Lamas und Esel sollen Rinder im Schwarzwald vor Wölfen schützen
Im Schwarzwald könnte sich bald ein Wolfsrudel bilden. Viehhalter in der Region denken vermehrt darüber nach, wie sie ihre Tiere schützen können. Ein Pilotprojekt mit Lamas und Eseln soll Abhilfe schaffen.
Feldberg - Nachdem in St. Blasien nahe de Schluchsees Mitte Februar zwei Wölfe in eine Fotofalle getappt sind, rechnen Experten mit einer Rudelbildung. Da die Paarungszeit von Wölfen gewöhnlich im Zeitraum von Januar bis März stattfindet, stehen die Chancen gut, dass es bald Nachwuchs gibt. Für Weidetierhalter dürfte die Nachricht alarmierend sein. Nicht nur kleinere Nutztiere sind gefährdet. Neben Schafen und Ziegen stehen auch Rinder auf dem Speiseplan der Wölfe. Erst kürzlich wurde ein totes Rind am Schluchsee aufgefunden. Schnell stand fest: Der Verursacher war ein Wolf.
Um Wölfe von ihren Rindern fernzuhalten, planen Landwirte im Schwarzwald künftig auch mit ungewöhnlichen Maßnahmen. Im Rahmen eines Pilotprojekts sollen bald ausgesuchte Betriebe ihre Rinderherden mit Lamas und Eseln schützen. Das Projekt wird vom Umweltministerium finanziert. Lamas und Esel sind als Herdenschutztiere bekannt. So reagieren etwa Esel mit Schreien, Zähne zeigen und Hufattacken, sobald sich ein Wolf nähert. Die Abneigung gegen Hundeartige ist ihnen angeboren – genau wie den Lamas. Auch sie gehen in der Regel auf den Wolf zu, anstatt davonzurennen. Durch ihre Größe und ihre stolze Haltung wirken sie auf den Wolf abschreckend.
Wolfsabwehr im Schwarzwald: Neue Methoden müssen her
„Zusammen mit dem Landwirt wird überlegt: Wie kann ich den Herdenschutz gegenüber dem Wolf optimieren?“, erklärt Roland Schöttle, Geschäftsführer Naturpark Südschwarzwald, gegenüber dem SWR. „Wir wollen in diesem Projekt einiges ausprobieren, es gibt in der gesamten Bundesrepublik noch keine fertige Lösung.“ Den Herdenschutz vom Schaf könne man nicht eins zu eins auf das Rind übertragen. „Denn dann hätten wir große Sorge, dass der Schwarzwald komplett zu wäre mit Zäunen.“ Während die wolfssicheren Zäune bei Schafen noch klein seien, würden diese bei Rindern zu teuer und zu aufwendig. Es müssen also andere Methoden zur Wolfsabwehr her.

Das Problem für die Landwirte: Nur bei ausreichender Sicherung ihrer Weidetiere erhalten sie im Falle eines Wolfsrisses eine Entschädigung. Um die Landwirte zu entlasten, hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gemeinsam mit anderen Naturschutz- und Jagdverbänden 2013 den „Ausgleichsfonds Wolf“ gegründet. Aus diesem erhalten betroffene Nutztierhalter eine Entschädigung, wenn ein Wolf ihre Tiere reißt. Dabei werden nicht nur Schäden durch den Verlust von Weidetieren ausgeglichen, sondern auch Tierarztkosten für verletzte Tiere oder die Kosten einer Suche ausgebrochener Tiere übernommen. Durch den Ausgleichsfonds Wolf soll die Akzeptanz für den Wolf erhöht werden.
Speiseplan von Wölfen: Gerade mal ein Prozent der Beute sind Nutztiere
Laut BUND reißen Wölfe nur selten Nutztiere. „Gerade mal ein Prozent der erlegten Beute in Deutschland sind Nutztiere“, schreibt die Organisation auf ihrer Website. Wie das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz mitteilt, ernährt sich der Wolf zu über 90 Prozent von Reh-, Rot- und Schwarzwild, deren ohnehin sehr hohe Bestände in Deutschland weiter zunehmen. Andere Wildtierarten zähen nur in Ausnahmefällen zum Beutespektrum des Wolfes und sind daher nicht gefährdet.
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Obwohl Weidetiere wie Schafe, Ziegen und Rinder nicht ganz oben im Speiseplan der Wölfe stehen, zeigen sich Landwirte alarmiert. Wie der SWR berichtet, denken manche von ihnen sogar schon ans Aufhören. Nachdem sich im Schwarzwald das erste Wolfspaar angesiedelt hat – was mehrmals dokumentiert wurde – herrscht offenbar akute Alarmbereitschaft. Roland Schöttle, Geschäftsführer beim Naturpark Südschwarzwald, möchte das unbedingt verhindern. Wie er betont, könne die Landschaft nur durch Beweidung offen gehalten werden.
Wölfe in Deutschland und Baden-Württemberg: Rückkehr gilt als Erfolg des Artenschutzes
Nachdem Wölfe in Deutschland 150 Jahre lang ausgerottet waren, kehrten sie rund um das Jahr 2000 wieder in die Bundesrepublik zurück. Ihre Rückkehr gilt als großer Erfolg des Artenschutzes. Seit der Wolf 2015 nach Baden-Württemberg eingewandert ist, wurden laut des Naturschutzbund Nabu insgesamt 13 Wölfe eindeutig nachgewiesen. Die Ausbreitung der Wölfe macht vielen Menschen Angst. Panik ist jedoch in den meisten Fällen unbegründet: Die meisten Wölfe sind vorsichtig und ziehen sich zurück, wenn sie auf Menschen treffen. Wie man sich bei einer Begegnung richtig verhält, erklärte kürzlich das Landesministerium Niedersachsen. Der Wolf zählt zu den streng geschützten Tierarten und darf deshalb nicht gejagt werden. Die einzige Ausnahme: Wenn ein Wolf trotz Herdenschutzmaßnahmen zwei mal hintereinander Nutztiere reißt, darf er abgeschossen werden.