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Stuttgarter Intensivpflegerin sauer auf Ungeimpfte - „muss Dummheit der Menschen pflegen“

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Von: Julian Baumann

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Im Intensiv- und Überwachungsbereich im Klinikum Südstadt wird eine Patientin von Krankenschwester Steffi medizinisch versorgt.
Eine Stuttgarter Intensivpflegerin schildert die Lage in den Kliniken. Derzeit müssen viele Ungeimpfte behandelt werden (Symbolbild). © Danny Gohlke/dpa

Wegen des Coronavirus in Baden-Württemberg spitzt sich die Lage auf den Intensivstationen immer weiter zu. Eine Intensivpflegerin berichtet über ihre Situation.

Stuttgart - Das Coronavirus in Baden-Württemberg* begleitet den Alltag der Menschen nun seit beinahe zwei Jahren. Vor allem für das Personal von Krankenhäusern und anderen Pflegeeinrichtungen war und ist die Zeit eine besonders große Herausforderung. Durch die im Dezember 2020 gestarteten Corona-Impfungen in Stuttgart und Baden-Württemberg (BW24* berichtete) besserte sich die Lage im Südwesten zunehmend. Über die Sommermonate des aktuellen Jahres traten immer mehr Lockerungen in Kraft und auch die 7-Tage-Inzidenz spielt zur Bewertung der Pandemielage keine Rolle mehr.

Der Impffortschritt in Baden-Württemberg* verlief im Laufe der Monate immer schleppender und in den vergangenen Wochen stellte sich eine regelrechte Impfmüdigkeit ein. Laut den veröffentlichen Zahlen des Landesgesundheitsamtes sind derzeit 65 Prozent der Menschen im Südwesten vollständig gegen das Coronavirus geimpft (Stand: 5. November). Demnach sind noch immer viele Bürger Baden-Württembergs ohne Impfschutz und setzen sich einer zunehmenden Infektionsgefahr aus. Eine Intensivpflegerin aus der Landeshauptstadt Stuttgart* äußert ihren Unmut über die ungeimpften Patienten, die für das Personal noch mehr Arbeit bedeuten, wie Focus Online berichtet.

Coronavirus in Baden-Württemberg: Patienten auf Intensivstationen werden immer jünger

Aktuell steigen die Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Baden-Württemberg wieder deutlich an. Die 7-Tage-Inzidenz ist deutschlandweit sogar auf dem höchsten Wert seit Pandemiebeginn*. Einige Menschen bestreiten, dass es sich um eine „Pandemie der Ungeimpften“ handelt, die Erfahrungen der Stuttgarter Intensivpflegerin lassen jedoch genau das vermuten. „Sind sie geimpft? Seit einiger Zeit stellen wir Patienten, die neu zu uns auf Intensiv kommen, standardmäßig diese Frage“, erzählt die Frau, die an einer Klinik in Stuttgart* angestellt ist, Focus Online. „Die Antwort ist in den allermeisten Fällen schon im Vorfeld klar: Natürlich nicht.“

Als die Impfungen gegen das Coronavirus im Dezember 2020 starteten, war die Reihenfolge klar vorgegeben. Priorität hatten zunächst die alten Menschen und solche, mit bestimmten Vorerkrankungen. Deswegen sei es auch verständlich, dass deren Impfschutz allmählich nachlasse, erklärt die Intensivpflegerin. „Die Antikörper werden ja mit der Zeit weniger.“ Im vergangenen Jahr hätte das Personal der Stuttgarter Klinik zu dieser Zeit hauptsächlich alte Patienten mit Corona-Infektionen, inzwischen seien die Infizierten jedoch immer jünger. „Ich denke da zum Beispiel an einen 32-Jährigen, der inzwischen gestorben ist“, erklärt die Intensivpflegerin. „Natürlich nicht geimpft – auch hier traf das zu.“

Coronavirus in Baden-Württemberg: Viele Patienten haben Angst vor Nebenwirkungen

Im Laufe der Corona-Pandemie bildete sich eine Personengruppe, die die Gefahr der Lungenkrankheit herabspielte oder das im schlimmsten Fall tödliche Virus sogar ganz verleugnete. In Baden-Württemberg leugnen offenbar sogar viele Ärzte das Coronavirus*. Doch bei weitem nicht alle Menschen, die aktuell noch ungeimpft sind, sind Corona-Leugner. Viele haben auch deutlich rationalere Gründe. „Der 32-Jährige war kein Corona-Leugner“, erklärt die Intensivpflegerin. „Ich wollte meine Fruchtbarkeit nicht verlieren, sagte er, als er noch sprechen konnte.“ Die Angst vor Nebenwirkungen könne sie verstehen, in Relation seien diese Nebenwirkungen jedoch sehr selten.

Dadurch dass einige Patienten rationale Gründe gegen eine Corona-Impfung vorlegen, eine Verweigerung des Impfschutzes jedoch eine drastische Erhöhung der Infektionsgefahr darstellt, schwankt das Klinikpersonal in Stuttgart oftmals zwischen Mitleid und Unverständnis. „Wobei Letzteres in manchen Fällen überwiegt“, so die Intensivpflegerin. Im vergangenen Jahr sei das medizinische Personal in ganz Deutschland für ihre Leistungen in der Pandemie beklatscht und bejubelt worden, inzwischen würden sie aber gerne wieder normal ihrem Job nachgehen. „Was bei einer ausreichenden Impfquote ja auch möglich gewesen wäre“, sagte die Stuttgarter Intensivpflegerin Focus Online. „Jetzt geht der Ausnahmezustand weiter beziehungsweise verschärft sich sogar noch.“

Eine Rückkehr des medizinischen Personals zum normalen Betrieb ist wohl erst mit einer deutlich höheren Impfquote möglich. Aktuell steigt die Belastung auf den Intensivstationen in Baden-Württemberg und Deutschland jedoch immer weiter an. „Ich muss die Dummheit der Menschen pflegen, denke ich manchmal“, sagte die Intensivpflegerin. „Das alles ist unglaublich anstrengend und übersteigt, was wir aus unserem Beruf sonst gewohnt sind. Körperlich. Und auch seelisch.“ *BW24 ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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