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Wolfgang Grupp über seine Umgangsformen: „Ich schätze die Anrede ‚Fräulein‘ noch“

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Von: Sina Alonso Garcia

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Trigema-Chef Wolfgang Grupp gilt als Unternehmer der alten Schule. Am liebsten bleibt er mit seinen Mitarbeitern beim „Sie“ – und nennt unverheiratete Frauen weiterhin Fräulein.

Burladingen - In 53 Jahren als Trigema-Geschäftsführer hat Wolfgang Grupp viele Trends kommen und gehen sehen. Dabei ist der inzwischen 80-jährige Unternehmer sich immer treu geblieben und steht auch heute noch für konservative und traditionelle Werte. Während die einen ihn für seine unverhohlene Direktheit bewundern, empfinden andere seine Ansichten als nicht mehr zeitgemäß. Auch, wenn er damit aneckt, kommuniziert er stets unverblümt, was er von den aktuellen Entwicklungen in der Berufswelt hält.

Wie Grupp im Interview mit dem Südkurier erklärt, habe er sich in all den Jahrzehnten seiner Karriere als Mensch nicht maßgeblich verändert. „Jedenfalls komme ich nicht mit offenem Hemd, zeige allen meine Brust, duze alle Leute und begrüße sie mit der Faust“, so der Trigema-Boss. „Wenn ich solche heute ja durchaus üblichen Umgangsformen sehe, denke ich mir: Die Welt ist doch nicht mehr normal! Solange Sie als Vorgesetzter nicht ständig dem Mainstream nachjagen, brauchen Sie auch nicht zu befürchten, dass Ihre Angestellten plötzlich alles Mögliche anders haben möchten.“

Wolfgang Grupp über die Duz-Kultur in Unternehmen: „Das gibt‘s bei mir einfach nicht“

Sich an die zunehmende Duz-Kultur in Unternehmen anzupassen, kommt für Grupp nicht infrage. So hält er es für unpassend, mit einem Kollegen nach zehn Jahren, in denen man sich gesiezt hat, plötzlich zum „Du“ zu wechseln. „Das gibt‘s bei mir einfach nicht“, sagt Grupp. „Ich schätze übrigens auch die Anrede ‚Fräulein‘ noch. Wenn eine Dame unverheiratet ist und ich habe schon immer zu ihr Fräulein Müller gesagt, dann sage ich auch heute noch Fräulein Müller.“

Wenn eine Dame unverheiratet ist und ich habe schon immer zu ihr Fräulein Müller gesagt, dann sage ich auch heute noch Fräulein Müller.

Trigema-Chef Woflgang Grupp

Angst, bei seinen Mitarbeitern mit solchen Aussagen anzuecken, hat Grupp offenbar nicht. „Das ‚Fräulein‘ nimmt mir hier keiner übel“, ist er sich sicher. „Man kennt mich ja und weiß, dass ich den Mainstream nicht mitmache.“ Obwohl die Anrede „Fräulein“ bereits vor rund 50 Jahren aus dem Amtsdeutsch verbannt wurde, hält Grupp weiter daran fest.

„Fräulein“: Früher Ansprache unverheirateter Frauen, heute nicht mehr zeitgemäß

Bis in die 1970er Jahre hinein – in der DDR sogar bis 1990 – galt „Fräulein“ als Ansprache für unverheiratete Frauen, unabhängig von ihrem Alter. Viele Frauen wehrten sich jedoch zunehmend gegen die Anredeform. Sie fanden, dass es niemanden etwas angehe, ob sie verheiratet sind oder nicht. Bezeichnend war zudem, dass es keine entsprechende Anrede für unverheiratete Männer gab. Die verniedlichende Form des Fräuleins suggerierte außerdem für viele, nicht ernst genommen zu werden. Es war also alles andere als ein Zufall, dass das Bundesinnenministerium das „Fräulein“ 1972 als Anrede in Bundesbehörden verboten hat.

Wolfgang Grupp
Wolfgang Grupp pflegt teilweise altmodische Umgangsformen – und will sich nicht verändern. © Imago/Viadata/Uwe-Jens Igel

Das Fräulein-Beispiel zeigt, dass die Sprüche des Unternehmers Wolfgang Grupp mitunter nicht mehr zeitgemäß sind. Nun, da der Firmenpatriarch kurz vor seinem Karriereende steht, darf man wohl allerdings nicht darauf hoffen, dass er in diesem Punkt noch eine 180-Grad-Wende hinlegt.

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