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JVA Schwäbisch Gmünd: Wie für Häftlinge Weihnachten im Gefängnis aussieht - „Religion spielt große Rolle“

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Von: Valentin Betz

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Der Eingang der JVA Schwäbisch Gmünd.
Auf dem ganzen Gelände der JVA gibt es etwa 40 Weihnachtsbäume, die auch von den Gefangenen geschmückt werden. © IMAGO/JVA Schwäbisch Gmünd

Nicht jeder kann Weihnachten im Kreis der Familie verbringen. Das gilt insbesondere für das Frauengefängnis in Schwäbisch Gmünd. Die Feiertage dort sind schwierig - aber wichtig.

Schwäbisch Gmünd - In Baden-Württemberg gibt es insgesamt 17 Justizvollzugsanstalten (JVA). Eine davon ist das Frauengefängnis in Schwäbisch Gmünd. Mehrere hundert weibliche Gefangene sind dort aktuell untergebracht. Sie entrichten Freiheitsstrafen, befinden sich in Jugend- oder Untersuchungshaft oder in Sicherungsverwahrung.

Wie viel Zeit jede Frau in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd verbringen muss, ist unterschiedlich. Abgesehen von Ausnahmen sehen die Gefangenen die Freiheit so lange aber nur als etwas jenseits der Mauern. Die Vorweihnachtszeit und die anstehenden Feiertage stellen deshalb eine besondere Herausforderung für den Vollzug und die gefangenen Frauen dar. BW24 sprach mit Claudia Zink, der stellvertretenden Anstaltsleiterin, über die Feiertage hinter Gittern.

Weihnachten im Frauengefängnis: Schon der Advent wird in der JVA zelebriert

Anders als vielleicht vermutet wird nicht die gesamte Außenwelt von den Gefangenen im Frauengefängnis Schwäbisch Gmünd ferngehalten. Wie überall beginnt in der JVA Weihnachten nicht erst mit den Feiertagen. Schon im Advent basteln die Frauen und schmücken die Abteilungen festlich, in denen sie untergebracht sind. Auf dem ganzen Gelände gibt es etwa 40 Weihnachtsbäume, die auch von den Gefangenen geschmückt werden.

Zudem hat die JVA Schwäbisch Gmünd gegenüber anderen Anstalten eine Besonderheit. Bis zum Jahr 1803 befand sich auf dem Gelände das Dominikanerinnenkloster Gotteszell. Ein Großteil der klösterlichen Gebäude stehen unter Denkmalschutz und sind bis heute erhalten - einschließlich der Kirche. Entsprechend finden Gottesdienste nicht wie in anderen Gefängnissen in einem schlichten Raum mit Altar statt, sondern in einer historischen Kirche.

Heiligabend ist im Frauengefängnis von Schwäbisch Gmünd dann auch eher ein „Heiliger Nachmittag“, wie die stellvertretende Anstaltsleiterin Claudia Zink gegenüber BW24 erklärt. Schon am Mittag beginnen erste Gottesdienste - insgesamt finden mehrere statt, getrennt nach Untersuchungs- und Strafhaft.

JVA Schwäbisch Gmünd: So laufen die Feiertage im Frauengefängnis

Anders als sonst dürfen die Frauen im Gefängnis von Schwäbisch Gmünd an den Feiertagen auch länger in den Wohnbereichen bleiben, bevor sie zur Nachtruhe in ihren jeweiligen Haftraum müssen. Einen solchen Wohnbereich teilen sich im Langstrafenbereich laut Claudia Zink bis zu 15 Gefangene, in anderen Hafthäusern noch mehr. „Im Aufenthaltsraum mit Küche kochen manche Frauen dann auch gemeinsam ein Weihnachtsessen“, erklärt sie BW24. Dafür können die Frauen vorher Einkäufe erledigen.

Dieses Jahr fallen der erste und zweite Weihnachtsfeiertag zwar auf ein Wochenende. Aber auch sonst hätten die Frauen im Gefängnis von Schwäbisch Gmünd an beiden Tagen „frei“. Denn eigentlich gilt im Strafvollzug Arbeitspflicht, in der JVA können die Gefangenen beispielsweise in einer Schreinerei und einer Wäscherei mit Bügelei arbeiten. „An beiden Tagen gibt es auch ein besonderes Mittagessen“, erklärt Zink. Anders als an Heiligabend dürfen Gefangene am ersten Weihnachtsfeiertag auch Besuch empfangen.

Der weihnachtlich Geschmückte Altar in der Kirche der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd.
Weihnachten im Frauengefängnis: Als ehemaliges Kloster hat die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd eine eigene Kirche, die feierlich geschmückt wird. © Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd

Eine Besonderheit im Justizvollzug ist die Freistellung aus der Haft. Die betroffenen Gefangenen dürfen grundsätzlich jedes zweite Wochenende das Gefängnis verlassen. Über die Weihnachtsfeiertage sind sie praktisch „ausnahmslos zu Hause und kommen erst am 26. wieder zurück“, erklärt die stellvertretende Anstaltsleiterin Claudia Zink. Allerdings bieten die Weihnachtsfeiertage im Frauengefängnis nicht für alle solche Lichtblicke, wie für die Freigestellten.

Weihnachten im Gefängnis: Alleinsein ist für viele Frauen in der JVA Schwäbisch Gmünd ein Problem

Traditionell gewährt das Land jährlich die Weihnachtsamnestie, viele Häftlinge werden dann vorzeitig entlassen. Für diejenigen, die an den Feiertagen in Gefangenschaft sind, hat das Fest nicht nur schöne Seiten. Schon bei den Freigestellten werde darauf geachtet, dass über Weihnachten entweder alle weg sind, oder mindestens zwei in der JVA bleiben, so Claudia Zink. Denn das Alleinsein und die Einsamkeit sind besonders in dieser Zeit ein Problem.

An Heiligabend besteht deshalb für Frauen, die sich ihren Haftraum mit niemandem teilen, die Möglichkeit, die Nacht im Haftraum einer Mitgefangenen zu verbringen. „Niemand soll alleine sein“, so Zink. Entsprechend sind auch arbeitsfreie Tage zwischen Weihnachten und Neujahr gar nicht so beliebt. Den Gefangenen ist es meist lieber, durchzuarbeiten - auch aus finanzieller Sicht, da es bei einer Betriebsschließung auch keinen Lohn gibt. Claudia Zink beschreibt Weihnachten deshalb als „schwierige Zeit“. Eigentlich ist es ein Familienfest, das viele straffällig gewordene Mütter getrennt von Kindern, Partnern und Verwandten verbringen müssen.

Entsprechend sei schon die Vorweihnachtszeit oft von Traurigkeit und blank sitzenden Nerven geprägt, an Heiligabend werden deshalb auch oft langjährige Vollzugsbeamtinnen eingesetzt, die einen guten Bezug zu den Gefangenen haben.

Weihnachten im Gefängnis über alle Glaubensgemeinschaften hinweg mit großer Bedeutung

Dass Weihnachten eigentlich ein christlich geprägtes Fest ist, spielt in der JVA Schwäbisch Gmünd im Übrigen keine Rolle. Laut Claudia Zink wären viele Gefangene aktiv an den Angeboten interessiert, unabhängig davon, welcher Religion sie angehörten. Die Gottesdienste würden beispielsweise auch von Musliminnen wahrgenommen. Letzten Endes sei die Kirche aber auch einfach ein Treffpunkt, der den Frauen die Möglichkeit zum sozialen Austausch böte.

Denn auch wenn die Zugehörigkeit zu einzelnen Glaubensrichtungen keine Rolle in der JVA Schwäbisch Gmünd spiele: Religion sei für die Frauen von großer Bedeutung, so Zink. Die Kirche in Gotteszell sei für viele ein Ort, wo sie zur Ruhe kämen. Durch Religion vermittelte Werte und Moralvorstellungen seien während der Haft ebenso wichtig, wie die dadurch vermittelte Hoffnung.

Viele Frauen kämpfen während ihrer Zeit in der JVA Schwäbisch Gmünd mit Schuldgefühlen, fragen sich, ob sie noch ein Recht auf Leben und Fröhlichkeit haben. „Da hilft Glaube und Religion ungemein“, so Zink zu BW24. Im Frauengefängnis arbeiten deshalb auch drei christliche und eine islamische Seelsorgerin.

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