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Freiburg: Archäologen graben 400 menschliche Skelette aus - sie starben an einer unheimlichen Krankheit

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Von: Valentin Betz

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Ein menschliches Skelett liegt auf dem Boden
Archäologen haben in Freiburg fast 400 Skelette freigelegt - sie starben an einer gruseligen Krankheit (Symbolbild). © Hendrik Schmidt/dpa

Archäologen stoßen manchmal an ungewöhnlichen Orten auf Sensationsfunde - wie aktuell in Freiburg. Die freigelegten Skelette weisen auf eine Krankheit hin, die besonders im Mittelalter wütete.

Update vom 24. November, 13.03 Uhr: Inzwischen stehen die Grabungen auf einem Leprafriedhof in Freiburg vor dem Abschluss. Die Archäologen konnten dabei interessante neue Erkenntnisse gewinnen. Sie entdeckten nicht nur Knochen, die auf weitere Krankheitsbilder hinweisen, sondern auch eine makabere Praxis. Im Boden lag ein Geköpfter, dem ein Stein zwischen Haupt und Hals gelegt worden war. Damit sollte ein erneutes Zusammenwachsen verhindert werden - wohl wegen des verbreiteten Aberglaubens, der Tote könnte wiederkehren.

Der gesamte Leprafriedhof zeige aber auch, wie sehr sich der Umgang mit Schwerstkranken im Vergleich zu heute verändert habe, so Bertram Jenisch vom Landesamt für Denkmalpflege gegenüber dem Spiegel. „Kein Vergleich, wenn man sich anschaut, wie heute mit Menschen umgegangen wird, die mit einer hoch ansteckenden Krankheit infiziert sind.“

Erstmeldung vom 17. November: Freiburg - Archäologie ist eine sehr präzise Arbeit, hat ihre Erfolge aber häufig trotzdem dem Zufall zu verdanken. In Baden-Württemberg sind so schon spektakuläre Funde zutage getreten. Ein Beschleuniger für derlei Zufälle sind meist Bauarbeiten jeglicher Art. So war es vergangenes Jahr auch bei einem gruseligen Fund in einer 900 Jahre alten Kirche.

In Freiburg waren zuletzt ebenfalls Archäologen am Werk. Bauarbeiter waren vergangenes Jahr dabei, ein Wohnhaus zu errichten, als sie auf ein Skelett stießen. Inzwischen haben Forscher fast 400 sterbliche Überreste geborgen. Offenbar war eine gruselige Krankheit für deren Tod verantwortlich, wie die Badische Zeitung (BZ) berichtet.

Skelette in Freiburg: Grabungen waren eigentlich abgeschlossen

Letztes Jahr konnten die Archäologen insgesamt 285 Skelette freilegen. Bereits im Herbst 2020 galt die Grabung als abgeschlossen, doch die Zufahrt zur Tiefgarage des neugebauten Wohnhauses wurde nochmals angepasst - so konnten die Forscher auf weiteren Bereichen fortfahren. Das Landesdenkmalamt geht sogar davon aus, dass insgesamt etwa 2.000 Skelette im Boden liegen könnten.

Die Todesursache der geborgenen menschlichen Überreste ist den Archäologen ebenfalls bekannt. Denn die Behörden wussten, dass auf dem Gelände einst ein Hospiz für eine gruselige Krankheit stand, die besonders im Mittelalter tobte. Es handelt sich um ein sogenanntes Leprosorium, in dem Menschen untergebracht waren, die an Lepra erkrankten. Es wurde erstmalig 1251 erwähnt und 1632 im Dreißigjährigen Krieg zerstört.

Lepra ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die Nerven absterben und Gefäße verstopfen lässt. Erkrankte verlieren meist das Gefühl für Kälte, Wärme und auch Schmerz. Dadurch entstand auch der Mythos, Lepra würde zu abfallenden Gliedmaßen führen. Stattdessen passiert das eher indirekt, da Wunden oft unbemerkt bleiben und Folgeinfektionen ganze Körperbereiche absterben lassen.

Freiburg: Gefundene Skelette deuten auf einen Friedhof hin

In der Vergangenheit glich die Erkrankung mit Lepra einem Todesurteil. Leprosorien wie das in Freiburg standen zudem meist vor den Stadttoren, weil die Infektionskrankheit hochansteckend war. Heute gilt Lepra als nahezu ausgerottet, die wenigen Fälle sind dank Antibiotika gut heilbar. Die fast 400 entdeckten Skelette in Freiburg gehören wohl zu einem angeschlossenen Leprafriedhof. Auch Kinder und kleinwüchsige Menschen legten die Archäologen frei. Zudem fanden die Forscher Gebäudereste, bei denen es sich vermutlich um die Kapelle des Friedhofs handelt.

Zu diesem Schluss kommen die Archäologen auch deshalb, weil die jüngst entdeckten Skelette dicht gedrängt um das Gebäude beerdigt waren - ein damals übliches Vorgehen. Grundsätzlich finden Archäologen regelmäßig menschliche Überreste. Bei Konstanz wurden menschliche Skelette unter einem Schulgebäude entdeckt. Bei dem Leprafriedhof in Freiburg sprechen Experten hingegen von einer absoluten Sensation. „Ähnliches lässt sich in ganz Deutschland an einer Hand abzählen“, erklärte ein Mitarbeiter des Landesdenkmalamts der BZ.

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