„Invasive Spezies“ breitet sich in Baden-Württembergs Wohngebieten aus: Stadtjäger sollen sie stoppen

Waschbären gehen im Kreis Ludwigsburg aktuell vermehrt in Wohngebieten auf Nahrungssuche. Abhilfe schaffen sollen sogenannte Stadtjäger.
Marbach - Durch seine hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Lebensräume findet sich der Waschbär auch in städtischen Gebieten gut zurecht. Bewohner von Kommunen im Raum Stuttgart bekommen dies deutlich zu spüren. Im Kreis Ludwigsburg sind in den vergangenen Monaten immer mehr Fälle gemeldet worden, in denen Waschbären auf Nahrungssuche gesichtet wurden. „Ihre Zahl hat drastisch zugenommen“, bestätigte der Jäger Volker Schiele aus Ludwigsburg gegenüber der Stuttgarter Zeitung. In jedem Monat erhalte er fünf bis sechs Beschwerden aus Wohngebieten, allein in einer Jagdwoche Ende August habe man im Wald 20 Tiere erlegt.
Erst vor Kurzem enttarnten Bewohner eines Wohngebiets in Marbach einen Waschbären, der nachts durch ihre Straße schlich. Eine Wildkamera zeichnete das Tier auf, das zuvor bereits mehrere Tage lang für Fragezeichen gesorgt hatte, weil es mehrmals Kot hinterließ. Vermutlich befand sich das Tier auf der Suche nach Essensresten im Müll und auf dem Kompost. Auch in Benningen soll ein Waschbär nachts abgelichtet worden sein. Doch wie können sich Bürger vor den drollig aussehenden Tieren schützen, die bei ihrer Futtersuche mitunter für Chaos sorgen?
Waschbären in der Wohnsiedlung: Das sollten Bürger beachten
Bürger können so manche Vorkehrung treffen, um den Waschbären keinen Raum für Verstecke zu bieten. So sollte, wer einen Schuppen hat, diesen beispielsweise gut aufräumen, rät Klaus Ruge, Vorsitzender des Naturschutzbundes Marbach gegenüber der Stuttgarter Zeitung. Wer dennoch einen Waschbären im eigenen Garten oder der Garage entdeckt, sollte nicht selbst handeln. Stattdessen empfiehlt es sich, einen Experten zurate zu ziehen. Bislang durften die Tiere in Siedlungen nicht gejagt werden. Durch ein geändertes Wildtier-Management-Gesetz der Landesregierung in Baden-Württemberg hat sich das jedoch jetzt geändert. Das Gesetz erlaubt es Gemeinden in Zukunft, ausgebildete Stadtjäger einzusetzen. Dabei bezieht sich das Land auf eine EU-Verordnung, laut der der Waschbär als „invasive und gebietsfremde Art sowohl innerstädtisch als auch außerstädtisch“ bejagt werden darf.
Ursprünglich waren Waschbären in Nordamerika beheimatet. Durch den Menschen wurden die Tiere schließlich nach Europa gebracht. Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte sich der Waschbär auch in Deutschland etablieren. Der erste Waschbär in Baden-Württemberg wurde 1960 bei Benningen (Kreis Ludwigsburg) gemeldet. Mittlerweile liegt der Verbreitungsschwerpunkt der Art im Nordosten Baden-Württembergs und am mittleren Oberrhein. Als Haustier ist der Waschbär streng verboten.
Waschbären: Unkomplizierte Esser mit abwechslungsreichem Speiseplan
Meist kommen die Waschbären in der Dämmerung aus ihren Verstecken und machen sich auf die Suche nach Nahrung. Ob kleine Fische, Krebse oder Frösche - Waschbären sind nicht wählerisch. Neben kleinen Echsen oder Mäusen stehen außerdem Obst, pflanzliche Nahrung und Nüsse auf ihrem Speiseplan. Weil es in ihrem natürlichen Lebensraum, dem Wald, nicht immer ausreichend Nahrung für sie gibt, machen sie sich auch zunehmend in Wohngebieten auf Futtersuche.