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Schwäbische Schulklasse strandet mitten in der Nacht am Frankfurter Bahnhofsviertel

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Von: Sebastian Richter

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Die Rückreise in die schwäbische Provinz endet für eine Schulklasse vorzeitig am Hauptbahnhof in Frankfurt. Die Bahn lässt die Schüler mehrfach im Stich.

Frankfurt – Der Hauptbahnhof in Frankfurt ist berüchtigt. Auch das umgebende Bahnhofsviertel besticht nicht gerade durch einen großen Wohlfühlfaktor. Eine Schulklasse aus Bad Saulgau in Baden-Württemberg musste dort eine ganze Nacht verbringen – wegen des Streiks der Deutschen Bahn. Und auch am nächsten Tag endete ihre Odyssee noch nicht.

Die unerwartet umständliche Reise ereignete sich am Donnerstag (20. April). Statt wie geplant am Abend in Hamburg die Rückreise von einer Klassenfahrt anzutreten und gegen 8.20 Uhr wieder in der beschaulichen Heimat zu sein, blieb die 23 Schüler große Gruppe ungeplant für eine Nacht im Bahnhofsviertel. Die Bahn konnte keines ihrer Versprechen halten, erzählt später einer der Lehrer gegenüber der Zeitung Schwäbische.

Bahn kann mehrere Versprechen nicht halten

Am Abend vor der Heimreise hatte der Lehrer sich noch aufgrund des bevorstehenden Streiks über die Rückreise informiert. Alles sah gut aus, gab ihm demnach die Bahn zu verstehen. Der Nachtzug solle planmäßig in Hamburg um 19.38 Uhr abfahren und die Reisegruppe knapp 12 Stunden später in Bad Saulgau ankommen. Lehrer und Schüler standen rechtzeitig am Bahnsteig in Hamburg und waren bereit, die Reise anzutreten. Wenige Minuten vor Abfahrt kam dann die Nachricht, dass dieser Zug leider nicht fahren werde. Es gab zwar noch einen Alternativzug – doch der schon jetzt war klar, dass die Schulklasse wenigstens die Nacht über in Frankfurt stranden werde.

Wieder hielt der Lehrer Rücksprache mit der Bahn. Diesmal versprachen die Mitarbeiter ihm, dass für die Klasse eine Unterkunft organisiert werde. Als die Gruppe um 0.44 Uhr (also einer Uhrzeit, an der schon ohne Bahnstreik deutlich weniger Reisende am Bahnhof unterwegs sind) in Frankfurt ankommen, versucht der Lehrer am Infocenter eine Übernachtung zu organisieren. Leider Fehlanzeige: die Bahnmitarbeiter waren von der Situation „hoffnungslos überfordert“, erzählt der Lehrer später der Schwäbischen.

Mit viel Glück und weil er Geld vorstreckte, ergattert der Lehrer in einem Hotel wenige Minuten vom Bahnhof entfernt genügend Zimmer, um die Klasse unterzubringen. Nun stand der Klasse eine Nacht mitten im berüchtigten Bahnhofsviertel bevor.

Schulklasse strandet im Frankfurter Bahnhofsviertel

Schon bei Tageslicht ist die Gegend rund um den Hauptbahnhof Frankfurt ein Ort, den man mögen muss. Allerdings gibt es dann zwischen dem offenen und ungenierten Drogenkonsum wenigstens Leben auf der Straße. Allerlei Geschäfte haben geöffnet, Bankmitarbeiter sind auf der Durchreise Richtung Bankenviertel, man begegnet dem einen oder anderen Touristen, es gibt Polizeistreifen, eben durchschnittliche Menschen. Am Wochenende verwandelt sich das Viertel in den späteren Stunden zunehmend in ein Szeneviertel, das Nachtleben erwacht, die Kneipen und Bars ziehen feierwütige Partygänger an.

Im Frankfurter Bahnhofsviertel ist die Polizei besonders gefordert.
Das Frankfurter Bahnhofsviertel bei Nacht. © Boris Roessler/dpa

Anders allerdings an normalen Arbeitstagen. Dann meiden bei Nacht selbst ortskundige Frankfurter das Bahnhofsviertel. Die durchschnittlichen Menschen verschwinden, zurückbleiben die, die nirgendwo anders hinkönnen. So wie die Schulklasse aus Bad Saulgau.

Chaos-Klassenfahrt aus Hamburg: Denkwürdige Rückreise über Frankfurt

Erst um 3 Uhr Nachts hat jeder der Schüler ein Zimmer. Der Lehrer muss Geld vorstrecken, um den ungeplanten Zwischenhalt zu finanzieren. Am nächsten Tag nach wenigen Stunden Schlaf geht die Fahrt gegen 12.20 Uhr nach Ende des Streiks schließlich weiter Richtung Heimat.

Die Chaos-Tour könnte hier ein gutes Ende haben, doch der Streik zeigte wohl weiter Auswirkungen. In Stuttgart gab es einen weiteren ungeplanten Stopp, diesmal glücklicherweise nur 20 Minuten und keine ganze Nacht. Dann schaffte es beim Umstieg in Ulm nicht die ganze Gruppe aus dem Zug – für drei Schüler und einen Lehrer ging die Reise weiter bis nach Günzburg. Während die restliche Klasse um 17.20 Uhr – fast 22 Stunden nach Abfahrt in Hamburg – wieder zu Hause war, dauerte die Heimreise für die vier Pechvögel fast einen ganzen Tag. Sie erreichten erst gegen 19.30 Uhr das rund 18.000 Einwohner große Städtchen in der Nähe des Bodensees. Insgesamt eine denkwürdige Rückreise. (spr)

Die Schülerinnen und Schüler aus Baden-Württemberg waren nicht die einzigen, die wegen des Streiks der Bahn am Hauptbahnhof Frankfurt strandeten.

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