Wolfgang Grupp: So verlief seine Kindheit und Studienzeit
Seit mehr als 50 Jahren führt Wolfgang Grupp die Textilfirma Trigema in Burladingen. Das Unternehmertum wurde ihm bereits in die Wiege gelegt. Wie lebte er in jungen Jahren?
Burladingen - Grupp und Trigema: Es sind zwei Namen, die untrennbar miteinander verbunden sind. Seit mehr als 50 Jahren prägt Firmenchef Wolfgang Grupp das Textilunternehmen auf der Schwäbischen Alb. Aktuell bereitet der 81-Jährige die Übergabe der Firma an einen Nachfolger vor. Eines ist jedoch schon jetzt sicher: Die Geschäftsführung bleibt in der Familie. Grupp selbst übernahm Trigema in jungen Jahren als Nachfolger seines Vaters. Im Trigema-Podcast NeunzehnNeunzehn spricht der Trigema-Chef über seine Kindheit und Studienzeit.
Seine Grundschulzeit verbrachte Grupp in Burladingen. Dort wuchs er als Sohn des promovierten Juristen und Fabrikanten Franz Xaver Grupp (1905-2003) und dessen Frau Änne, geborene Mayer (1920-2016), in einer konservativ-katholisch geprägten Familie auf. Über Wolfgang Grupps ältere Schwester ist wenig bekannt, sein jüngerer Bruder Johannes Grupp führt inzwischen ein millionenschweres Unternehmen. „Ich war vier Jahre in der Volksschule“, erinnert sich Grupp. Danach habe er zunächst Privatunterricht genommen. Sein Onkel lehrte ihn Mathematik und Deutsch, sein Pfarrer Latein. Mit knapp elf Jahren kam Grupp ins Internat in St. Blasien. Dort hatte er zeitweise mit starkem Heimweh zu kämpfen. „Das war für mich natürlich sehr schwierig, weil ich ein immer sehr an die Familie gebundener Mensch war“, sagt er. So früh vom Elternhaus wegzugehen, sei für niemanden leicht. „Ich war plötzlich alleine und hatte niemanden mehr, der für mich sorgte.“
Wolfgang Grupp: schwänzte in Studienzeiten auch mal die Vorlesung
Trotz seiner anfänglichen Sehnsucht nach der Heimat sieht Grupp heute die positiven Seiten seines frühen Flüggewerdens. „Denn ich kam ins Internat und musste mich mit den anderen zurechtfinden“, erklärt er. „Ich habe mich angepasst und hatte sehr schnell Freunde.“ Rückwirkend sieht Grupp die Zeit als eine Schule des Lebens, in der er lernte, für sich selbst zu sorgen und zurechtzukommen. „Ich war selbst verantwortlich. Hatte ich Unordnung in meinen Schränken, musste ich mit der Unordnung leben. Zuhause wäre vielleicht die Unordnung aufgeräumt worden.“ Seit dieser Zeit sei er sehr ordentlich. Die Disziplin, die ihn das Internat lehrte, prägt auch heute noch maßgeblich Grupps Lebensweise. „Wenn etwas verlangt wird, dann mache ich das“, so der Unternehmer.

Nach dem Internat machte der junge Grupp Station in Köln, um Betriebswirtschaft zu studieren. In seinem Freundeskreis sei er sehr beliebt gewesen. Strebsam jede Vorlesung zu besuchen, lag ihm hingegen fern. „Ich war kein Student, der die Universität in- und auswendig kannte“, lacht er. Seine Pflichten habe er zwar immer erfüllt. „Aber wenn man entsprechende Scheine oder eine bestimmte Belegung nicht brauchte, habe ich es eben nicht gemacht.“ Unter Druck habe er immer besser gearbeitet. „Und so habe ich meine bedeutendsten Scheine nach dem ersten Semester abgelegt. Weil da hat es geheißen: Die kann man jetzt ablegen und dann hat man sie weg. Und so habe ich es gemacht.“
Anekdoten aus der Studienzeit in Köln: „Nette“ 3-Zimmer-Wohnung mit Gästezimmer
Am Anfang des Studiums sei Grupp laut eigenen Angaben nur selten in die Vorlesungen gegangen. „Ich habe Tennis gespielt, hatte mein Pferd, war im Reitclub und hatte viele Freunde“, sagt er. „Ich hatte auch eine nette Wohnung in Köln – eine 3-Zimmerwohnung mit Gästezimmer und allem. Es war eine tolle Zeit.“ Obwohl er sein Studentenleben sichtlich genoss, verlor der junge Wolfgang nie seine Ziele aus den Augen. „Ich war von zu Hause aus rückwirkend gesehen sicher sehr verwöhnt worden – aber ich wusste ganz genau: Das Positive bekomme ich, wenn ich meine Eltern nicht blamiere oder sie praktisch nicht enttäusche.“ Ein Examen oder eine Klasse zu wiederholen, wäre für ihn ein „gravierendes Versagen“ gegenüber seinen Eltern gewesen. „Das darf oder durfte es nicht geben!“
Und dann habe ich meinem Professor gesagt: Herr Professor, das letzte Kapitel mit Ihnen im Semester auszuarbeiten - schön und recht. Mir ist ein Doktor ohne Firma nicht so viel wert wie eine Firma ohne Doktor. Ich muss in die Firma.“
Mit 27 Jahren und einem Diplom-Studium in der Tasche kehrte Wolfgang Grupp zurück nach Burladingen. In der Firma übernahm er bereits früh ein hohes Maß an Verantwortung. Um für Trigema da zu sein, brach er sogar eine Doktorarbeit ab. „Als die Doktorarbeit zu 80 Prozent fertig war, wollte der Professor, dass ich das letzte Semester noch mit ihm in einem Kapitel ausarbeite“, erinnert sich Grupp. Gleichzeitig tat sich in der Textilbranche in Deutschland gerade einiges. „Damals kam das T-Shirt von Amerika nach Deutschland“, so Grupp. „Und das T-Shirt ist ja nichts anderes als ein Unterhemd. Und wir fertigten bei Trikotwarenfabriken Gebrüder Mayer Unterwäsche – für Hausmarken, für Großkonzerne, für Kaufhauskönige, Versandhauskönige. Für Quelle, für Neckermann, für Kaufhof, für Karstadt. Das waren die Großkunden der Textilindustrie.“
Wolfgang Grupp entschied sich für die Firma und brach deshalb seine Doktorarbeit ab
An einen speziellen Kunden aus seiner Anfangszeit bei Trigema erinnert sich Grupp noch genau. 3.000 Batik-T-Shirts habe man damals an C&A geliefert – kurz darauf 30.000. Zunehmend involvierter ins Geschäft, stellte Grupp fest, dass die Firma ihn brauchte. „Irgendwann habe ich gemerkt, wenn ich es richtig machen will, muss ich vor Ort sein. Und dann habe ich meinem Professor gesagt: Herr Professor, das letzte Kapitel mit Ihnen im Semester auszuarbeiten – schön und recht. Mir ist ein Doktor ohne Firma nicht so viel wert wie eine Firma ohne Doktor. Die Arbeit kriegen Sie, aber ich kann sie jetzt nicht fertig machen. Ich muss in die Firma.“
Während Grupp immer tiefer in die Trigema-Materie einstieg, schritt die Diversifikation der Firma voran. Sein Vater teilte das Unternehmen in verschiedene Sparten – etwa eine Kunststofffirma, eine Jerseyfirma sowie den Bereich Strickwaren. „Diese Diversifikationen haben sehr viel Geld gekostet“, sagt Wolfgang Grupp. Nach dem Tod seines Großvaters war die Firma hochverschuldet. „1969 hatten wir zehn Millionen Bankschulden“, erinnert sich der 81-Jährige. „Ich habe gesagt: Das darf nicht sein.“ Stück für Stück zahlte Grupp die Schulden zurück. „1975, also sechs Jahre später, habe ich mit Stolz die letzten D-Mark-Schulden zurückbezahlt und habe dann die Grundschulden von den Banken zurückgeholt“, sagt er. „Und die Banken, die meinem Vater diese riesigen Kredite gegeben haben, habe ich dann eliminiert und habe gesagt: Wenn man Geld hat, reicht eine Bank. Und wenn man kein Geld hat, nützen auch viele Banken nichts.“ Seit dieser Zeit setze er nur noch auf eine einzige Bank.
Lernen vom Großvater: Wolfgang Grupp erinnert sich an gutes Betriebsklima bei Gebrüder Mayer
Seinen Großvater Josef Mayer, den Gründer von Trigema, hat Grupp noch immer sehr positiv in Erinnerung. „Mein Großvater ist ja 1956 gestorben – da war ich 14 Jahre alt“, sagt er. „Und ich habe ihn als Chef in Erinnerung, der sehr anerkannt war, der sehr beliebt war und der sich um seine Mitarbeiter kümmert. Der das Unternehmen nach vorne bringen wollte. Ich habe ihn als zielstrebigen Unternehmer kennengelernt.“ Nach dem Krieg sei es für die Gebrüder-Mayer-Belegschaft (damals noch der Name von Trigema) üblich gewesen, einmal im Jahr einen Ausflug auf einem Bodenseedampfer zu unternehmen. „Das war eine Attraktion und da durfte ich mit meiner Schwester, die ein Jahr älter ist, natürlich mit. Das war für uns dann auch ein besonderes Erlebnis“, erinnert sich der Trigema-Chef.
Die Ausflüge, die sein Großvater der Belegschaft ermöglichte, zeigten dem jungen Grupp eindrucksvoll, wie man unter Mitarbeitern einen positiven Bezug zum Unternehmen schaffen kann. „Die Mitarbeiter freuten sich und fühlten sich als Teil der Gebrüder-Mayer-Familie“, sagt er. „Das war damals so Usus, das spürt man auch. Man gehörte zur Betriebsfamilie.“ Noch heute ist es für Grupp wichtig, dass sich seine Angestellten mit dem Unternehmen identifizieren. So habe er versucht, die gute Beziehung seines Großvaters zu seinen Mitarbeitern auch für sich aufrechtzuerhalten. „Und ich glaube auch, sagen zu dürfen, dass unsere Mitarbeiter auch heute einen gewissen Stolz haben“, sagt er selbstbewusst. „Dass sie sagen, sie sind seit Jahren bei Trigema beschäftigt und fühlen sich zugehörig zur Trigema-Betriebsfamilie.“