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IG Metall kämpft um Jobs in Baden-Württemberg – „Welt ist im Krisen-Dauermodus“

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Von: Julian Baumann

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Die IG Metall begleitet die Unternehmen in Baden-Württemberg bei der Transformation zur E-Mobilität. Der Wandel ist allerdings nicht die einzige Hürde.

Stuttgart - Im Rahmen der Transformation zur E-Mobilität verlagern immer mehr Autozulieferer ganze Produktionsschritte ins Ausland. Der weltgrößte Zulieferer, Bosch aus Stuttgart, will Berichten zufolge in Tschechien produzieren und die ZF Friedrichshafen hat mit der Produktion von Komponenten für E-Autos in Serbien begonnen. Die Arbeitnehmergewerkschaft IG Metall sieht die Entwicklung bei den Autozulieferern in Baden-Württemberg mit großer Sorge, sprach bei der 74. Ordentlichen Bezirkskonferenz am 16. Mai in Böblingen (Kreis Ludwigsburg) aber auch von weiteren Herausforderungen für den Industriestandort Baden-Württemberg.

Durch die Corona-Pandemie, die Energiekrise, durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Lieferengpässe und anhaltenden Chipkrise war die Industrie in Baden-Württemberg mit großen Herausforderungen konfrontiert. „Die Welt ist im Krisen-Dauermodus“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger auf der Bezirkskonferenz vor 150 Delegierten und Gästen. Die Beschäftigten würden unter Druck stehen und die betrieblichen Konflikte immer weiter zunehmen. „Hinzu kommt, dass wir den Industriestandort Baden-Württemberg gegen Angriffe der Arbeitgeber und Verlagerungen in Billiglohnländer verteidigen müssen.“ Umso wichtiger sei es, die Transformation gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten.

IG Metall kritisiert Zuliefererindustrie in Baden-Württemberg – „strategisch kurzsichtig“

Mercedes-Benz produziert bestimmte Automodelle seit langem im Ausland und auch Porsche hat angekündigt, den elektrischen Cayenne nicht in Deutschland, sondern im VW-Werk in Bratislava (Slowakei) bauen zu wollen. Für die Zuliefererindustrie ist die zunehmende Verlagerung von Produktionsschritten ins Ausland aber deutlich fataler. Bei der ZF Friedrichshafen droht laut dem Betriebsrat ein nie dagewesener Kahlschlag und auch bei Bosch besteht die Sorge vor einem drastischen Stellenabbau. „Arbeitsplätze im großen Stil abzubauen und ganze Geschäftsbereiche ins Ausland zu verlagern, ist strategisch kurzsichtig und unternehmerisch verantwortungslos“, kritisierte Zitzelsberger. Die IG Metall fordert von den Unternehmen deshalb, sich klar zum Industriestandort Baden-Württemberg zu bekennen.

IG Metall Baden-Württemberg

Die IG Metall Baden-Württemberg ist eine der einflussreichsten Gewerkschaften in Deutschland und vertritt die Interessen von Arbeitnehmern in einer der wichtigsten Wirtschaftsregionen des Landes. Sie ist bekannt für ihre Forderungen nach höheren Löhnen, kürzeren Arbeitszeiten und besseren Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaft hat in der Vergangenheit auch erfolgreich für den Erhalt von Arbeitsplätzen und gegen Werksschließungen gekämpft.

„Zentral für das Gelingen der Transformation ist, dass dort, wo heute Industrie und Wirtschaft blühen, keine industriellen Wüsten entstehen“, so der Bezirksleiter der IG Metall weiter. „Wir wollen den Wohlstand erhalten und tun alles dafür, dass Baden-Württemberg Industriestandort bleibt.“ Da die Wirtschaft in Baden-Württemberg in großem Maße von der Industrie, und genauer von der Autoindustrie abhängt, ist die Entwicklung auch in der Politik ein Grund zur Sorge. Tübingens OB Boris Palmer äußerte kürzlich Sorgen um die Existenz der heimischen Autozulieferer und auch die Landesregierung nimmt die Warnungen der IG Metall sehr ernst. „Wir hören als Landesregierung genau zu, wie sie die Lage bewerten“, sagte Patrick Rapp, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.

IG Metall mahnt bei Transformation zur Eile – „können es uns nicht leisten, weiter auf Zeit zu spielen“

Dass sich die Autohersteller- und zulieferer in Baden-Württemberg auf die Produktion für einen klimaneutralen Straßenverkehr fokussieren, ist trotz der großen Herausforderungen auch für den Südwesten selbst wichtig. „Es drohen nicht nur Arbeitsplatzwegfall, sondern Dürre, Überschwemmungen und Artensterben“, erklärte Roman Zitzelsberger. „Wir können es uns nicht leisten, weiter auf Zeit zu spielen.“ Als einer der wichtigsten Industriestandorte müsse Baden-Württemberg dazu beitragen, den CO₂ -Ausstoß möglichst schnell auf Null zu reduzieren. „Wenn wir eine Chance haben wollen, die weltweite Überhitzung auf 2 Grad zu begrenzen, dann müssen wir Energie so effizient wie möglich einsetzen.“

Warnstreik der Beschäftigten vor dem Mercedes-Benz Werk Berlin.
Die IG Metall kritisiert Stellenabbau und Produktionsverlagerung und will den Industriestandort Baden-Württemberg bewahren. © Gerald Matzka/dpa

Als zentrale Aufgaben sieht die IG Metall in Baden-Württemberg demnach die Erhaltung des Industriestandorts, aber auch die Bekämpfung der Erderwärmung. Das ist allerdings auch den Unternehmen ein großes Anliegen. Der Stuttgarter Autozulieferer Mahle hat in einer Pressemitteilung erklärt, die CO₂-Emissionen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent reduziert zu haben und die ZF Friedrichshafen will bis 2040 eine vollständige Klimaneutralität erreichen. Laut der IG Metall können die Herausforderungen aber nur gemeinsam gemeistert werden. „Die gesamte Wirtschaft wandelt sich“, sagte Bezirksleiter Zitzelsberger. „Diese Transformation müssen wir gemeinsam mit und für die Beschäftigten gestalten.“

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