Coronavirus: Reproduktionszahl in Baden-Württemberg ist geringer als im Rest Deutschlands
Die Reproduktionszahl (Ansteckungsrate) des Coronavirus ist in Baden-Württemberg niedriger als im Bundesschnitt. Das zeigen aktuelle Zahlen des Landesgesundheitsamts.
- Erstmals seit Ausbruch des Coronavirus gibt es in Baden-Württemberg mehr Genesene als Covid-19-Erkrankte.
- Das Landesgesundheitsamt gab bekannt, dass die Ansteckungsrate in Baden-Württemberg bei 0,6 liegt - und damit 0,1 Prozent unterhalb des Bundesschnitts von 0,7.
- Diese sogenannte Reproduktionszahl bedeutet, dass zehn mit dem Coronavirus Infizierte in Baden-Württemberg sechs weitere Menschen anstecken.
Stuttgart - Die Maßnahmen gegen das Coronavirus in Baden-Württemberg zeigen Wirkung: Am vergangenen Freitag meldete das Sozialministerium mehr Genesene als an Covid-19 Erkrankte - zum ersten Mal seit Ausbruch des Coronavirus in Baden-Württemberg.
Aktuellen Zahlen des Landesgesundheitsamts zufolge liegt die sogenannte Reproduktionszahl des Coronavirus - also die Ansteckungsrate - in Baden-Württemberg unter dem Bundesschnitt. Die effektive Reproduktionszahl R wird für Baden-Württemberg mit 0,6 angegeben. Für Deutschland hat das Robert Koch-Institut (RKI) den Wert 0,7 berechnet. Auf den ersten Blick erscheint der Unterschied nur gering. Doch die Reproduktionszahl von 0,6 bedeutet, dass im Durchschnitt zehn mit dem Coronavirus infizierte Menschen „nur“ sechs weitere Personen anstecken - und bei der Eindämmung von Covid-19 kommt es auf jede Neuinfektion an.
Coronavirus in Baden-Württemberg: Neuinfektionen gehen wegen Kontaktverbot zurück

Schon bei einer Reproduktionszahl von eins würde die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten konstant bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Mittwoch zum Ziel erklärt, die Reproduktionszahl bei eins oder niedriger zu halten. Sie betonte, dass schon ein geringer Anstieg um 0,1 oder 0,2 zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen könnte.
Vor allem Krankenhäuser könnten schnell an ihre Belastungsgrenze stoßen, wenn zu viele Patienten auf einmal behandelt werden müssen. Bereits Anfang April leitete beispielsweise das Klinikum Stuttgart wegen des Coronavirus erste Maßnahmen ein. Das Klinikum gab bekannt, sich als Reaktion auf die schnelle Ausbreitung des Coronavirus in Baden-Württemberg nur noch auf schwer erkrankte Covid-19-Patienten und Risikogruppen zu konzentrieren und alle anderen Erkrankten nicht mehr zu testen.
Der Rückgang der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Baden-Württemberg ist vor allem auf die Maßnahmen zum Infektionsschutz zurückzuführen. Die Ausgangsbeschränkungen und das Kontaktverbot in Baden-Württemberg haben maßgeblich dazu beigetragen, die Reproduktionszahl zu senken. Ab dem heutigen Montag dürfen Geschäfte bis 800 Quadratmeter unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen - die Kontaktbeschränkung gilt wegen Covid-19 aber noch bis mindestens zum 3. Mai.
Reproduktionszahl ist in Baden-Württemberg niedriger als im Durchschnitt Deutschlands
Die Reproduktionszahl gilt derzeit als wichtigster Faktor zur Einschätzung der weiteren Entwicklung der Coronavirus-Pandemie. Sie lässt sich nicht anhand der Meldedaten errechnen, sondern nur durch statistische Verfahren schätzen. Das RKI berechnet die Reproduktionszahl auf Grundlage des sogenannten Nowcasting. Das ist eine Methode, um eine Schätzung der Covid-19-Fallzahlen anzufertigen - unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Diagnosen, Meldungen und Übermittlungen nicht tagesaktuell sein können. Die Ansteckungsrate 0,6 für das Coronavirus in Baden-Württemberg gab das RKI am vergangenen Mittwoch bekannt - aufgrund des Meldeverzugs neuerkrankter Fälle wäre eine aktuellere Schätzung zu ungenau.
RKI-Leiter Lothar Wieler sagte am Freitag, es handle sich um wirklich gute Zwischenergebnisse. Allerdings liegt Baden-Württemberg mit einer Covid-19-Reproduktionszahl von 0,6 unterhalb des Bundesschnitts und teils deutlich unter dem Wert anderer Bundesländer. Auch Wieler betonte, dass es durchaus regionale Unterschiede gebe. In einigen Regionen Deutschlands liege die Zahl noch über eins. Es handele sich außerdem um eine Momentaufnahme: Deutschland stünde immer noch am Anfang der Coronavirus-Pandemie.
Ob der Wert im Land auf 0,6 gehalten werden kann, hängt wohl vor allem davon ab, wie sich die Bürger angesichts des Coronavirus in Baden-Württemberg weiterhin verhalten. Eine Untersuchung der Universität Mannheim zeigte kürzlich, dass sich trotz Covid-19 immer weniger Menschen an das Kontaktverbot halten und die Forderung nach stärkeren Lockerungen zunimmt.
Bereits jetzt muss die Polizei immer wieder einschreiten, weil sich Bürger trotz des Coronavirus in Baden-Württemberg nicht an das Kontaktverbot und die Abstandsregel halten. So haben sich während eines Brandes in einem Wohnhaus in Künzelsau-Ohrnberg mehrere Gaffer versammelt, um den Brand zu beobachten - und damit gegen die Corona-Verordnung verstoßen.