„Ein Fehler zu viel“: Habeck erklärt das Graichen-Aus – nächster Ampel-Knatsch bahnt sich an
Patrick Graichen scheidet als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium aus. Zuvor stellte sich Robert Habeck noch hinter ihn. Der News-Ticker.
- Entscheidung in Graichen-Affäre: Annalena Baerbock unterstützt Schritt von Robert Habeck.
- Oppositionskritik nach Graichen-Entlassung: CDU/ CSU fordern Stopp von Heizungsgesetz.
- Kritik der Opposition: sieht „Selbstbedienungsladen“ bei den Grünen.
Update vom 17. Mai, 22.00 Uhr: Nach dem Abgang von Staatssekretär Patrick Graichen bahnt sich neuer Streit in der Ampel-Koalition an. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat Begehrlichkeiten der FDP für einen späteren Start des Heizungsgesetzes in einem TV-Talk eine Abfuhr erteilt.
Dröge sieht keinen Zusammenhang zwischen dem Abtritt von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen und dem Zeitplan für das geplante Gesetz. Wenn die FDP eine Verzögerung ankündige, dann, weil sie etwas verschieben wolle, sagte Dröge am Abend in der ARD-Sendung „Maischberger“. An dem Gesetz hätten viele Mitarbeiter von zwei Ministerien mitgewirkt. Zudem könnten Parlamente Gesetze selbst schreiben und bearbeiten.
Update vom 17. Mai, 20.30 Uhr: Wird die Entlassung von Patrick Graichen zum Befreiungsschlag für Wirtschaftsminister Robert Habeck? Vieles spricht dafür, dass die Grünen-Misere noch nicht ausgestanden ist, analysiert Merkur.de.
Unterdessen gibt es aber auch schon Spekulationen über einen möglichen Nachfolger für den fallengelassenen Staatssekretär: Ein Kandidat könnte ein ehemaliger Grünen-Weggefährte Habecks aus dem Norden sein, wie unter anderem kreiszeitung.de berichtet.
Update vom 17. Mai, 16.49 Uhr: Der Berliner Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck verantwortlich dafür, einen Projektantrag zu prüfen. Staatssekretär Patrick Graichen muss seinen Posten unter anderem wegen der geplanten Förderung dieses Projekts räumen, denn seine Schwester Verena Graichen sitzt im Vorstand des BUND-Landesverbandes Berlin.
Das Projekt sei als förderwürdig eingestuft worden, eine finale Entscheidung damit nur noch Formsache gewesen. Geld sei aber noch nicht geflossen. Graichen soll nun wegen wiederholter Interessenkonflikte zwischen Berufs- und Privatleben in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Zuvor stand er schon wegen der Auswahl seines Trauzeugen für den Dena-Chefposten in der Kritik.
Graichen-Aus: BDEW beklagt Verlust von „Energiewende-Experten“
Update vom 17. Mai, 15.44 Uhr: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat beklagt, dass die Bundesregierung mit Graichen „einen ausgewiesenen und international hoch anerkannten Energiewende-Experten“ verliere. „Die zahlreichen großen Aufgaben und Themen der Energiewende dürfen jetzt trotz alledem nicht liegen bleiben.“
Der FDP-Abgeordnete Michael Kruse warnte unterdessen vor einem „Macht-Vakuum“ im Wirtschaftsministerium und forderte einen neuen Zeitplan für das geplante Heizungsgesetz.
Update vom 17. Mai, 14.03 Uhr: Baerbock zollte in ihrem Statement zu Graichen auch dem scheidenden Staatssekretär Respekt. Die durch Habeck „massive beschleunigte“ Energiewende sei „auch ein Verdienst von Patrick Graichen.“
Graichen-Affäre: Baerbock zollt Habecks Entscheidung Respekt
Update vom 17. Mai, 14.03 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich zur Entlassung von Patrick Graichen geäußert: „Robert Habeck hat uns mit seinem Team gut durch einen schwierigen Winter gebracht und die Energiewende in Deutschland massiv beschleunigt. Das ist auch ein Verdienst von Patrick Graichen. Robert Habecks heutige Entscheidung war nicht einfach. Aber ich verstehe sie – auch um unsere volle Kraft weiter der Energiewende zu widmen.“
Graichen-Aus nach „Filz-Affäre“: Wackelt jetzt auch Habecks Heiz-Verbot?
Update vom 17. Mai, 13.29 Uhr: Unionspolitiker fordern nach Graichens Entlassung, dass Habecks umstrittene Heizungspläne gestoppt werden. Das geplante Gesetz gehe „völlig an der Realität vorbei“, sagte etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Gemeint ist die Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Graichen gilt als ihr Architekt. Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 in der Regel nur noch Heizungen eingebaut werden sollen, wenn die Wärme zu mindestens 65 Prozent durch erneuerbare Energien erzeugt wird.

Das läuft in der Praxis auf ein weitgehendes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinaus. Die Union kritisiert die Pläne seit Monaten scharf. Graichens „Gebäudeenergiegesetz schadet dem Klimaschutz mehr, als es nutzt“, erklärte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Wie die Vorwürfe gegen Graichen mit der GEG-Reform zusammenhängen, führten weder Linnemann noch Liese näher aus.
Wirtschaftsminister Habeck hatte sich nach der Bekanntgabe des Abgangs seines Staatssekretärs Graichens zuversichtlich gezeigt, dass der Vorgang keine Auswirkungen auf das GEG haben werde. Er verwies insbesondere auf die entsprechende Einigung innerhalb der Ampel-Koalition.
Heizpläne: Czaja fordert von Habeck „Klimaschutz ohne soziale Kälte“
Update vom 17. Mai, 12.36 Uhr: Auch der CDU-Generalsekretär begrüßte das Ausscheiden Graichens aus dem Wirtschaftsministerium. Endlich ziehe Minister Robert Habeck Konsequenzen, sagte Mario Czaja der Nachrichtenagentur dpa. Czaja mahnte mit Blick auf den geplanten Umstieg auf Heizungen mit erneuerbaren Energien, Habeck müsse seine Politik jetzt in die richtigen Bahnen lenken: „Für einen nachhaltigen Klimaschutz ohne soziale Kälte.“
Graichen-Affäre: CSU-Generalsekretär sieht „Selbstbedienungsladen“ bei den Grünen
Update vom 17. Mai, 12.01 Uhr: Erste Reaktionen auf den Abgang Patrick Graichens: CSU-Generalsekretär Martin Huber sieht weiterhin viele offene Fragen. Das „Aus“ des „Filz-Staatssekretärs“ war „unausweichlich“ und komme „viel zu spät“, sagte er laut dpa. Robert Habeck habe mit dem Festhalten an Graichen dem Ansehen des Wirtschaftsministeriums und der gesamten Bundesregierung „schweren Schaden“ zugefügt.
Huber sprach von einem grünen „Selbstbedienungsladen“. Es müsse geklärt werden, welche Stellen vom „Graichen-Clan“ besetzt und welche Aufträge an wen vergeben worden seien.
„Trauzeugen-Affäre“: Habeck erklärt Graichen-Aus im Wirtschaftsministerium
Update vom 17. Mai, 11.11 Uhr: Robert Habeck tritt in Berlin vor die Medien. „Es ist ohne Frage ein Fehler passiert“, hebt der Wirtschaftsminister zum Fall Graichen an. „Wir haben die Hebel in Bewegung gesetzt und die Geschäftsführung der Dena soll neu ausgeschrieben werden, damit die Geschäftsleitung ohne Gewissenskonflikte arbeiten kann.“
Neue Prüfungen „auf Herz und Nieren“ zu den Vorwürfen habe es ab dem 23. April gegeben, sagt Habeck. Im Zuge derer liege seit Dienstagabend (16. Mai) ein Prüfergebnis vor, der Grund für sein Statement sei: „Ich möchte Transparenz herstellen.“ Nachdem die ersten Einschätzungen zu den Vorwürfen entlastend für den Staatssekretär waren, kam nun heraus, dass Patrick Graichen im November 2022 ein BUND-Projekt (Landesverband Berlin) als „förderwürdig” eingestuft habe. „Allerdings ist dort Graichens Schwester Vorstandsmitglied“, so Habeck. Es ging in dem Fall um 600.000 Euro. Dies sei ein Verstoß gegen die Compliance-Regeln. Es sei „der eine Fehler zu viel“ gewesen.

„Ich muss sicherstellen, dass die Wand der Compliance-Regeln nicht rissig wird. Diese Risse hat sie aber nun.“ Graichen habe sich zu angreifbar gemacht. Man sei am Montag in einem persönlichen Gespräch gemeinsam zu dieser Übereinkunft gekommen. Habeck würdigt zum Abschluss seines Statements Graichens Management der Gas-Mangellage und dass er „die Energiewende wieder flott“ gemacht habe: „Dafür danke ich ihm ausdrücklich.“
Zudem sei die Besetzung der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring, bei der unter anderem Felix Matthes vom Freiburger Öko-Institut als Experte beauftragt wurde, neu bewertet worden. Auch hier sei die vertiefte Prüfung zu dem Schluss gekommen, „dass der Anschein der Parteilichkeit besser hätte vermieden werden sollen“, sagte Habeck.
Habeck äußert sich zu Rücktritt von Graichen – Pressekonferenz in Berlin
Update vom 17. Mai, 10.45 Uhr: Um 11 Uhr will sich Robert Habeck gegenüber der Presse zum Abschied von Patrick Graichen äußern. Die Aussagen des Wirtschaftsministers werden mit Spannung erwartet und von uns hier für Sie zusammengefasst. Anlass für die Personalentscheidung sollen laut Spiegel neu aufgetauchte Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Gutachten sein.
Graichen räumt Posten als Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium
Erstmeldung vom 17. Mai: Berlin – Der umstrittene Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen wird seinen Posten räumen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch (17. Mai), auch der Spiegel berichtete darüber. Nach dpa-Informationen soll Graichen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Hintergrund sind demnach Ergebnisse weiterer interner Prüfungen.
Der Top-Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) war zuletzt wegen seiner Beteiligung an der Auswahl seines Trauzeugen für den Chefposten der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) in die Kritik geraten.
Nach einer gemeinsamen Befragung in den Ausschüssen für Energie sowie Wirtschaft und Klimaschutz am vergangenen Mittwoch hatte Habeck noch an Graichen festgehalten. „Ich habe entschieden, dass Patrick Graichen wegen dieses Fehlers nicht gehen muss“, hatte der Minister nach der rund zweieinhalbstündigen Sitzung noch erklärt. Es laufe nun allerdings eine beamtenrechtliche Prüfung, denn gegen Vorgaben des Wirtschaftsministeriums sei „erkennbar verstoßen worden“.
Fall Graichen: Union forderte Untersuchungsausschuss
Oppositionsvertreter hatten sich nach der Sitzung unbeeindruckt gezeigt und weitere offene Fragen gesehen. Auch Graichens Rücktritt wurde mehrfach gefordert. Vertreter der CDU/CSU hatten auch einen Untersuchungsausschuss ins Spiel gebracht.
Kritik gibt es auch an personellen Verflechtungen im Wirtschaftsministerium. Graichens Schwester, verheiratet mit dessen Staatssekretärs-Kollegen Michael Kellner, arbeitet wie auch ihr Bruder beim Öko-Institut - einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund bekommt. Das Ministerium betont, Kellner und Graichen seien nicht an Ausschreibungen beteiligt gewesen, auf die sich das Öko-Institut hätte bewerben können. (dpa/frs)