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EnBW will Anlage in Kleinstadt bauen - Bürger laufen Sturm: „Schlägt dem Fass den Boden aus“

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Von: Valentin Betz

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Das Kohlekraftwerk Walheim liegt direkt am Neckar.
Pläne der EnBW: Auf der Kohlelagerfläche soll eine Klärschlammverwertungsanlage entstehen. Der Gemeinde Walheim passt das überhaupt nicht. © Bernd Weißbrod/dpa

In Walheim wird bald ein Kohlekraftwerk der EnBW stillgelegt. Stattdessen soll Klärschlamm verwertet werden. Die Gemeinde wehrt sich massiv dagegen.

Walheim - Eine Gemeinde im Kreis Ludwigsburg legt sich mit dem Energieunternehmen EnBW an. In Walheim steht bereits seit den 1960er Jahren ein Kraftwerk, das über zwei kohlebefeuerte Blöcke und eine Gasturbine verfügt. Spätestens 2023 soll der mit Kohle betriebene Teil des Kraftwerks stillgelegt werden.

Die EnBW möchte dann auf Teilen der derzeitigen Kohlelagerfläche eine sogenannte Klärschlammverwertungsanlage bauen. Die sorgt zwischen Walheim und dem Energieversorger für reichlich Zwist. Der Gemeinderat hatte einen Bebauungsplan für das Kraftwerksgelände erstellt und diesen mit einer Veränderungssperre gesichert - die EnBW kann dadurch eigenmächtig nichts mehr bauen. Laut Deutscher Presseagentur (dpa) zog diese Diskussion bereits vor den Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg. Schon jetzt gibt es aber weiteren Ärger zwischen den Parteien.

Klärschlamm statt Kohle: Pläne von EnBW stoßen auf Widerstand in Walheim

Die EnBW rüstet aktuell an mehreren Standorten um. Im Landkreis Esslingen will die EnBW ein Kohle- durch ein Gaskraftwerk ersetzen. Mit den Plänen für die Klärschlammverwertungsanlage stößt das Energieunternehmen aber auf wenig Gegenliebe - obwohl die Anlage im Prinzip Gutes tut. Klärschlamm ist nämlich ein Abfallprodukt aus Kläranlagen, der anfallen wird, solange es uns Menschen gibt. Leider enthält er laut EnBW „diverse Schadstoffe“, weshalb der Schlamm oft auch in Kohlekraftwerken verbrannt wurde.

Dadurch geht aber auch wertvolles Phosphor verloren, das Deutschland als wichtigen Dünger importiert. Eine spezialisierte Verbrennungsanlage von Klärschlämmen ermöglicht es, Phosphor aus der Asche zurückzugewinnen. Walheim will die Anlage laut dpa aus mehreren Gründen trotzdem nicht. Einerseits äußert die Gemeinde Bedenken wegen Geruchs, Lärms und des Verkehrs. Außerdem würde die frei werdende Fläche Platz für Wohnungen oder Kleingewerbe bieten.

Wie die Bietigheimer Zeitung berichtet, will Walheim aber auch die „idyllische Lage im Neckartal“ nicht durch die Klärschlammverwertungsanlage zerstört sehen. Die EnBW zeigt dafür wenig Verständnis. „Es ist ein Widerspruch, einerseits den Kohleausstieg zu wollen und zu fordern, gleichzeitig aber die hierfür erforderlichen Anlagen abzulehnen“, so der Projektverantwortliche laut dpa.

EnBW-Pläne in Walheim: Vorschlag des Energieunternehmens bringt Stimmung zum Kippen

Für wirklichen Ärger sorgte aber ein Vorschlag der EnBW im Streit um die geplante Klärschlammverwertungsanlage. Denn anstatt wie von Walheim gewünscht einen Dialog zu führen, schlugen die Verantwortlichen beim Energieunternehmen die Gründung eines Bürgerrats vor. Die Initiative Bürger im Neckartal (BiN) reagierte darauf schockiert. „Die Ankündigung der EnBW eines Bürgerrats interpretiert die BiN als Versuch, Gemeinderat und Bürgerschaft zu spalten und die Arbeit der BiN zu unterlaufen“, heißt es in einem offenen Brief laut Bietigheimer Zeitung.

Inzwischen gibt es eine Resolution gegen die Pläne der EnBW und die Klärschlammverwertungsanlage, an der sich auch umliegende Gemeinden beteiligen. Der Vorschlag eines Bürgerrates habe „dem Fass den Boden ausgeschlagen“, so Gemeinderatsmitglied Christian Herbst aus Besigheim. Seiner Ansicht nach funktioniere der Vorschlag frei nach dem Motto: „Wenn die gewählten Vertreter nicht so entscheiden, wir wir es wollen, gründen wir eben ein eigenes Gremium“.

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