Bosch: Gekündigter Ingenieur wehrt sich - „wurde wegen Kritik unter Druck gesetzt“

Gegen den ehemaligen Ingenieur und Betriebsrat bei Bosch, Karsten vom Bruch, läuft ein Verfahren, das über seine Kündigung entscheidet. Er will dennoch wieder in den Betriebsrat.
Stuttgart - Seit fast vier Jahren liefert sich Karsten vom Bruch, ehemaliger Entwicklungsingenieur und Betriebsrat bei Bosch, eine juristische Auseinandersetzung mit dem Weltkonzern. Zweimal wurde ihm gekündigt, doch das wollte er nicht akzeptieren und klagte gegen seine Entlassung. Der aktuelle Status der zähen, juristischen Auseinandersetzung: Vom Bruch ist noch nicht rechtskräftig gekündigt. Das bedeutet: Ihm steht das passive Wahlrecht für den Betriebsrat zu. Nun strebt der frühere Ingenieur an, am Standort Feuerbach (Stuttgart) erneut bei der Betriebsratswahl 2022 zu kandidieren. Das gab er in einem Artikel auf dem Karriere-Netzwerk LinkedIn bekannt. Seine Entscheidung, trotz des derzeit laufenden Kündigungsschutzverfahrens zur Wahl anzutreten, stößt bei der Personalabteilung offenbar auf Ablehnung.
„Wie inzwischen hinreichend bekannt sein dürfte, bin ich derzeit in der vierten Amtszeit bereits gewähltes Mitglied des Bosch Betriebsrats in Stuttgart-Feuerbach“, schreibt vom Bruch in seiner Ankündigung. „Meine Kolleginnen und Kollegen hatten mich 2018, trotz ehrabschneidender Vorwürfe und einer fristlosen Kündigung, auf einen guten Platz gewählt.“ Mit 1.316 Stimmen belegte er Platz 28 von 39. Durch die Kündigung sowie eine nachgeschobene zweite Kündigung sei es ihm weder möglich, sein Wahlamt auszuüben, noch sich intern um eine „Klarstellung der falschen Vorwürfe“ zu kümmern.
Karsten vom Bruch: „Bin von Personen im Unternehmen unzulässig unter Druck gesetzt worden“
2018 wurde vom Bruch erstmals fristlos gekündigt, weil er eine Personalleiterin am Standort Feuerbach bedroht und eine Kantinen-Frau belästigt haben soll. Er selbst bestreitet die Vorwürfe und sagt, sie seien erfunden. „Bereits Jahre zuvor war ich, wegen offener, aber interner Kritik an den Realemissionen von Dieselfahrzeugen auf der Straße, von mehreren Personen im Unternehmen unzulässig unter Druck gesetzt worden“, schreibt Karsten vom Bruch in einem Beitrag auf LinkedIn. Dies sei mit Zeugenaussagen dokumentiert.
Im Dezember 2018 soll Karsten vom Bruch dann Teile von Prozessakten aus seinem ersten Verfahren verbreitet und an sieben bis acht Personen weitergeleitet haben - was ihm die zweite Kündigung einbrachte. Die Firma Bosch sieht seine Bekanntgabe der Prozessakten als Störung des Betriebsfriedens sowie als Verstoß gegen das Datenschutzrecht. Vom Bruch selbst sieht es als „ungeschickten Versuch“, sich um eine Klarstellung der Vorwürfe zu bemühen.
Bosch-Eklat: Karsten vom Bruch kämpft gegen seine zweite Kündigung
2018 bestätigte das Stuttgarter Arbeitsgericht vom Bruchs erste Kündigung - wurde dann 2020 aber vom Landesarbeitsgericht korrigiert. Das Landesarbeitsgericht argumentierte, vom Bruch hätte zunächst abgemahnt werden müssen und die Kündigung sei unwirksam. Nun kämpft er gegen seine zweite Kündigung. Anfang August 2021 hat das Arbeitsgericht in Stuttgart vom Bruchs Klage gegen seine zweite Kündigung abgewiesen. Vom Bruch ging in die Berufung - im ersten Quartal 2022 wird das Landesarbeitsgericht darüber entscheiden.
„Nun, vor der zweiten Wahl in Abwesenheit, will ich wieder in den persönlichen und gegebenenfalls auch vertraulichen Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen kommen“, so vom Bruch. „Darauf habe ich einen gesetzlichen Anspruch.“ Er fordert einen Zugriff auf betriebliche Medien wie Intranet, Bosch Connect und seinen E-Mail-Account sowie das Recht, Sitzungen und Betriebsversammlungen zu besuchen. Die Firma Bosch habe ihm lediglich für vierzehn Stunden pro Monat den Zugang zu einem Büroraum inklusive Computer-Arbeitsplatz mit Internetzugang bis zum Tag der Betriebsratswahl zugesagt.
Vom Bruch: „Mein Kontakt zu den Mitarbeitern ist von Bosch nicht gewünscht“
„Außerdem hatte ich erklärt, dass ich alle Möglichkeiten zur internen Kommunikation benötige, um nicht auf öffentliche Kanäle wie LinkedIn ausweichen zu müssen, um Kontakt zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufnehmen zu können“, erklärt vom Bruch. Dies sei „offensichtlich nicht gewünscht“. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung sagte er: „Je länger sich das hinzieht, desto weniger Zeit habe ich bis zur Wahl.“ Dabei gehe es ihm nicht nur darum, gewählt zu werden. Vielmehr wolle er weitere Kollegen zur Kandidatur motivieren. Wem eine neue Gesprächskultur bei Bosch wichtig sei, der müsse jetzt „mit ran“.
Laut der Stuttgarter Zeitung ist sich vom Bruch durchaus bewusst, dass er, falls das Urteil des Landesarbeitsgerichts Anfang 2022 gegen ihn ausfällt, er endgültig kein Bosch-Angestellter mehr wäre. Bis dahin wolle er aber uneingeschränkt Möglichkeit haben, sich auf die Wahl vorzubereiten. Jetzt soll sich ein Anwalt der IG Metall, der Bruch angehört, um eine außergerichtliche Lösung mit Bosch bemühen, so die StZ.