Rekrutiert Russland Kriminelle aus Verzweiflung? Putin unterzeichnet neues Gesetz zur Mobilisierung

Moskau-Machthaber Wladimir Putin will im Ukraine-Krieg angeblich durch ein neues Gesetz verurteilte Straftäter als Rekruten für Russlands Armee einsetzen. Die Verluste sind offenbar weiter hoch.
München/Moskau — Russlands Präsident Wladimir Putin hat im Ukraine-Krieg die nächste Behauptung aufgestellt. So habe der Kreml bei der Rekrutierung neuer Soldaten sein Ziel von 300.000 übertroffen und darüber hinaus 18.000 weitere junge Männer mobilisiert.
Unabhängig überprüfen lässt sich die Angabe, wonach die Teilmobilisierung angeblich einen großen Erfolg erzielt hat, nicht. Eigentlich sollte die Mobilisierung längst abgeschlossen sein. So wurde dies auch vom Kreml bekanntgegeben. Doch im Hintergrund wird sie offenbar fortgesetzt.
Ukraine-Krieg: Wladimir Putin unterzeichnet neues Gesetz zur Mobilisierung von Rekruten
Wie der US-amerikanische Sender CNN berichtet, hat Putin nun ein Gesetz unterzeichnet, um Bürger mit „ungeklärten oder ausstehenden Verurteilungen wegen Mordes, Raubes, Diebstahls, Drogenhandels und anderer schwerer Verbrechen“ zum Militärdienst einzuberufen.
Damit sei es möglich, theoretisch Hunderttausende zu Bewährungsstrafen verurteilte oder kürzlich aus Gefängnissen entlassene Personen für die russische Armee zu mobilisieren. Zuvor sei nach dem russischen Strafgesetzbuch verurteilten Straftätern der Militärdienst verboten gewesen, heißt es in dem Bericht weiter.
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Als einzige Gruppe mutmaßlicher Krimineller, seien diejenigen von dem Dekret ausgenommen, „die Sexualverbrechen gegen Minderjährige, Landesverrat, Spionage oder Terrorismus begangen“ hätten, schreibt CNN. Ferner betreffe dies verurteilte Straftäter, „die wegen versuchter Ermordung eines Regierungsbeamten, Flugzeugentführung, extremistischer Aktivitäten und illegalem Umgang mit nuklearem Material sowie radioaktiven Stoffen verurteilt wurden“.
Teilmobilisierung: Lässt Wladimir Putin Hunderttausende junger Männer rekrutieren?
Dass derzeit tatsächlich viele junge Männer rekrutiert werden, glaubt ein Osteuropa-Experte. So würden laut Sergej Sumlenny von der Heinrich-Böll-Stiftung Recherchen von Datenwissenschaftlern zeigen, dass die Zahl von Trauungen zuletzt stark gestiegen sei. „In den letzten drei Monaten gab es 500.000 zusätzliche Eheschließungen in Russland. Wenn die Soldaten im Krieg sterben, bekommen die hinterbliebenen Ehefrauen nämlich Entschädigungszahlungen“, erklärte Sumlenny der Bild. Der Experte leitete das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew zwischen 2015 und 2021.
Putin versucht, Zeit zu kaufen. Diese Zeit bezahlt er mit dem Leben seiner Untertanen.
Damit nicht genug: „Berichte über gefallene Soldaten in russischen Lokalmedien deuten darauf hin, dass die Lebenserwartung der Einberufenen bei ein bis zwei Wochen liegt. Die Lokalzeitungen schreiben nämlich das Einberufungsdatum und das Todesdatum in ihren Berichten über die Soldaten. Da steht dann z. B. ‚Einberufen am: 20. September, gefallen am: 1. Oktober‘“, erzählte Russland-Experte Sumlenny weiter. Solche Fälle gebe es reichlich, schilderte er demnach.
Wladimir Putin: Moskau-Machthaber kann Teilmobilisierung in Russland steuern
Der Experte meint: „Putin versucht, Zeit zu kaufen. Diese Zeit bezahlt er mit dem Leben seiner Untertanen. Wenn er die Offensive der Ukraine nicht mit tausenden Leichen verlangsamt, verliert er seine südliche Flanke. Putin schickt die einberufenen Soldaten direkt in den Tod.“ Die Teilmobilisierung junger Männer endet laut CNN erst, wenn der russische Präsident ein offizielles Dekret dazu unterzeichnet. Dies sei bislang nicht passiert. (pm)