Vom Schichtarbeiter zum Internet-Star: Videos von Weniamin Schmidt gehen über Nacht viral

Weniamin Schmidts Videos sind auf TikTok Kult. Quasi über Nacht wurde der Familienvater aus Bretten zum Internet-Star mit Millionen Fans. BW24 hat mit ihm gesprochen.
Bretten - Noch bis vor einem halben Jahr arbeitete Weniamin Schmidt als Schichtarbeiter. Damals hätte der 32-jährige Familienvater aus Bretten (Kraichgau) vermutlich nicht damit gerechnet, dass er bald schon Deutschlands bekanntester Streetfotograf auf Social Media werden würde. Die Fotografie war zu dem Zeitpunkt nur ein Hobby. Heute ist der gebürtige Kasache ein Star auf TikTok und Instagram, wo seine Videos millionenfach angesehen werden. Sogar bekannte Persönlichkeiten wie Rapper Sido oder Apache 207 fragen ihn für Fotoshootings an. Schmidts Erfolgsrezept: Sein Ding durchziehen, egal was andere sagen – und dabei immer man selbst bleiben.
„Ich habe nie geplant, Fotograf zu werden – das ist spontan passiert“, sagt Schmidt im Gespräch mit BW24. Begonnen hat alles 2019 mit der Porträtfotografie. Schmidt befand sich damals gerade in einer Umbruchphase. „Ich war professioneller Bodybuilder und musste meine Karriere wegen einer Verletzung aufgeben“, erklärt er. In der Fotografie fand Schmidt seine Leidenschaft, die er mit Equipment und Besuchen von Workshops immer weiter ausbaute. Mitte 2021 lud er sein erstes Video auf Social Media hoch, in dem er Menschen auf der Straße fotografierte. „Die reine Porträtfotografie ist mir zu langweilig geworden und ich dachte, ich probiere mal was Neues aus.“ Auf TikTok hatte er zu dem Zeitpunkt gerade einmal 400 Follower. Seine Art, wie er auf die Menschen zugeht und sie höflich um ein Foto bittet, findet auf der Plattform viel Zuspruch.
Weniamin Schmidt vermittelt an Jugendliche: Nett sein ist nicht uncool
Quasi über Nacht entwickelte sich Schmidts TikTok-Kanal zum Internethit. In den rund 60-sekündigen Clips spricht er Passanten an, die ihm auffallen, macht ihnen Komplimente und schießt ein Foto von ihnen. Die überraschten, aber geschmeichelten Blicke der Protagonisten im Video: unbezahlbar. Die meisten Aufrufe erzielte mit mehr als 21 Millionen Klicks ein Video, in dem Schmidt eine Polizistin aus Stuttgart fotografierte. Durch die Decke ging mit mehr als 20 Millionen Aufrufen auch das Video eines Polizisten aus Karlsruhe. Mit seinem freundlichen und respektvollen Ton vermittelt Schmidt seinen jugendlichen Followern: Nett sein ist nicht uncool. „Ich Sieze zum Beispiel alle Menschen, die ich anspreche – egal, wie alt sie sind“, sagt er. „Ich benutze keine Wörter wie ‚Diggah‘ oder ‚Alter‘. Ich möchte zeigen: Auch wenn du nett bist, wirst du respektiert.“ Dieses Vorgehen – gepaart mit seinem unverkennbaren Dialekt – scheint bei den Fans voll ins Schwarze zu treffen.
Schmidts Motto: „Ich fotografiere nur schöne Menschen – also alle.“ Ob er jemanden anspricht, entscheidet er nicht danach, ob jemand den klassischen Schönheitsidealen entspricht. „Ich schaue meistens auf die Augen – denn die sprechen für sich“, so Schmidt. Wenn ihm jemand mit glänzenden Augen begegne, habe derjenige also gute Chancen, angesprochen zu werden. „Es gibt keine Kriterien, dass ich sage: So oder so muss eine Person aussehen, dass ich sie anspreche.“ Statt typischer Models findet man in den Videos eine große Bandbreite an verschiedenen Typen. Jung oder alt, schüchtern oder extrovertiert, beruflich oder freizeitlich unterwegs, mal mit dem Partner, mal mit der besten Freundin.
Weniamin Schmidt: Früher von Fotografen belächelt, heute ein gefeierter Internet-Star
Mit seinen viralen Videos und seiner Tätigkeit als Content Creator und Fotograf verdient Schmidt inzwischen so gut, dass er seinen Job als Schichtarbeiter an den Nagel gehängt hat. „Ich kann heute mit einem einzigen Video so viel verdienen, wie ich in meinem alten Job in einem Monat verdient habe – und ich habe gut verdient damals“, sagt er. Neben den sozialen Medien hat er als Selbständiger heute gleich mehrere Standbeine und bietet etwa Online-Kurse für Fotografie, Social-Media-Coachings oder Hochzeitsfotos an. Reich sei er deshalb aber nicht, wie nun viele denken würden.
In gerade einmal sieben Monaten hat Weniamin Schmidt auf seinen Social-Media-Kanälen insgesamt 1,4 Millionen Follower aufgebaut. Von einem derart rasanten Aufstieg können viele andere Content Creator nur träumen. „Meine Geschichte motiviert die Menschen“, sagt Schmidt. „Ich kann jedem nur mitgeben: Wenn man so etwas startet, muss man daran glauben und es einfach durchziehen. Auch wenn man anfangs vielleicht belächelt wird oder es erstmal nicht klappt.“ Am Anfang hätte er noch Nachrichten von Fotografen bekommen, die ihn ausgelacht hätten. „Weil ich bis dahin ja ganz normale Porträts gemacht habe. Als ich dann als Streetfotograf unterwegs war, haben die mich nicht ernst genommen.“ Mit der Zeit hätten viele der Kritiker ihre Meinung geändert. „Einige haben sich im Nachhinein entschuldigt“, sagt Schmidt.
Weniamin Schmidt sucht Fotomodelle: Müllmänner oder Krankenschwestern
Mit steigender Bekanntheit erreichten Schmidt immer mehr Anfragen für Fotoshootings. Ein Polizeirevier in Berlin hat ihn zum Beispiel gefragt, ob er dort filmen möchte. Auch andere Berufsgruppen – etwa Ärzte – kommen auf ihn zu, um durch seine Reichweite mehr Aufmerksamkeit zu erzielen. Wen Schmidt selbst gerne noch vor die Linse bekommen will: „Müllmänner. Ich finde, dieser Beruf hat mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber leider finde ich niemanden, der sich fotografieren lassen will.“ Einige habe er bereits angesprochen. „Entweder sie schämen sich für diese Arbeit – oder keine Ahnung warum – aber ich bekomme immer Absagen.“ Auch eine Krankenschwester könnte er sich noch als Fotomodell vorstellen.
Weniamin Schmidt
In Kasachstan geboren, kam Weniamin Schmidt 2004 nach Deutschland. Seit 2017 lebt er gemeinsam mit seiner Frau und drei Kindern (12, 2 und 1 Jahre alt) in Bretten bei Pforzheim. Wer Kontakt mit ihm aufnehmen möchte, erreicht ihn am besten per E-Mail. Kontaktdaten finden sich auf seiner Homepage.
Auf TikTok und Instagram ist Weniamin Schmidt inzwischen so bekannt, dass er sich auch im „echten Leben“ kaum vor Fans retten kann. Egal, ob in Karlsruhe, Stuttgart oder in einer anderen deutschen Großstadt – überall wird er von Menschen angesprochen und um ein gemeinsames Foto gebeten. „Die meisten fragen höflich. Es gibt aber auch welche, die mich am Handgelenk packen oder mich umarmen und denken, sie kennen mich persönlich, nur weil sie eine Story von mir gesehen haben.“ So manche Annäherung von Fans sei für ihn noch immer befremdlich. Dennoch versuche er stets, ruhig zu bleiben. „Anfangs habe ich auf Anfrage noch spontane Porträtfotos von Personen gemacht – inzwischen sage ich ihnen, dass sie ein Shooting bei mir buchen können.“
Weniamin Schmidt: „Viele schreiben mir, dass sie den ganzen Tag über ein Lächeln im Gesicht hatten“
Nachdem sein Projekt zunächst in Baden-Württemberg begonnen hat, bereist Schmidt inzwischen auch viele Orte außerhalb des Schwabenlands – etwa Berlin, Köln oder Frankfurt. Im Vergleich zu Stuttgart sei ihm in anderen Städten aufgefallen, dass die Menschen dort etwas aufgeschlossener und weniger distanziert seien. Als TikTok-Fotograf erkannt wird er mittlerweile fast überall. „Früher habe ich auf zehn Foto-Anfragen vielleicht drei Zusagen bekommen.“ Heute sei es genau andersherum. „Ich spreche inzwischen auch viel weniger Menschen an als früher – weil ich jetzt ein besseres Gespür dafür habe, wer für ein Video interessant sein könnte.“ Das Schönste an seinem Job sind für ihn die Reaktionen der Menschen, nachdem er sie angesprochen hat. „Viele schreiben mir danach, dass sie den ganzen Tag über ein Lächeln im Gesicht hatten – einfach, weil sie sich so über das nette Kompliment gefreut haben.“