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Nord-Stream-Explosionen: Neue Spur führt auf die Ostseeinsel Rügen

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Von: Florian Naumann, Nail Akkoyun, Andreas Schmid, Franziska Schwarz

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Recherchen zeigen, dass die Nord-Stream-Pipelines von einer kleinen Gruppe gesprengt wurden. Wer genau dahintersteckt, ist noch ungewiss.

Update vom 9. März, 20.40 Uhr: Im Fall um die Sabotage bei der Nord Stream-Pipeline führt nun eine neue Spur nach Rügen. Nach Angaben der ARD, SWR und Zeit, hat offenbar eine Gruppe aus sechs Personen die 15-Meter-Jacht mit dem Namen „Andromeda“ über eine Charterfirma auf der Ostsee-Insel Rügen angemietet und damit den Sprengstoff zu den Pipelines transportiert. Demnach hatten zwei der sechs Personen ukrainische Pässe, wobei sich aber keine Verbindung zu staatlichen Stellen der Ukraine herstellen lasse.

Einer der Betreiber des Jachthafens in Wiek auf Rügen sagte der Deutschen Presse-Agentur, Ermittler des BKA hätten seine Kollegen zu Schiffsankünften im September befragt. Die Befragungen seien persönlich, postalisch und telefonisch erfolgt, er selbst sei persönlich nicht dabei gewesen, sagte René Redmann, der zu den Hafenbetreibern im Norden der Insel gehört. „Erkenntnisse, die wir zu diesem Zeitpunkt zu irgendwelchen Ankünften oder Nicht-Ankünften hatten, die haben wir sozusagen dem BKA mitgeteilt und mehr kann ich dazu weiter nicht sagen.“ Zu den Ankünften selbst wollte Redmann keine Angaben machen.

Nord Stream-Sabotage: Kreml blickt mit Skepsis auf neue Enthüllungen

Update vom 8. März, 15.15 Uhr: Der Kreml hat Berichte über eine angeblich private pro-ukrainische Gruppierung hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee als unglaubwürdig abgetan. „Was den pro-ukrainischen ‚Doktor Evil‘ betrifft, der das alles organisiert haben soll, so ist das schwer zu glauben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur Interfax. Solch eine Aufgabe könnten nur wenige Geheimdienste bewerkstelligen.

Peskow erneuerte seine Vorwürfe gegenüber den USA und Großbritannien. „Sie sehen, dass die Angelsachsen, über die wir von Anfang an geredet haben, geschäftig werden. Sie haben viele Unannehmlichkeiten in den Beziehungen mit den Deutschen wegen des Terroranschlags, das ist offensichtlich“, sagte der Vertraute von Präsident Wladimir Putin. Auch Außenminister Sergej Lawrow zog die Theorie in Zweifel. Es sei „peinlich“, dass die „unter Kontrolle stehenden westlichen Medien“ versuchten, die Schuld von eigenen Geheimdiensten auf einen ukrainischen Oligarchen abzuwälzen.

Wladimir Putin (r.) spricht mit Dmitri Peskow
Wladimir Putin (re.) und sein Sprecher Dmitri Peskow (Archivbild) © IMAGO / ITAR-TASS

Medwedew reagiert mit Tarantino-Vergleich auf Nord-Stream-Thesen - Auch Experte skeptisch

Update vom 8. März, 10.45 Uhr: Wladimir Putins Vertrauter Dmitri Medwedew hat auf neue Spekulationen über die Urheberschaft der Nord-Stream-Sabotage reagiert: Er feuerte wieder einmal eine sarkastische Tirade gen Westen - diesmal unter Rückgriff auf einen Tarantino-Film. Es handle sich um „ignorante US-Propaganda“, erklärte Medwedew laut der russischen Staatsagentur Tass unter anderem.

„Das müssen ‚Lone Rangers‘ gewesen sein, die gegen die verdammten Moskowiten kämpfen. Ein paar ‚Inglourious Basterds‘, die die Welt retten“, schrieb Medwedew dem Bericht zufolge auf Telegram. „Sie kamen und tauchten in die See, jagten zwei riesige Rohre auf dem Meeresboden in die Luft und verschwanden in den Sonnenuntergang. Unentdeckt. In einer See, voll von Nato-Schiffen und übersät mit internationalen Trackingen-Systemen.“

Putin selbst hatte in der Vergangenheit den Verdacht in Richtung USA gelenkt, der Kreml zweifelt demonstrativ an der These, eine pro-ukrainische Gruppe habe die Sabotage an der Gaspipeline verübt. Unabhängig davon scheint die Täterschaft weiter ungeklärt. Auch Experte Joachim Krause wies auf Anfrage des Münchner Merkur auf „erhebliche Widersprüche“ zwischen schwedischen Ermittlungsergebnissen und den neuen Recherchen der New York Times hin.

Update vom 8. März, 13.28 Uhr: Der Energiekonzern Eon kann sich eine Reparatur der Nord-Stream-1-Leitung vorstellen. Das sagte ein Sprecher des Konzerns nun der Rheinischen Post. Eon ist an Nord Stream 1 beteiligt. Man gehe davon aus, dass ein entsprechender Beschluss „im Shareholder Committee der Nord Stream AG getroffen werden würde“. In dem Gremium sei Eon über seine Minderheitsbeteiligung vertreten. Mehrheitsgesellschafter der Nord Stream AG ist der russische Staatskonzern Gazprom.

Nord-Stream-Spekulationen: Ukraine-Minister äußert sich - „nicht unser Tätigkeitsfeld“

Update vom 8. März, 11.41 Uhr: Nun hat sich auch der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow zu den neuen Nord-Stream-Spekulationen geäußert. Der Ukraine solch eine Sabotage zuzutrauen, sei „eine Art Kompliment“, wehrte er die Vorwürfe an sein Land ab. „Aber das ist nicht unser Tätigkeitsfeld“, stellte Resnikow am Rande eines informellen Treffens der EU-Verteidigungsminister in Schweden klar.

Auf die Frage, ob er befürchte, dass die Berichte einen negativen Einfluss auf die Unterstützung für sein Land haben könnten, sagte Resnikow: „Nein, ich bin nicht besorgt.“

Update vom 8. März, 11.35 Uhr: Neue Details der Bundesanwaltschaft zur Durchsuchung eines verdächtigen Schiffs: Sie fand demnach vom 18. bis 20. Januar statt. Ein Tatverdacht gegen Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, bestehe nicht. Weitere Auskünfte könnten derzeit nicht erteilt werden, hieß es.

Sprengungen von Nord-Stream-Pipelines: Bundesanwaltschaft ließ verdächtiges Schiff durchsuchen

Update vom 8. März, 11.03 Uhr: Bei ihren Ermittlungen zu den Nord-Stream-Explosionen hat die Bundesanwaltschaft im Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdacht, dass es zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte. Das teilte die Karlsruher Behörde nun auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Belastbare Aussagen zu Tätern, Motiven und einer staatlichen Steuerung könnten derzeit nicht getroffen werden.

Nord-Stream-Sprengung: Lawrow-Sprecherin reagiert mit neuen Vorwürfen

Update vom 8. März, 9.53 Uhr: Russland macht für die Nord-Stream-Anschläge die Geheimdienste der USA und Großbritanniens verantwortlich - Moskau hat die neuen Spekulationen über eine Beteiligung pro-ukrainischer Gruppen entsprechend kritisch aufgenommen. Solche Informationen würden von denjenigen gestreut, „die im Rechtsrahmen keine Untersuchungen führen wollen und versuchen, mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit des Publikums abzulenken“, schrieb Maria Sacharowa, die Sprecherin von Außenminister Sergej Lawrow, auf Telegram.

Sacharowa forderte, dass westliche Regierungen nun zu den russischen Anfragen offiziell Stellung nehmen und zumindest die Recherchen des US-Journalisten Seymour Hersh abarbeiten.

Nord-Stream-Sprengungen: Pistorius und Baerbock äußern sich zu Spekulationen

Update vom 8. März, 9.37 Uhr: „Wir müssen jetzt mal abwarten“: Verteidigungsminister Boris Pistorius hat zurückhaltend auf neue Nord-Stream-Spekulationen reagiert. Er nehme die Rechercheergebnisse mit großem Interesse zur Kenntnis, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk, schränkte aber ein: „Jetzt hypothetisch zu kommentieren, was wäre wenn, halte ich jetzt für nicht zielführend. Das muss geklärt werden.“

Außenministerin Annalena Baerbock teilt Pistorius‘ Meinung offenbar. „Natürlich verfolgen wir alle Berichte und auch alle Erkenntnisse, die es von unterschiedlichen Akteuren gibt, ganz, ganz intensiv“, sagte die Grünen-Politikerin bei ihrem Besuch in der irakischen Kurden-Hauptstadt Erbil auf eine entsprechende Journalistenfrage.

Nord-Stream-Spekulationen: Selenskyj-Berater spricht von „Verschwörungstheorien“

Update vom 8. März, 8.19 Uhr: Die Ukraine hat Berichte über eine mögliche Beteiligung an der Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines zurückgewiesen. Die Ukraine habe „nichts mit dem Vorfall in der Ostsee zu tun und hat keine Informationen über ‚pro-ukrainische Sabotagegruppen‘“, twitterte der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak am Dienstag (7. März).

„Obwohl ich ganz gerne unterhaltsame Verschwörungstheorien über die ukrainische Regierung höre, muss ich sagen: Kiew hat nichts mit der Sache zu tun“, übersetzte die Ukrainska Pravda (ins Englische) aus Podoljaks Tweet.

Die New York Times hatte zuvor berichtet, dass nach Erkenntnissen der US-Regierung eine pro-ukrainische Gruppe hinter dem Sprengstoffanschlag stecke. Hinweise auf eine Verwicklung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj oder seines engen Umfelds gebe es nicht.

Neue Geheimdienst-Infos zu Nord-Stream-Sprengung: Gruppe brach von Rostock auf

Erstmeldung vom 7. März: Washington, D.C./Bornholm – Wer ist für die Sprengung der Nordstreampipelines verantwortlich? Nach einem Bericht über eine gezielte Explosion durch das US-Militär geraten nun pro-ukrainische Gruppen ins Visier. Laut New York Times gibt es entsprechende Geheimdienstinformationen.

Auch Recherchen von ARD, SWR und der Zeit zufolge führen die Spuren in Richtung Ukraine. Unter Berufung auf geheimdienstliche Hinweise hieß es, eine pro-ukrainische Gruppe könnte verantwortlich sein. An den Ermittlungen seien Behörden in Deutschland, Schweden, Dänemark, den Niederlanden und USA beteiligt gewesen, berichtete Zeit online am Dienstagabend (7. März). „Der Generalbundesanwalt (GBA) ermittelt seit Anfang Oktober 2022 in der Sache“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Der Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, stritt eine Beteiligung der Ukraine entschieden ab. Die Ukraine habe nichts mit dem Unfall in der Ostsee zu tun und keine Informationen über proukrainische Sabotage-Gruppen, twitterte er.

Neue Details zur Nord-Stream-Sprengung: Pro-Ukrainische Gruppe verantwortlich?

US-Beamte erklärten ebenfalls, sie hätten keine Beweise dafür, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj oder sein Betreuerstab in die Operation verwickelt waren beziehungsweise, dass die Täter auf Anweisung von ukrainischen Regierungsvertretern handelten. Neue Erkenntnisse deuteten aber zumindest darauf hin, dass Gegner von Wladimir Putin für die Attacke verantwortlich seien.

Laut New York Times räumten die US-Regierungsvertreter ein, dass vieles noch unklar sei – etwa wer genau die Sprengungen verübt, wer sie angeordnet und wer den Einsatz finanziert habe. Mit Verweis auf anonyme US-Geheimdienste heißt es jedoch, es bestehe die Möglichkeit, dass die Operation inoffiziell von einer stellvertretenden Truppe mit Verbindungen zur ukrainischen Regierung oder ihren Sicherheitsdiensten durchgeführt worden sei. Woher diese Erkenntnisse stammen, bleibt unklar.

Beamte, die die Geheimdienstinformationen überprüft haben, erklärten der Times, dass es sich bei den Saboteuren höchstwahrscheinlich um ukrainische oder russische Staatsangehörige oder eine Kombination aus beidem handelt. Es seien ferner weder amerikanische noch britische Staatsangehörige beteiligt gewesen.

Sechsköpfige Gruppe soll Nord-Stream-Pipelines gesprengt haben

Einem Bericht der Tagesschau zufolge soll die Geheimoperation auf See von einem Team aus sechs Personen durchgeführt worden sein: fünf Männer sowie eine Frau sollen verantwortlich sein. Demnach bestand die Gruppe aus einem Kapitän, zwei Tauchern, zwei Tauchassistenten sowie einer Ärztin, die unter anderem den Sprengstoff transportiert haben soll. Für die Anreise hätten die Täter gefälschte Reisepässe genutzt, um Boote anmieten zu können. Sie sollen am 6. September von Rostock aus mit einer Yacht in See gestochen sein. Ihre Ausrüstung sei zuvor mit einem Lieferwagen in den Hafen gebracht worden. Später hätten die Ermittler das Boot in Wieck und dann an der dänischen Insel Christiansö im Nordosten von Bornholm lokalisieren können. Auf einem Tisch in der Boots-Kabine hätten die Ermittler auch Sprengstoff-Spuren gefunden.

Die Yacht soll von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sein, die offenbar zwei Ukrainern gehört.

Die Sprengsätze wurden höchstwahrscheinlich mithilfe erfahrener Taucher gelegt, die nicht für das Militär oder den Geheimdienst zu arbeiten schienen, sagten US-Beamte. Es sei jedoch möglich, dass die Täter in der Vergangenheit eine spezielle Regierungsausbildung erhalten haben. Die ukrainische Regierung und der ukrainische Geheimdienst erklärten wiederum, dass sie keine Rolle bei dem Angriff gespielt haben und nicht wissen, wer ihn ausgeführt hat.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, verwies auf die laufenden Ermittlungen in Deutschland und Skandinavien: „Wir glauben, dass es ein Sabotageakt war“, betonte er. Zunächst müssten die Ermittlungen aber beendet werden. Erst dann lasse sich über das weitere Vorgehen sprechen. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte auf einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, er habe keine weiteren Kommentare dazu. Stoltenberg erklärte hingegen, man wisse, dass es ein Angriff, eine Sabotage war. Es wäre falsch, vor Abschluss der Untersuchungen darüber zu spekulieren, wer dahinterstecke.

Explosionen in Nord-Stream-Pipelines: Schweden geht von Sabotage aus

Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen.

Über die Frage, wer hinter der mutmaßlichen Sabotage steckt, hat es viele Spekulationen gegeben. Verdächtigt wurde unter anderem Russland selbst – auch wenn unklar blieb, warum die Regierung in Moskau Pipelines sprengen sollte, die für den Export von russischem Erdgas bestimmt sind.

Die russische Regierung hat jegliche Verantwortung von sich gewiesen und mit dem Finger auf Washington gezeigt. Die US-Regierung hatte sich gegen den Bau von Nord Stream 2 gestemmt und das Projekt als geopolitisches Druckmittel des Kreml verurteilt.

Sabotage der Nord-Stream-Pipelines: US-Investigativreporter äußerte bereits im Februar Verdacht

Anfang Februar sorgte dann der bekannte US-Investigativreporter Seymour Hersh mit einem Bericht für Aufsehen, demzufolge die USA die Pipelines gesprengt haben sollen. US-Marinetaucher hätten im Juni bei einer vom Weißen Haus angeordneten und vom US-Auslandsgeheimdienst CIA geplanten verdeckten Operation mithilfe Norwegens Sprengsätze an den Gaspipelines angebracht. Die Sprengsätze seien dann im September ferngezündet worden.

Die US-Regierung hat dies entschieden zurückgewiesen. „Das ist völlig falsch und eine vollkommene Erfindung“, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Adrienne Watson. Unabhängige Faktenprüfer haben auf Ungereimtheiten in dem Hersh-Bericht hingewiesen. Der Journalist hatte den Bericht nicht in einem großen Medium, sondern auf seinem Blog veröffentlicht. Der 85-Jährige beruft sich zudem nur auf eine anonyme Quelle. Auch in dem NY-Times-Bericht sprechen Geheimdienstmitarbeiter nur unter dem Mantel der Anonymität. (as/nak/dpa/AFP)

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