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„Kleine Sensation“: Archäologen graben in Freiburg mehr als 500 Skelette von Lepra-Kranken aus

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Von: Sina Alonso Garcia

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Lepra-Friedhof in Freiburg
Die Grabungen auf dem Lepra-Friedhof in Freiburg förderten hunderte Skelette zutage. © Landesamt für Denkmalpflege, Regierungspräsidium Stuttgart, Bertram Jenisch

Die Ausgrabungen auf dem ehemaligen Lepra-Friedhof in Freiburg gehen in die Zielgerade. Neben hunderten Skeletten legten die Archäologen Mauern eines historischen Gebäudes frei.

Freiburg - Eigentlich sollte in der Kronenstraße 21 in Freiburg im April 2020 zunächst nur eine Tiefgarage gebaut werden. Was bei den Grabungen für die Bauarbeiten dann zutage trat, hätte wohl keiner vermutet: Im Erdreich verborgen lagen hunderte Gräber mit menschlichen Skeletten. Nun stehen die Grabungen unmittelbar vor dem Abschluss. Die Zahl der ausgegrabenen menschlichen Bestattungen ist inzwischen auf mehr als 550 gestiegen. Zudem legten die Archäologen Mauern eines ehemaligen Gebäudes frei.

Wie das Landesamt für Denkmalpflege in Baden-Württemberg mitteilt, stand an dem Fundort im 12. Jahrhundert ein mittelalterliches Leprosorium. Lepra-Kranke wurden dort vom Rest der Bevölkerung isoliert, um eine Weiterverbreitung der Krankheit zu verhindern. Medikamente zur Bekämpfung gab es damals noch nicht. Die Lepra ist eine der ältesten bekannten Infektionskrankheiten der Menschheitsgeschichte und wird schon in der Bibel erwähnt. Sie befällt Haut und Nervensystem, wodurch sich bei Infizierten Beulen und Knoten auf der Haut bilden. Durch Nervenschäden verlieren Betroffene das Gefühl in Händen oder Füßen, manche erblinden.

Ausgrabungen in Freiburg: „Eines der bestdokumentierten Gutleuthäuser bundesweit“

Fachleute sind von den Ausgrabungen in Freiburg wie elektrisiert. Bertram Jenisch vom Landesamt für Denkmalpflege spricht von einer „kleinen Sensation“. Was im Zuge der Grabungsarbeiten zutage trat, übertrifft die Erwartungen noch um ein Vielfaches. „Mit dieser Grabung haben wir eines der bestdokumentierten Gutleuthäuser bundesweit“, so Jenisch gegenüber der Badischen Zeitung. „Das macht uns schon ein bisschen stolz.“

Gutleuthaus

Gutleut wurden im Mittelalter die Leprakranken genannt. Man glaubte, dass die Not dieser „Aussätzigen“ Wohltätern die Möglichkeit gab, sich durch gute Werke den Himmel zu verdienen. Ihnen blieb nur die Wahl, fortzugehen oder in einem Gutleuthaus außerhalb der Ortschaft zu leben.

Da das Leprosorium 1251 erstmals urkundlich erwähnt wurde, gingen die Denkmalschützer zunächst davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt „alles anfing“. Anhand der Analyse der freigelegten Mauern korrigierten die Experten ihre Einschätzung: Wie sie vermuten, gab es bereits zwei Generationen vor der urkundlichen Erwähnung Gebäude und einen Lepra-Friedhof an dieser Stelle. „Erfasst wurden zunächst die Fundamente einer kleinen Kapelle“, berichtete Jenisch. „Im aktuellen Grabungsausschnitt kam nun das steinerne Fundament eines Wohngebäudes mit einem mehrfach erneuerten Pflasterboden zutage.“

Aufgrund der Bauweise aus Dreisamgeröllen, Keramikfunden, sowie auf die Zeit vor 1200 datierten Gräbern, ließen sich die Baubefunde an das Ende des 12. Jahrhunderts datieren. Erstmals wurden damit Baustrukturen vor den Toren Freiburgs südlich der Dreisam erfasst.

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