Mediziner bewerten Tests zur Unverträglichkeit aus dem Internet – wie sinnvoll sind sie eigentlich?
Sie glauben, an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu leiden? Um das zu prüfen, kann man sich Selbsttests im Internet bestellen. Doch wie aussagekräftig sind diese Kits?
Blähungen, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Übelkeit: Werden bestimmte Lebensmittel nicht vertragen, reagiert der Körper gegen bestimmte Bestandteile der Nahrung. Weit verbreitet ist etwa die Laktose-Intoleranz. Betroffenen fehlt es am Enzym Laktase, das Milchzucker verwertet. Infolge kommt es zu Verdauungsproblemen, wenn Menschen mit Laktose-Unverträglichkeit Produkte wie Milch oder Käse konsumieren. Doch auch eine ganze Reihe weiterer Unverträglichkeiten kann hinter Verdauungsproblemen stecken, dazu zählen:
Wer denkt, an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu leiden, sollte zuerst seinen behandelnden Hausarzt darauf ansprechen. Dieser wird Ihnen eine Überweisung zum Gastroenterologen oder Internisten ausstellen. Dieser hat die Möglichkeit, mithilfe diverser Tests herauszufinden, ob und auf welche Nahrungsmittel Sie reagieren. Blut-, Urin- und Wasserstoff-Atemtest werden eingesetzt, um eine Diagnose zu stellen.

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Selbsttests auf Nahrungsmittelunverträglichkeit: „Von Selbsttest aus dem Internet rate ich generell ab“
Doch auch der Selbsttest-Markt gibt so einiges her. Mit Slogans wie „Lebensmittelunverträglichkeit jetzt einfach zu Hause testen“ preisen Test-Anbieter ihre Produkte an. Doch wie sinnvoll ist eine Testung ganz ohne ärztliches Mitwirken? „Von Selbsttest aus dem Internet rate ich generell ab“, warnt Hans-Michael Mühlenfeld, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Hausärzteverbands Bremen. „Ebenso sinnlos ist es, testweise einen Liter Milch auf leeren Magen zu trinken. Auch eine Person ohne Laktoseintoleranz bekommt davon Durchfall“, zitiert das offizielle Hauptstadtportal berlin.de Ökotrophologin Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB).
Auch Thilo Jakob, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Justus-Liebig-Universität Gießen, rät eindringlich von Selbsttests aus dem Internet ab. Zu ihm in die Klinik kämen immer wieder Patienten, die 200 bis 400 Euro für derartige Testungen ausgegeben haben, informiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es fehlt jede wissenschaftliche Evidenz“, so Jakob: „Und es werden zum Teil abstruse Ernährungsempfehlungen gegeben, wie zum Beispiel Milch, Protein und Getreide insgesamt wegzulassen: Da bleibt ja nicht mehr viel übrig.“
Wie funktionieren Selbsttests auf Nahrungsunverträglichkeiten?
In den Finger piksen, einige Tropfen Blut zur Untersuchung einsenden und im Anschluss eine Liste mit Lebensmitteln zugesandt bekommen, die man alle angeblich nicht verträgt: So läuft ein Selbsttest auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten in der Regel ab. Bei den Selbsttests handelt es sich also um Bluttests, die das Blut auf bestimmte Antikörper hin testen – die Immunglobuline G (IgG). Diese werden gebildet, wenn der Körper gegen eine Substanz im Körper reagiert. Finden sich IgG gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel im Blut, bedeute das, dass man es nicht verträgt, behaupten die Anbieter der Tests. Das allerdings ist Unsinn, zitiert die Hannoversche Allgemeine Thilo Jakob: „Es ist ganz normal, dass wir Antikörper gegen Nahrungsmittel im Blut haben, das heißt einfach nur, dass wir diese zu uns genommen haben. Aber offenbar lässt sich mit solchen Tests gutes Geld verdienen.“
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