1. bw24
  2. TV

„Gefahr für das seelische Wohl der Nation“: 8 Filme, die an Karfreitag verboten sind

Erstellt:

Von: Jason Blaschke, Ines Alberti

Kommentare

Steht fälschlicherweise auf der „Schwarzen Liste“ für stille Feiertage: der Kinderfilm „Heidi in den Bergen“.
Steht fälschlicherweise auf der „Schwarzen Liste“ für stille Feiertage: der Kinderfilm „Heidi in den Bergen“. © Imago

Genau wie Allerheiligen oder Totensonntag ist auch Karfreitag in Deutschland ein „stiller Feiertag“, was Auswirkungen auf mehr als 700 Filme hat.

Wiesbaden – Dass an Feiertagen gewisse Verbote gelten können, ist allgemein bekannt. Grundlage dafür ist die Feiertagsruhe, die mit Artikel 140 im Grundgesetz verankert ist. Einen speziellen Rechtsschutz genießen in Deutschland stille Feiertage wie Karfreitag, Allerheiligen, Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Totensonntag. Tanzvergnügen, Zirkusse, Märkte, Messen und sportliche sowie turnerische Veranstaltungen sind untersagt oder bloß zu bestimmten Zeiten erlaubt.

Kinderfilm „Heidi in den Bergen“ ist an Karfreitag verboten

Was aber die wenigsten wissen: Auch zahlreiche Filme dürfen an stillen Feiertagen nicht öffentlich gezeigt werden. Es gibt tatsächlich eine Art „Schwarze Liste“ für Filme, die an diesen Tagen greift. Davon betroffen sind Werke, die das „religiöse Befinden stören“. Ob ein Werk öffentlich an den stillen Feiertagen gezeigt werden darf, entscheidet in Deutschland die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, kurz FSK.

Die FSK ist zuständig für die Altersfreigabe von Filmen – entscheidet aber auf Anfrage auch über die Eignung von Werken für die Vorführung an Feiertagen. Der Feiertagsindex, wie die Liste heißt, umfasst mehr als 750 Titel – dazu gehören auch Filme, bei denen man sich fragen kann, inwieweit das „religiöse Befinden“ dadurch tatsächlich gestört wird. Besonders ins Auge sticht der Kinderfilm „Heidi in den Bergen“ von 1975, der an Karfreitag in deutschen Kinos tabu ist.

Heidi stört FSK-Prüfern zufolge das „religiös sittliche Empfinden“

Ein fünfjähriges Waisenmädchen, allein in einer Berghütte auf der Alm – ohne Strom und fließendes Wasser – eine Gefahr für das religiöse Befinden? „Der Cartoon-Klassiker von 1975 – eine Gefahr für das seelische Wohl der Nation und seiner schützenswerten Schäflein“, schrieb ein RND-Redakteur 2021 in seiner Berichterstattung und trifft damit einen wunden Punkt. Kurz vor Karfreitag 2022 nahm das Thema in den sozialen Netzwerken wieder an Fahrt auf. Gerade auf Facebook kochten die Emotionen, wie Kommentare belegen. „Jetzt haben die aber echt einen Knall“, schreibt eine Userin. „Leben wir im Mittelalter?“

Feiertagsindex der FSK: Mehr als 700 Filme sind an Karfreitag tabu

Eine andere Facebook-Nutzerin ergänzt: „Soviel zum Thema, Kirche und Staat haben bei uns nichts miteinander zu tun.“ Wieder ein anderer User ist ebenfalls entsetzt darüber und kommentiert das Heidi-Verbot an stillen Feiertagen mit „absolut krank“. Dabei stellt sich die Frage: Wird der Feiertagsindex eigentlich nicht überarbeitet? BW24 hat bei der FSK mit Sitz in Wiesbaden nachgefragt.

Diese Filme (Auswahl) stehen wie „Heidi in den Bergen“ auf der Tabu-Liste für „stille Feiertage“:

Im Gespräch mit BW24 erklärt FSK-Sprecher Peter Kaun, dass die Feiertagsprüfung auf Anfrage erfolge – oft zusammen mit der Altersfreigabe. Die FSK prüft also nicht auf Eigeninitiative. Im Fall des Kinderfilms „Heidi in den Bergen“ handelt es sich laut Kaun um einen fehlerhaften Eintrag in der Datenbank. Eine Freigabe für stille Feiertage sei für den Film nicht beantragt worden, weshalb er nicht weiter überprüft wurde. Er wurde also nicht explizit für stille Feiertage abgelehnt, zählt aber nach wie vor zu den verbotenen Filmen in der Liste, wenn auch fälschlicherweise. Kaun ist sich sicher, dass man mit Blick auf die heutigen Gesichtspunkte eine Freigabe erteilen würde.

Scharfe Kritik an Feiertagsfreigabe von Filmen – Kinos und öffentliche Aufführungen betroffen

„Früher hatte die Stimme der Kirche noch einen anderen Stellenwert als heute“, sagt Kaun. Auch Kino sei vor einigen Jahrzehnten als Massenmedium viel relevanter gewesen als heute. Damit sei auch zu erklären, dass sich der Anteil geprüfter Filme, die keine Feiertagsfreigabe erhalten, im Laufe der Zeit deutlich reduziert habe. Wurde in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren über die Hälfte aller Kinofilme als „nicht feiertagsfrei“ beurteilt, sank der Prozentsatz kontinuierlich. Ab 2000 lag der Anteil der Kinospielfilme ohne Feiertagsfreigabe bei 1 % und darunter, schreibt die FSK.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist bereits in der Vergangenheit erschienen. Er hat viele Leserinnen und Leser besonders interessiert. Deshalb bieten wir ihn erneut an.

Im TV oder auch auf Streaming-Plattformen kann an stillen Feiertagen „Heidi in den Bergen“ abgespielt werden. Das Zeigen bestimmter Filme in Kinos an „stillen Feiertagen“ ist an Karfreitag nicht das einzige Verbot, bei dem so mancher den Kopf schütteln dürfte. Auch, dass fast alle Geschäfte an stillen Feiertagen nicht öffnen dürfen und dass es dafür keine einheitlichen Regeln gibt, stößt vielen bitter auf. Der Frage, ob Bäckereien in NRW an Karfreitag öffnen dürfen, geht wa.de nach.

Auch interessant

Kommentare