Ukraine-Flüchtlinge renovieren altes Klostergebäude selbst – und dürfen nun mietfrei darin wohnen

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart bietet mietfrei das alte Kloster „Villa Hügel“ in Tübingen für Flüchtlinge in der Ukraine an. Da es renoviert werden musste, halfen kurzerhand einige Ukrainer selbst mit.
Tübingen - Ein Jahr ist es nun her, dass der Krieg in der Ukraine begonnen hat. Zahlreiche Menschen flüchteten seither aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland und stellten die Städte bei der Unterbringung vor eine enorme Herausforderung. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart wurden aufgrund des „massiven Zuzugs“ zum Ende des Jahres 2022 weitere Unterkünfte gebaut. Händeringend wurden in Baden-Württemberg auch Haus- und Eigentumswohnungen gesucht, um sie an die Geflüchteten zu vermieten.
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart bot daher bereits im vergangenen Jahr das ehemalige Klostergebäude „Villa Hügel“ in Tübingen mietfrei als Unterkunft für Ukraine-Flüchtlinge an. Bis zu 30 Menschen würden dort Platz finden, hieß es. Um das Kloster jedoch bewohnbar zu machen, musste es in einigen Bereichen renoviert werden. Da Handwerker nur schwer zu bekommen waren, nahmen sich kurzerhand einige ukrainische Geflüchtete selbst der Aufgabe an und brachten das Gebäude auf Vordermann.
Ukraine-Flüchtlinge renovieren altes Klostergebäude selbst – und dürfen nun mietfrei darin wohnen
Etwa 15 Ukrainer waren von Juni bis August 2022 im Einsatz, wie die Diözese Rottenburg-Stuttgart auf ihrer Homepage mitteilte. Unterstützung hätten sie von zahlreichen freiwilligen Helfern bekommen. Die Flüchtlinge hätten tapeziert, Wasserschäden beseitigt, die Bäder erneuert und neue Wasserleitungen gelegt, berichtet der SWR. „Am 22. August 2022 konnten insgesamt 23 ukrainische Geflüchtete in ‚ihr‘ selbst saniertes Gebäude einziehen“, schreibt die Diözese.
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Die geschätzten Kosten für die Renovierung des Klosters beliefen sich auf etwa 175.000 Euro. Durch die Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge wurde der Betrag fast halbiert. Und auch für die Geflüchteten hatte der Einsatz große Vorteile: Sie konnten dadurch schnell wieder aus dem Ankunftszentrum in der Kreissporthalle Tübingen-Derendingen ausziehen. Aktuell wohnen bereits 26 Ukraine-Flüchtlinge mietfrei in dem alten Klostergebäude. Ab dem 1. März 2023 wird die Stadt das Gebäude für die Anschlussunterbringung übernehmen – die Geflüchteten dürfen also weiterhin darin bleiben.
Bewohner der „Villa Hügel“ wollten Deutschland etwas zurückgeben
Landrat Joachim Walter lobte die Renovierung des Klostergebäudes als „ein absolutes Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter.“ Alle Beteiligten hätten davon profitiert: Die Geflüchteten hätten sich so von ihren schlimmen Erlebnissen in der Heimat ablenken können und der Landkreis habe sich Geld und Arbeit gespart. Nicht überall in Baden-Württemberg läuft die Unterbringung von Flüchtlingen so reibungslos ab. In Stuttgart bot ein Vermieter sein Haus an und fand sich schließlich in einem „realen Irrsinn“ wieder.
Daria Sova, eine Bewohnerin der „Villa Hügel“, ergänzt jedoch noch einen weiteren Aspekt, warum sie und die anderen Flüchtlinge die Stadt Tübingen so tatkräftig unterstützt haben. „Wir haben das gerne gemacht, weil wir dem Land, in das wir vor dem schrecklichen Krieg in unserer Heimat geflüchtet sind, etwas zurückgeben möchten. Die Hilfe, die wir hier erhalten, ist für uns nicht selbstverständlich“, wird sie auf der Homepage der Diözese Rottenburg-Stuttgart zitiert.