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Die Corona-Assis: Eure Dummheit bringt Deutschland an den Abgrund

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Von: Lisa Schönhaar, Sabrina Hoffmann

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Corona-Protest: Eine vermummte Demonstrantin hält in Berlin einen Flyer mit dem Grundgesetz in die Höhe
Die Maßnahmen zum Schutz vor Coronavirus haben viele Gegner - besonders unter Leugnern der Covid-19-Pandemie ©  epd-bild / Christian Ditsch

Holocaust-Vergleiche, Menschenansammlungen in Hotspots: Das Verhalten der Corona-Skeptiker wird immer absurder. Als „asozial“ bezeichnete sie der Innenminister von Baden-Württemberg. Und er hat recht.

Stuttgart - Es ist Zeit, ein neues Wort einzuführen: Corona-Assi. Ja, das klingt nicht sehr nett. Aber mit Verlaub - die Angesprochenen haben es verdient. Seit fast einem Jahr wüten die Corona-Skeptiker und Leugner auf deutschen Straßen und im Netz. Und die Auswüchse ihrer Dummheit werden immer absurder.

Sie vergleichen sich mit Anne Frank und Sophie Scholl. Sie ziehen Parallelen zwischen dem zweiten Lockdown und einem KZ und verharmlosen damit das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Doch es geht nicht nur um die widerwärtige Wortgrütze, mit der sie das ganze Land quälen. Corona-Leugner sind eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit.

Sie versammelten sich in Corona-Hotspots wie Hildburghausen (damalige Sieben-Tage-Inzidenz: 525) zu Hunderten - ohne Maske und Mindestabstand. Es ist ihnen egal, dass sie andere Menschen durch ihr Verhalten in Lebensgefahr bringen. Die 2.4 Millionen Todesopfer weltweit blenden sie aus. Als „asozial“ bezeichnete der Innenminister von Baden-Württemberg Thomas Strobl die Menschen auf den Corona-Demos. Auch Schauspieler Christoph Walz betitelte sie als „asoziale Vollidioten“. Und die beiden haben recht.

Warum tun Menschen so etwas? Warum verlieren so viele plötzlich den Verstand? Zeit für eine psychologische Spurensuche.

Coronavirus-Leugner: „Du paranoides Opfer“

Der Corona-Assi beruft sich auf Demokratie und Freiheit, sonnt sich in seiner vermeintlichen moralischen Überlegenheit. Mit seinen Drohungen im Netz lässt er allerdings tief in die Abgründe seiner Psyche blicken. Wer auf die Lebensgefahr durch das Coronavirus hinweist, erntet bei Facebook Kommentare wie diesen: „Du paranoides Opfer. Ich wünsche Dir, dass du Deinen science fiction Virus wirklich bekommst.“

Um es gleich vorwegzunehmen: Natürlich ist es angemessen, Eingriffe in die persönliche Freiheit im Rahmen des Coronavirus kritisch zu prüfen, wie beispielsweise Kolumnist Jan Fleischhauer forderte. Erst recht in Anbetracht der deutschen Vergangenheit. Darauf hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hingewiesen, die selbst Unterdrückung durch das SED-Regime erlebte.

Aber mal ehrlich - mit kritischem Hinterfragen hat das Gebrüll der Corona-Assis nichts zu tun. Sie versperren sich den Fakten mit einer Sturheit, die Angst macht. Und an Wahnsinn grenzt. Das Coronavirus sei harmlos, sagen sie. Covid-19 gibt es womöglich gar nicht, sagen sie. Und was ist mit den mehr als eine Million Menschen, die sich in mit dem Coronvirus infiziert haben? Was ist mit den 111 Millionen Fällen weltweit? Das sind Zahlen, vor denen die Corona-Hater nicht die Augen verschließen können, sollte man meinen. Oh, doch, sie können.

Studien entlarven, wie Corona-Leugner ticken

Klimawandel-Leugner, Impfgegner, Corona-Verschwörer - Anhänger dieser Gruppen haben eine Gemeinsamkeit: Sie haben häufig eine sehr feste Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert. Nur selten hat ihre Vorstellung mit wissenschaftlichen Fakten zu tun. Und noch seltener kann man ihnen erklären, warum sie falsch liegen und dabei mit tadellosen Studien argumentieren.

Denn die Wahrheit macht so gut wie nie Spaß. Sich einzugestehen, dass man Unrecht hatte, schadet dem Selbstwertgefühl. Deshalb sind viele Menschen immun gegen Fakten – zumindest gegen manche – und wollen ihre Meinung unbedingt verteidigen.

Die Corona-Hater merken gar nicht, was da in ihrem Kopf passiert. Man könnte fast sagen: Sie können nichts dafür. Neue Informationen, die ihrer gefestigten Ansicht widersprechen, verarbeiten Menschen in ihrem Gehirn völlig anders als solche, denen sie zustimmen. Das zeigt eine Studie der Uni Koblenz. Menschen erinnern sich automatisch an Argumente, die ihre Meinung stützen und zweifeln an der Glaubwürdigkeit der neuen Quelle, die ihrem Standpunkt widerspricht.

Die Studie zeigt auch: Wenn eine neue Information unangenehme Konsequenzen hätte, lehnen Menschen sie eher ab. Es ist komfortabler, zu denken, das Coronavirus sei gar nicht so schlimm, als sich selbst durch Kontaktverbot, Abstandsregeln und Maskenpflicht einzuschränken.

Coronavirus in Baden-Württemberg: Wie tödlich ist Covid wirklich?

In der Corona-Krise erklären sich Laien zu Medizinern oder Virologen, verzapfen pseudowissenschaftlichen Unsinn, bei dem man sich die Haare raufen möchte. Ein Beispiel ist die Behauptung, die Corona-Todesopfer wären sowieso an Altersschwäche gestorben. Ein Trugschluss.

Selbst bei der aktuell für Deutschland angenommenen Corona-Sterblichkeitsrate von etwa 2,8 Prozent wären die Auswirkungen von Covid-19 auf längere Sicht dramatisch. So starben durch die Hongkong-Grippe von 1968 mehr als eine Million Menschen weltweit - und damals betrug die Sterberate weniger als ein halbes Prozent. Die sogenannte Übersterblichkeit lag allein in Deutschland bei 40.000 Todesopfern. Das bedeutet: Es starben 40.000 Menschen mehr als durch die normale Sterblichkeit in Folge von Alter, Unfällen und anderen Krankheiten. Wären es nicht schon 40.000 Menschenleben wert, Einschränkungen wie die Kontaktverbot durchzuhalten?

Mit Zahlen und Fakten hat man gegen Corona-Assis keine Chance. Staaten auf der ganzen Welt riegeln ihre Grenzen ab, verhängen Ausgangssperren und nehmen wirtschaftliche Verluste in Milliarden-Höhe in Kauf. In Italien transportiert das Militär Leichen ab, in den USA werden Särge in Gräbern übereinandergestapelt. Und das soll alles eine Täuschung sein? Ein Irrtum? Die kollektive Welt-Verschwörung?

Was sind das für Menschen, die sowas glauben? Es sind Menschen wie T., der auf Selfies spitzbübisch in die Kamera grinst, Trainingsjacken trägt, Tiervideos teilt. Und dann stellt T. unfassbar falsche Behauptungen auf wie diese: „In Wahrheit kennt keiner einen, der jemanden kennt, dem es von irgendwelchem Corona schlecht ginge.“ Was T. nicht aus persönlicher Erfahrung kennt, gibt es nicht. Basta.

T. postet bei Facebook Verschwörungstheorien zu 5G, Impfungen und Ufos. Und nun eben zum Coronavirus. Er pöbelt andere Facebook-Nutzer an: „Corona macht Opfern wie dir Angst. Jetzt ist mir klar, wofür ihr das ganze Klopapier braucht. Zum Scheißen vor Angst."

Corona-Verschwörung: Xavier Naidoo als prominenter Unterstützer aus Baden-Württemberg

Screenshot aus einem YouTube-Video: Xavier Naidoo hebt eine Hand und spricht in die Handykamera
Xavier Naidoo verbreitet Verschwörungstheorien zum Coronavirus © YouTube/Screenshot

Eines fällt auf: Es sind oft genau die Menschen, die noch vor kurzem gegen Flüchtlinge und Zuwanderer gehetzt haben, die nun an die Corona-Verschwörung glauben. Nur, dass sie jetzt erst richtig gefährlich werden. Angesichts der weltweiten Covid-19-Pandemie drehen diese Menschen durch. Es scheint, als hätten sie die letzten Schleier der Zivilisation von ihren Fratzen gerissen und sie könnten jetzt ungeniert ihr paranoides Weltbild ausleben.

Einer der prominentesten Corona-Leugner stammt aus Baden-Württemberg: Xavier Naidoo zweifelt in Video-Clips die Existenz von Covid-19 an und will gegen die Maskenpflicht klagen, die zum Schutz vor dem Coronavirus eingeführt wurde. Ja - genau der Xavier Naidoo, der vor Reichsbürgern in Berlin auftrat und immer wieder mit rechten Parolen auffiel. „Bringt uns verdammt nochmal Beweise, dass dieses Ding echt ist“, sagt der Popsänger in einem der Videos.

Die Corona-Krise hat einen fatalen Strudel ausgelöst. Niederländische Studien zeigen: Je stärker ein Mensch von seinen Vorstellungen überzeugt ist und je stärker er von anderen dafür angegriffen wird, desto heftiger wird er sich dagegen wehren, sich umstimmen zu lassen. Deshalb vermeiden es viele Menschen, sich Informationen auszusetzen, die nicht ihrer Meinung entsprechen - und lesen bestimmte Nachrichten gar nicht erst. Prasseln also beispielsweise auf allen Kanälen neue Informationen zum Coronavirus auf jemanden ein, der die Existenz des Coronavirus leugnet, entscheidet er sich ganz bewusst dafür, sie zu ignorieren.

Studie entschlüsselt Strategien der Corona-Leugner

Lässt sich die Konfrontation mit einem Meinungsgegner nicht vermeiden, kommt ein entscheidender Faktor zu den unbewussten Mechanismen hinzu: Bewusste Strategien. Das Gegenüber wird beispielsweise angegriffen, man holt sich Bestätigung von Gleichgesinnten, schreibt wie T. unsachliche Kommentare unter Artikel und sucht Gegenargumente.

Eine Studie der Psychologen Lee Ross und Craig Anderson ergab, dass Menschen selbst dann noch an ihrer Meinung festhalten, wenn sie wissen, dass sie falsch ist. Die Wissenschaftler präsentierten ihren Probanden verschiedene Anekdoten und forderten sie dazu auf, Argumente dafür zu finden, warum diese wahr sein könnten - und damit verfestigten die Teilnehmer ihre Meinung.

Als Ross und Anderson später alles zurücknahmen und erklärten, dass alles nur erfunden und erlogen war, ließen sich die Teilnehmer davon kaum beirren. Drei Viertel von ihnen beharrten auf der Haltung, die sie zuvor eingenommen hatten, obwohl ihr Fundament aus Fakten eingestürzt war. Oder wie T., mit unliebsamen Tatsachen konfrontiert, schreibt: „Fahr zur Hölle.“

Coronavirus: Falscher Vergleich mit Grippetoten geistern durchs Netz

Die Corona-Krise zeigt: Menschen glauben Gerüchte umso mehr, je öfter sie wiederholt werden. Seit Ende März sorgen beispielsweise Aussagen für Aufsehen, wonach das Coronavirus weniger gefährlich sei als die Grippe. Als vermeintlicher Beleg dient eine Zahl von 25.000 Grippetoten in den Jahren 2017/18.

In Deutschland starben bisher mehr als 15.000 Menschen am Coronavirus - eine Zahl, die nur dank der umfangreichen Schutzmaßnahmen vergleichsweise niedrig ausfällt. Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar bringt es auf den Punkt: „Statt die Maßnahmen als Erfolg zu feiern und sich über den bislang glimpflichen Verlauf zu freuen wächst die Kritik an den Experten. Ein Irrsinn: Würden wir die Feuerwehr abschaffen, nur weil es im vergangenen Jahr nicht gebrannt hat?“

Allein dadurch, dass man einen Irrglauben wie den mit den Grippe-Toten wiederholt, kommt er den Betroffenen später bekannter und damit glaubwürdiger vor. In einer Studie wurden Teilnehmern mehrere Gerüchte inklusive Faktencheck vorgelegt. Schon nach 30 Minuten hatten viele von ihnen vergessen, welche davon wahr und welche falsch waren. Die Gerüchte, die den Probanden bekannt vorkamen, schätzten sie allerdings eher als richtig ein.

Es ist fatal, wie leicht Corona-Leugner an falsche Informationen gelangen können und durch soziale Medien Gleichgesinnte finden, die ihre Meinung stützen. Vor allem Falschinformationen sind häufig einfach verpackt – und Menschen können sich einfache Informationen besser merken als komplizierte.

Corona-Leugner: Inkompetente Menschen halten sich selbst für klüger

So zeigte eine Studie von 2007, dass sich Menschen übermäßig stark von Gerüchten beeinflussen lassen, selbst wenn sie dem widersprechen, was sie selbst gesehen haben. Stellt man komplizierten wissenschaftlichen Fakten ein simples Gerücht gegenüber, ist es wahrscheinlich, dass das Gerücht eher in Erinnerung bleibt. Es ist anstrengend, über schwer verständliche Zusammenhänge nachzudenken, und nicht viele Menschen tun das freiwillig. Schon gar nicht, wenn es am eigenen Standpunkt rüttelt.

Hinzu kommt, dass viele Menschen sich kompetenter fühlen, als sie sind. Gerade jene Menschen, die auf einem Gebiet besonders inkompetent sind, überschätzen ihre eigene Kompetenz systematisch, weil sie nicht wissen können, was richtige Kompetenz ist. In der Kognitions- und Sozialpsychologie wird dieses Phänomen Dunning-Kruger-Effekt genannt.

Wer hingegen besonders kompetent auf einem Gebiet ist, weiß, was er alles nicht weiß. Diese Menschen neigen eher dazu, die Grenze ihres Wissens wahrzunehmen und sich vorsichtiger auszudrücken - was in der Welt der Wissenschaft funktioniert, aber Faktenleugnern das Gefühl vermittelt, die Person hätte keine Ahnung. Ein Effekt, der besonders bei Deutschlands inzwischen bekanntestem Virologen Christian Drosten eintrat.

Deshalb sind Corona-Leugner so gefährlich

Die Corona-Assis sind laut. Und das macht sie so gefährlich. Im Netz riefen sie dazu auf, das Kontaktverbot zu brechen, fordern, sich gegen die Maskenpflicht zu widersetzen. Dabei warnten Virologen und Politiker wie der Minsterpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, vor einer zweiten Coronavirus-Welle. „Wenn wir jetzt nachlassen, kann die Pandemie mit aller Macht zurückkommen“, sagte er. Und genau so kam es auch.

Die zweite Corona-Welle brach alle Rekorde bei Neuinfektionen und Todesfällen. Nur durch einen neuen Lockdown konnte die Ausbreitung verlangsamt werden.

Doch die zweite Welle ist noch nicht ausgestanden. Wenn zu viele Patienten auf einmal an Covid-19 erkranken, gibt es nicht mehr genug Intensivplätze, um allen zu helfen. Im überlasteten Frankreich schlossen Ärzte Erkrankte über 80 nicht mehr an Beatmungsgeräte an. Das mag für die Corona-Hater „der normale Lauf des Lebens“ sein - so lange, bis ihr eigener Vater, ihre Mutter, ihr Opa, sterben müssen, weil die Krankenhäuser überfüllt sind.

Ganz zu schweigen von den bislang unerforschten Langzeit-Folgen, die eine Erkrankung mit Covid-19 haben kann. Lungenfibrose, Organschäden, neurologische Störungen - all diese Erkrankungen haben Ärzte im Rahmen von Corona-Infektionen bereits beobachtet, auch bei jüngeren Menschen. Kürzlich starb ein eigentlich gesunder und fitter 20-Jähriger aus dem Ortenaukreis ganz plötzlich im Schlaf - Ärzte sehen einen klaren Zusammenhang zu einer überstandenen Corona-Infektion im März.

Die Covid-19-Pandemie ist ernst und da gibt es nichts kleinzureden. Durch eine unkontrollierte Ausbreitung des Coronavirus könnte Deutschland der Zusammenbruch des Gesundheitssystems und der Wirtschaft drohen. Aus 1,4 Millionen Corona-Toten weltweit könnten viele Millionen werden. Schuld wären die Ignoranz, die Überheblichkeit und ja auch die Dummheit einiger Unbelehrbarer. Es wird Zeit, ihnen etwas entgegenzusetzen.

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