Alles rund um laktosefreie Milch: Wie wird sie hergestellt und für wen ist sie geeignet?
Immer mehr Menschen konsumieren laktosefreie Milch. Dahinter steckt der Glaube, dass diese gesünder als normale Kuhmilch sei. Doch ist ein Verzicht wirklich immer notwendig?
Die Beliebtheit von laktosefreien Milchprodukten hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Im Supermarktregal findet man mittlerweile ein breites Angebot an Milch, Joghurt, Quark oder Käse, die laktosefrei sind. Aber auch Kekse, Schokoaufstrich und Co. gibt es wahlweise ohne Laktose zu kaufen. Die meisten Verbraucher greifen ihrer Gesundheit zuliebe zu den Ersatzprodukten. Angesichts des Hypes stellt sich aber die Frage: Für wen ist laktosefreie Milch wirklich geeignet?
Laktoseintoleranz: Das steckt hinter der Milchzuckerunverträglichkeit
Laktose ist eine Zuckerart, die natürlicherweise in Milchprodukten enthalten ist. Die meisten Menschen können Laktose mithilfe des Enzyms Laktase in kleinere Bestandteile aufspalten. Fehlt das Enzym oder besteht ein Mangel an Laktase, dann kann der Milchzucker nicht richtig verdaut werden. Laktose gelangt ungespalten in den Dickdarm, wo es von Darmbakterien vergoren wird. Dabei entstehen Gase wie Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff, die zu unangenehmen Beschwerden führen wie Krämpfen, Blähungen und Durchfall. Die Symptome können bis zu 24 Stunden nach dem Verzehr anhalten. Teilweise leiden Betroffene außerdem an Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel. Aus medizinischer Sicht spricht man von einer Laktoseintoleranz.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) leiden 15 bis 20 Prozent der Menschen in Deutschland an einer Milchzuckerunverträglichkeit. In Afrika sind sogar 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung davon betroffen, während es in Skandinavien nur rund 10 Prozent sind. Genetik und Herkunft spielen also eine entscheidende Rolle. Die Diagnose wird mithilfe eines Atemtests beim Arzt gestellt.
Laktoseintolerante Menschen können auf Alternativprodukte zurückgreifen, um nicht auf ihre heißgeliebte Milch im Kaffee verzichten zu müssen. Die besagten Lebensmittel sorgen dafür, dass trotz Unverträglichkeit wenig Lebensqualität verloren geht und Milchprodukte ohne unangenehme Beschwerden genossen werden können. Laktosefreie Milch wird auf verschiedene Weise behandelt, um den Laktosegehalt zu reduzieren oder zu eliminieren, was die Verdauung erleichtert.
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Wie wird laktosefreie Milch hergestellt?
Es gibt verschiedene Verfahren zur Herstellung von laktosefreier Milch. Üblicherweise wird die enzymatische Hydrolyse eingesetzt. Dabei wird der Milchzucker in kleinere Moleküle aufzuspalten, die von Menschen mit Laktoseintoleranz leichter vertragen werden können. Zunächst wird der Milch das Enzym Laktase hinzugefügt, das aus Schimmelpilzen (Aspergillus) oder Hefen (Kluyveromyces) gewonnen wird. Anschließend wird Laktose in die Bestandteile Glucose und Galactose aufgespaltet. Diese beiden Einfachzucker sind einfacher zu verdauen als Laktose und können im Darm absorbiert werden. Durch das Erhitzen der Milch wird die Laktase deaktiviert, während die Milch zugleich pasteurisiert wird.
Die Filtration ist ein weiteres Verfahren, das zur Herstellung von laktosefreier Milch verwendet wird. Dabei wird die Milch durch eine spezielle Membran gepresst, die Laktose und andere große Moleküle wie Proteine zurückhält. Durch diesen Prozess wird ein Konzentrat hergestellt, das einen höheren Proteingehalt und einen geringeren Laktosegehalt hat. Das Gemisch wird dann mit Wasser verdünnt, um den Laktosegehalt auf das gewünschte Niveau zu senken und den ursprünglichen Milchgeschmack wiederherzustellen. Anschließend wird das Produkt pasteurisiert, um es haltbar zu machen.
Die Wahl des Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Verfügbarkeit von Enzymen, der Art des Milchprodukts und den spezifischen Anforderungen des Herstellers. Aus der laktosefreien Milch können anschließend weitere Lebensmittel wie Käse, Sahne oder Quark hergestellt werden. Der Nährstoffgehalt von laktosefreier Milch unterscheidet sich nicht von normaler Kuhmilch. Einzig der Geschmack ist etwas süßer.
Sind laktosefreie Produkte für jeden sinnvoll?
Statistiken zeigen, dass laktosefreie Produkte im Trend sind. Laut dem Marktforschungsunternehmens Nielsen stieg der Umsatz dieser Lebensmittel von 2020 bis 2021 um 18 Prozent. 2018 konsumierten lediglich 0,37 Millionen Personen in Deutschland täglich laktosefreie Produkte – 2021 waren es bereits 0,77 Millionen.
Eine Umfrage von Splendid Research aus dem Jahr 2020 ging der Ursache für die Beliebtheit laktosefreier Produkte auf den Grund. Rund 55 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen normale Milchprodukte schlecht bekömmlich seien und sie aus diesem Grund zu den angebotenen Alternativen greifen. Allerdings wurde nur bei 21 Prozent eine Laktoseunverträglichkeit nachgewiesen. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem Befund der Gesellschaft für Konsumforschung, die feststellte, dass 80 Prozent der Käufer von laktosefreien Produkten gar keine ärztlich diagnostizierte Milchzuckerunverträglichkeit haben.
Grundsätzlich gilt: Laktosefreie Produkte werden speziell für Menschen mit einer nachgewiesenen Nahrungsmittelintoleranz hergestellt. Für Menschen, die keine Laktoseunverträglichkeit haben, ist der Verzehr dieser Spezialprodukte nicht notwendig. Laktosefreie Milch enthält in der Regel dieselben Nährstoffe wie normale Milch, da einzig das Enzym Laktase hinzugefügt wird. Sowohl normale Kuhmilch als auch die laktosefreie Variante versorgen den Körper mit wertvollen Proteinen und Nährstoffen wie Vitamin B6, B12, D und A bis hin zu Calcium, Magnesium und Jod.
Vorsicht: Laktosefreie Labels sind oft unnötig
Inzwischen werden immer mehr Produkte im Supermarkt als laktosefrei beworben. Es gilt jedoch zu beachten, dass diese Spezialprodukte preislich deutlich höher angesetzt sind. Wer keine diagnostizierte Laktoseintoleranz hat, sollte das im Hinterkopf behalten. „Viele laktosefreie Waren sind nicht nur überteuert, sondern in vielen Fällen ist die Kennzeichnung überflüssig“, sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
Viele Milchprodukte enthalten nämlich von Natur aus nur wenig Milchzucker. Dazu gehört beispielsweise Butter: Im Schnitt stecken nur 0,6 Gramm Laktose in 100 Gramm Butter. Da üblicherweise nur kleine Mengen gegessen werden, kann das Streichfett meist ohne Beschwerden genossen werden. Auch Hart- und Schnittkäse wie Emmentaler, Gouda, Edamer und Parmesan ist quasi laktosefrei. Feta, Gorgonzola und Camembert enthalten ebenfalls wenig Laktose. Hier gilt: Je länger der Käse gereift ist, desto weniger Milchzucker enthält er. Während des Reifeprozesses wird die Laktose nämlich nach und nach abgebaut. Selbst Menschen mit einer Nahrungsmittelintoleranz vertragen diese Produkte in der Regel gut. Käsesorten, die speziell als laktosefrei ausgezeichnet werden, kosten allerdings oft doppelt so viel im Supermarkt.
Viele Lebensmittel wie Müsli oder Wurst werden außerdem mit dem Verweis „laktosefrei“ gekennzeichnet, obwohl sie von Natur aus ohne Milchzucker auskommen. Es lohnt sich also für Verbraucher, die Zutatenliste anderer Marken derselben Produktkategorie zu überprüfen.
Ein kompletter Verzicht muss nicht sein
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung werden auch Sauermilchprodukte wie Joghurt oder Kefir meist gut vertragen, solange sie nicht wärmebehandelt wurden. Naturjoghurts enthalten Milchsäurebakterien, die Laktose weitgehend abbauen. Auch Käsesorten aus Sauermilch wie Harzer, Handkäse oder Graukäse sind gut bekömmlich. Bei Fruchtjoghurts sollten laktoseintolerante Menschen dagegen vorsichtig sein: Sie werden bei der Produktion meist hocherhitzt, wodurch die natürlich vorkommenden Bakterien abgebaut werden.
Da die Toleranzgrenze von Person zu Person unterschiedlich ist, sollten Betroffene selbst testen, in welchen Mengen sie normale Milchprodukte vertragen. Während manche Menschen gesundheitlich davon profitieren, die teureren laktosefreien Lebensmitteln zu essen, macht der Konsum dieser Produkte für andere nur bedingt Sinn.
Pflanzliche Alternativen zu Milchprodukten
Wer sein geschmackliches Repertoire ausweiten will, kann außerdem zu pflanzlichen Ersatzprodukten greifen. In den letzten Jahren hat die Vegan-Industrie einen wahren Boom erlebt. Inzwischen gibt es längst nicht nur Milch, sondern auch Käse, Sahne, Butter oder Eis als vegane Variante. Gerade für Menschen mit einer Laktoseintoleranz ist die Einführung dieser neuen Lebensmittel aufregend, da sie aufgrund ihrer Unverträglichkeit in der Auswahl eingeschränkt sind. Ob Mandel, Soja, Hafer oder Hanf: Verbraucher haben die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Pflanzendrinks, die garantiert pflanzlich und laktosefrei sind.
Der Geschmack unterscheidet sich dabei je nach Sorte. Mandelmilch schmeckt beispielsweise leicht süßlich und hat teilweise einen Marzipangeschmack. Hanfmilch hat dagegen ein nussiges Aroma. Beim Kauf gilt zu beachten, dass einige Pflanzendrinks gesüßt sind und Zusatzstoffe enthalten können. Am besten sollte die Zutatenliste genau überprüft werden, um sicherzustellen, dass keine übermäßigen Mengen an Zucker enthalten sind. Das gleiche Prinzip gilt bei veganen Milchprodukten wie Käse. Hier variiert die Qualität je nachdem, welche Inhaltsstoffe enthalten sind. Am besten greifen Verbraucher zu Produkten, die auf vollwertigen Lebensmitteln wie Nüssen beruhen.