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Universitäten im Land überdenken Sicherheitskonzepte nach Amoklauf in Heidelberg

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Von: Julian Baumann

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Menschen legen vor einem Gebäude der Universität Blumen und Kerzen an den Wegesrand.
Nach dem Amoklauf in Heidelberg ist die Solidarität und Anteilnahme in der Hochschullandschaft groß. Die Universitäten in Baden-Württemberg verweisen auf Sicherheitskonzepte. © Uwe Anspach/dpa

Der Amoklauf an der Uni Heidelberg erschütterte ganz Deutschland. Die Hochschulen in Baden-Württemberg nehmen Anteil und verweisen auf Sicherheitskonzepte und Krisenpläne.

Stuttgart - Der Amoklauf an der Universität Heidelberg hat in ganz Deutschland für Bestürzung und Fassungslosigkeit gesorgt. Die Tragödie, bei der ein 18-jähriger Student der Hochschule bei einem Tutorium mit zwei Gewehren um sich schoss, beschäftigt noch immer die Polizei und die Medien weit über die Landesgrenzen hinaus. Der Täter hatte sich nach Polizeiangaben noch am Tatort selbst das Leben genommen, eine schwer verletzte Studentin verstarb nach einer Schussverletzung.

Nach dem tödlichen Angriff in Heidelberg dauern die Ermittlungen der Polizei vor Ort an. Die Anteilnahme nach dem Amoklauf an der Uni Heidelberg ist groß. An den anderen großen Universitäten des Landes geht der Studienalltag trotz Schocknachricht, Anteilnahme und erhöhter Alarmbereitschaft weiter. Am Dienstag (25. Januar) betraten wieder Studenten die Universitäten und Hochschulen in Baden-Württemberg, viele davon womöglich mit einem mulmigen Gefühl. BW24 hat bei den größten Universitäten Baden-Württembergs nachgefragt und herausgefunden, wie sie mit der derzeitigen Situation umgehen und welche Vorkehrungsmaßnahmen getroffen wurden.

Amoklauf in Heidelberg: Hohe Solidarität und Anteilnahme der Universitäten im Südwesten

Nach dem Amoklauf an der Universität Heidelberg ist in der Hochschullandschaft Baden-Württembergs ein starker Zusammenhalt und eine hohe Anteilnahme zu bemerken. „Die Universität Tübingen ist betroffen und trauert mit den Beschäftigten und Studierenden der Universität Heidelberg“, erklärte Antje Kerbe, Pressesprecherin der Universität Tübingen auf Anfrage von BW24. Die Gewalttat hat auch die Universität Freiburg zutiefst erschüttert. „Unsere Gedanken sind bei den Betroffenen, ihren Familien und Freunden“, erklärte die Rektorin Kerstin Krieglstein. „Solidarisch verbunden sind wir in der Anteilnahme ebenso mit allen Studierenden und Beschäftigten der Universität Heidelberg.“

Der Rektor der Stuttgarter Universität Hohenheim, Stephan Dabbert, sagte ebenfalls, man sei „fassungslos und zutiefst betroffen wegen des schrecklichen Vorfalls in Heidelberg. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen, aber auch bei allen Studierenden und Beschäftigten der Universität Heidelberg.“

Dass ein Mensch aus welchen Gründen auch immer plötzlich mit einer Waffe in die Schule, in eine Universität oder zur Arbeit kommt und das Feuer eröffnet, kann in den meisten Fällen leider nicht vorhergesagt werden. „Solche Amokereignisse sind nicht vorhersehbar und lassen sich nicht sicher verhindern“, erklärt auch Monika Landgraf vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf Anfrage von BW24. „Es handelt sich um furchtbare und relativ seltene Einzelfälle.“ Dennoch wurden an den Universitäten und Hochschulen bereits lange vor dem Amoklauf in Heidelberg entsprechende Krisenpläne erarbeitet, die nun möglicherweise nachjustiert werden.

Universitäten in Baden-Württemberg: Vorkehrungsmaßnahmen und Reaktionen nach dem Amoklauf

An den Hochschulen in Baden-Württemberg gibt es bereits umfassende Krisenpläne, um Studenten, Mitarbeitern und Besuchern entsprechend Schutz bieten zu können. „Unser ‚Arbeitskreis Sicherheit‘ überarbeitet unabhängig von dem Heidelberger Fall gerade unser Sicherheitskonzept mit Blick auf Bedrohungssituationen, darunter natürlich auch Amokläufe“, erklärt Linda Schädler, Pressesprecherin der Universität Mannheim. „Wir sind und bleiben jedoch als Uni grundsätzlich ein ‚offener Raum‘ – einen amerikanischen Campus wollen wir nicht nachmodellieren.“ Für Maßnahmen wie Taschendurchsuchungen fehle zudem allein schon die rechtliche Grundlage.

Auch die Universität Stuttgart verfügt über „einen mit allen hierfür notwendigen Stellen und Personen verabredeten Krisenplan, in dem minutiös und detailliert festgelegt ist, wer welche Maßnahmen zu unternehmen hat und welche Alarmsysteme aktiviert werden“, erklärt Pressesprecher Hans-Herwig Geyer gegenüber BW24. „Natürlich werden wir im Licht des schrecklichen Geschehens in Heidelberg überprüfen – wenn entsprechende Erkenntnisse vorliegen –, ob Nachjustierungen notwendig sind.“ Die Universität Hohenheim hat für den Fall der Fälle ebenfalls ein Sicherheitskonzept mit Alarmplänen für Notfälle. „Doch bei aller Trauer muss man betonen: Es gibt keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine allgemeine Bedrohungslage handelt und andere Universitäten auch betroffen sein könnten“, so Rektor Stephan Dabbert.

Sicherheitskonzepte an Hochschulen: „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es im Leben nicht“

Der Amoklauf an der Universität Heidelberg rief bei vielen auf erschreckende Weise wieder einen Vorfall aus dem Jahr 2009 ins Gedächtnis. Damals erschoss ein 17-jähriger Schüler in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) 15 Menschen und anschließend sich selbst. „Schon nach den tragischen Ereignissen in Winnenden hat die Universität Tübingen – wie vermutlich alle Hochschulen in Baden-Württemberg – nochmals ihre Sicherheitskonzepte überarbeitet und Maßnahmen ergriffen, um sich auf Ausnahmesituationen dieser Art vorzubereiten“, so Antje Karbe. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es im Leben nicht, das haben die Ereignisse von Heidelberg wieder bewusst gemacht.“

Obwohl die Universitäten in Baden-Württemberg umfassende Krisenpläne und Sicherheitskonzepte entwickelt haben, ist eine Gewalttat wie die in Heidelberg nicht vollkommen auszuschließen. „Krisenpläne können leider nicht verhindern, dass solche schrecklichen Vorfälle passieren“, sagt auch Hans-Herwig Geyer von der Universität Stuttgart. „Die Universitäten sind Räume der freien wissenschaftlichen Begegnung – und werden dies auch künftig bleiben.“

Eben diese freien Räume der Begegnung, der Wissenschaft und des Zusammentreffens betonen die Hochschulen besonders. „Wir wollen und werden auch künftig eine offene Universität bleiben – ein Ort, an dem sich Menschen frei begegnen können“, betont der Rektor der Universität Hohenheim. „Getroffen wurde durch die Gewalttat auch ein universitärer Ort des menschlichen Austauschs, Lehrens und Lernens. Diese Orte leben von ihrer Offenheit“, sagt die Rektorin der Universität Freiburg. „Und in dieser Offenheit waren sie immer unerschütterlich und werden es auch immer sein.“

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