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Carmen Goglin: Reutlingerin geht mit Lachyoga-Videos viral -„Lachen ohne Grund“

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Von: Sina Alonso Garcia

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Lachyoga-Trainerin Carmen Goglin
Sie ist Deutschlands bekannteste Lach-Trainerin: Carmen Goglin aus Reutlingen. © Carmen Goglin/Orhidea Briegel

Mit ihren Lachyoga-Videos ist Carmen Goglin auf YouTube bekannt geworden. Anfangs schlug ihr im Netz auch Hass entgegen - inzwischen kann sie damit umgehen und hat zahlreiche Fans.

Reutlingen - Es ist schier unmöglich, bei ihren Videos nicht mitzulachen: Carmen Goglins Lachtechniken sind legendär und haben auf YouTube Kultstatus. Zehntausende Menschen folgen der sympathischen Reutlingerin in den sozialen Netzwerken, ihre Clips wurden teils millionenfach angesehen. Nicht immer war die Lachyoga-Lehrerin so bekannt. Noch vor zwei Jahren folgten ihr gerade einmal 80 Menschen auf YouTube - bis der Deutsch-Rapper Finch (damals „Finch Asozial“) drei ihrer Videos parodierte und ins Netz stellte. „Damals war ich schockiert - so eine Parodie auf sich selbst zu sehen, ist nicht witzig“, sagt Goglin im Gespräch mit BW24. In Folge der unfreiwilligen Bekanntheit sei zunächst eine Hasswelle über sie hereingebrochen. Gleichzeitig hätten die Follower-Zahlen ihres Accounts einen „raketenartigen“ Anstieg genommen.

Statt über Nacht berühmt zu werden, verfolgte Goglin eigentlich ein ganz anderes Ziel, als sie ihre Lachvideos startete. So litt die zweifache Mutter selbst vor zwölf Jahren unter Depressionen. Neben einer Psychotherapie half ihr in der schweren Zeit auch das Lachyoga, wieder Freude am Leben zu finden. Nach einer Ausbildung zur Lachyoga-Leiterin wollte Goglin ihr Wissen an andere Menschen weitergeben. „Vor fünf Jahren habe ich angefangen mit den Videos - um Menschen zu erreichen, denen es so geht, wie es mir damals ging“, sagt sie. Nachdem der Rapper Finch ihre Clips ins Lächerliche gezogen hatte, sei sie plötzlich „von jungen Hüpfern“ bewertet worden, „die gar nicht wussten, was dahintersteckt“.

Carmen Goglin ist Deutschlands bekannteste Lach-Trainerin

Inzwischen kann die gebürtige Sächsin damit umgehen, dass Menschen sie im Netz bewerten. Am Anfang sei es ihr noch schwergefallen. „Wenn man aus einer Depression kommt, möchte man ja immer sehr angepasst sein und allen gefallen. Das ging dann irgendwann nicht mehr.“ Heute reagiert sie gelassener auf negative Kommentare: „Es wird immer Menschen geben, die blöd finden, was ich mache.“ Durch Zeitungsinterviews sowie Fernseh- und Radioauftritte wuchs ihre Bekanntheit weiter. Im Netz wird ihre Authentizität von vielen geschätzt. Unter ihren Beiträgen finden sich inzwischen überwiegend positive Rückmeldungen: „Deine Videos bringen mich immer wieder zum Lachen“, „einfach sympathisch“, „herrlich ansteckendes Lachen“, „so eine tolle Frau“, heißt es von ihren Fans.

„Lachyoga ist Lachen ohne Grund“, sagt Goglin. „Man braucht erstmal nichts im Außen - keinen Witz, keine Comedy und niemanden, der einen zum Lachen bringt. Stattdessen entscheidet man sich selbst dazu und lacht dann anhand einer Lachübung.“ Dadurch, dass man sich bewusst fürs Lachen entscheide, empfinde man es intensiver als gewöhnliches, reflexartiges Lachen. „Wenn man über einen Witz lacht, sind das Sekunden. Wenn man hingegen mit einer Lachübung lacht, dauert das bis zu einer halben Minute oder länger.“ Wie Goglin erklärt, kann unser Körper nicht zwischen „Lachen mit Grund“ - sprich: natürlichem Lachen - und „Lachen ohne Grund“ - sprich: künstlichem Lachen - unterscheiden. Selbst, wenn man künstlich lache, spüre der Körper die positiven gesundheitlichen Auswirkungen sofort.

Carmen Goglin: „Erwachsene nehmen Kindern ihr Lachen weg“

Während Goglin vor Ausbruch der Corona-Pandemie noch persönliche Treffen in ihrer Reutlinger Lachschule organisierte, finden ihre Kurse heute ausschließlich online statt. Hier spricht sie ein zunehmend jüngeres Publikum an. „Bei meinen Lachtreffs vor Ort kamen überwiegend Frauen in meinem Alter.“ Seit ihrer stärkeren Online-Präsenz hat sich das grundlegend verändert. So sind die meisten ihrer Teilnehmer zwischen 18 und 38 Jahre alt. „Könnten alles meine Kinder und Enkelkinder sein“, lacht die 57-Jährige. Dass sich zunehmend jüngere Menschen für ihr Angebot interessieren, macht sie sehr glücklich: „Wenn man Personen aus dieser Altersgruppe schon jetzt Techniken an die Hand geben kann, mit denen sie sich in Phasen, in denen es ihnen mal nicht so gut geht, selbst helfen können, ist das natürlich super.“

Ursprung des Lachyogas

Als Begründer der Lachyoga-Bewegung gilt der indische Arzt Madan Kataria. Dieser hat 1995 erstmals mit einer Gruppe von Menschen in einem öffentlichen Park von Mumbai Lachyoga praktiziert. Von dort aus entwickelte sich eine weltweite Bewegung. Auch Carmen Goglin hat sich bei Kataria zur Lachyoga-Leiterin ausbilden lassen.

Für die Zukunft wünscht sich Goglin eine Welt, in der noch mehr gelacht wird - und, dass es normaler wird, auch mal grundlos zu lachen. „Kinder lachen ja 400 Mal am Tag, einfach so, ohne Grund. Aber wir Erwachsenen sorgen dafür, dass sie es vergessen - indem wir sagen: Lach nicht so laut - am Tisch wird nicht gelacht - jetzt beginnt der Ernst des Lebens. Wir nehmen den Kindern also ein Stück weit ihr grundloses Lachen weg.“

Lach-Legende Carmen Goglin veröffentlicht 2023 ihr erstes Buch

Abseits ihrer Tätigkeit als Lach-Trainerin arbeitet Carmen Goglin als Interimsmanagerin und unterstützt Firmen bei der Personalarbeit. Der Job als Lach-Trainerin ist ihr zweites Standbein. Neben Auftritten auf Veranstaltungen und Online-Seminaren gibt Goglin Workshops bei Vereinen. Auch die Betreuung ihrer Social-Media-Kanäle nimmt Zeit in Anspruch. Beliebt sind zudem ihre Geburtstags-Botschaften, die sie auf Wunsch in ihr Handy spricht.

Fans der Lach-Legende dürfen sich schon jetzt auf das kommende Jahr freuen: Im März 2023 erscheint ihr erstes Buch „Oma geht viral“. Darin arbeitet Goglin - die bereits vier Enkel hat - ihre Geschichte noch einmal auf und gibt Einblicke in die vergangenen zwei Jahre, in denen sie von heute auf morgen berühmt wurde. Dort wird auch zu lesen sein, wie sie mit dem anfänglichen Hass fertig wurde. Ihre Geschichte kann sicherlich vielen Menschen helfen, sich selbst anzunehmen und zu sich zu stehen. In dem Sinne: „Lacht‘s gut!“

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