In der Millionenstadt Xi‘an im Zentrum des Landes wurde ein coronabedingter Lockdown ausgerufen. Das beeinträchtigt nicht nur die Lieferketten massiv, sondern auch mehrere europäische und deutsche Unternehmen, die dort Standorte haben. Ein Werk des weltgrößten Autozulieferers Bosch mit Hauptsitz in Stuttgart ist ebenfalls betroffen.

Aufgrund eines massiven Corona-Ausbruchs wurde die chinesische Metropole Xi‘an am Donnerstag, dem 23. Dezember, nahezu vollständig abgeriegelt. Laut dem Handelsblatt sind seitdem auch die Verkehrsanbindungen in der Stadt mit rund 14 Millionen Einwohnern unterbrochen. Wie lang der derzeitige Lockdown andauern wird, ist noch nicht abzusehen. Mehrere deutsche Unternehmen haben Standorte in der Stadt, darunter auch Großkonzerne wie Bosch und Siemens. Während manche Unternehmen aufgrund des Lockdowns und der strikten Ausgangssperre ihre Produktion vollständig unterbrechen mussten, kann das Bosch-Joint-Venture UAES weiter produzieren. Dafür müssen Mitarbeiter und Führungskräfte allerdings im Werk ausharren.

Bosch-Werk in China-Metropole: Stadt abgeriegelt, Führungskräfte schlafen im Werk

Dass Bosch als weltgrößter Automobilzulieferer mehrere Standorte in China unterhält, ist wenig verwunderlich. Schließlich ist das Reich der Mitte auch für die großen deutschen Autobauer seit langem der wichtigste Absatzmarkt. Der Stuttgarter Hersteller Mercedes-Benz hat sich gerade massiv von Anteilen an einer E-Auto-Marke verabschiedet, die zum Ladenhüter wurde. Der schwäbische Traditionskonzern hatte die Marke Denza in Kooperation mit dem chinesischen E-Autobauer BYD ins Leben gerufen. BYD hat ebenfalls ein Werk in der aktuell abgeriegelten Millionenstadt Xi‘an.

In den vergangenen Monaten kam es in der weltweiten Autoindustrie zu erheblichen Lieferengpässen von Halbleiterkomponenten. Die Chipkrise ist auch aktuell nicht überwunden. Der neue Bosch-Chef warnte sogar davor, dass ein andauernder Chipmangel bedeuten kann, „dass ganze Autos nicht mehr gebaut werden.“ Aufgrund des Lockdowns in Xi‘an könnte die Lieferkette weiter erheblich gestört werden. Bosch konnte die Produktion der Fahrzeugkomponenten am Standort jedoch aufrechterhalten, indem man Feldbetten für die Mitarbeiter im Werk aufstellte, berichtet das Handelsblatt. „Wir haben unsere Meetingräume in Schlafsäle verwandelt“, sagte Werkleiter Aytekin Bozkan. „Die meisten Führungskräfte schlafen im Werk.“

Die Mitarbeiter der Produktionsreihen wurden dagegen in einem nahegelegenen Hotel untergebracht. Dieses sei mit dem Bosch-Werk in einer sogenannten „Quarantäneblase“ verbunden. Demnach gilt eine Quarantäne sowohl für das Werk als auch für das Hotel. Man könne zwar jederzeit nach Hause, sagte Werksleiter Bozkan, jedoch gebe es dann keinen Weg zurück in die „Blase“.

Bosch-Werk im Lockdown: „Jeder Lkw, der Xi’an verlässt, braucht eine Sondergenehmigung“

In der chinesischen Metropole Xi‘an haben mehr als 20 deutsche Unternehmen einen Standort. Wie sehr sie vom Lockdown und der Abriegelung der Stadt betroffen sind, variiert, sagte Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in China (AHK) dem Handelsblatt. Er gehe davon aus, dass die Betriebe in der Stadt zwei Jahre nach dem ersten Ausbruch besser vorbereitet sind. Die aktuelle Lage wird dennoch erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten haben. „Noch werden die Unternehmen Teile auf Lager haben, allerdings wird es sicher Beeinträchtigungen durch die Logistik geben“, so Hildebrandt.

Das bekommt derzeit auch das Bosch-Werk in der chinesischen Metropole zu spüren. Bislang würden zwar noch Teile von außen geliefert, „aber jeder Lkw, der Xi’an verlässt, braucht eine Sondergenehmigung“, sagte Werkleiter Bozkan. Seit dem Beginn des Lockdowns in Xi‘an habe es im Werk aber keine Schichtausfälle gegeben und keine Lieferung wurde verpasst. Das führt der Werkleiter auch auf die Erfahrungen des Teams aus dem ersten großen Lockdown Anfang 2020 zurück.

Da die Anzahl der Corona-Infektionen in der Stadt auch nach fünf Tagen Lockdown weiter steigen, ist kein Ende der Maßnahmen abzusehen. Bosch-Manager Bozkan glaubt, dass frühestens mit ersten Lockerungen gerechnet werden könne, wenn es mindestens zwei Wochen lang keine Infektionen mehr in Xi‘an gegeben habe.

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