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„Besorgniserregend“: Autozulieferer aus Baden-Württemberg schließt IG Metall bei Verhandlung aus

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Von: Julian Baumann

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Logo der Gewerkschaft IG Metall auf einer Flagge (links). Der Firmensitz von Bertrandt in Ehningen (rechts).
Die IG Metall wurde bei Verhandlungen um ein neues Entgeltsystem bei VW-Zulieferer Bertrandt ausgeschlossen. © Franziska Kraufmann/Silas Stein/dpa (Fotomontage: BW24).

Bei einer Verhandlung zwischen dem VW-Zulieferer Bertrandt und der IG Metall hat es Komplikationen gegeben. Die Gewerkschaft erhebt Vorwürfe.

Stuttgart - Die Autozuliefererindustrie in Baden-Württemberg steht angesichts der Transformation zur E-Mobilität vor großen Herausforderungen. Dass große Konzerne wie Bosch oder die ZF Friedrichshafen Produktionsschritte für Zukunftskomponenten ins Ausland verlagern, stellt laut der IG Metall eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort dar. Die Bezirksgruppe der IG Metall kämpft deshalb um die Arbeitsplätze in Baden-Württemberg, wie Bezirksleiter Roman Zitzelsberger bei der Bezirkskonferenz am 16. Mai erklärte. „Arbeitsplätze im großen Stil abzubauen und ganze Geschäftsbereiche ins Ausland zu verlagern, ist strategisch kurzsichtig und unternehmerisch verantwortungslos“, kritisierte er.

In Wolfsburg, der Heimat des zweitgrößten Autoherstellers der Welt, Volkswagen, kam es vor wenigen Tagen ebenfalls zu Konflikten zwischen der Ortsgruppe der IG Metall und einem Zuliefererunternehmen aus Baden-Württemberg. Einer Pressemitteilung der Gewerkschaft zufolge, wurde sie bei der Verhandlung um ein neues Entgeltsystem ausgeschlossen. Bei dem Unternehmen handelt es sich um den Entwicklungsdienstleister Bertrandt mit Sitz im schwäbischen Ehningen (Kreis Böblingen). Die IG Metall hat Konsequenzen angekündigt.

IG Metall bei Verhandlungen um neues Entgeltsystem ausgeschlossen: „Keine konstruktive Zusammenarbeit“

Die Bertrandt AG wurde ursprünglich im schwäbischen Möglingen (Kreis Ludwigsburg) gegründet und war zunächst vor allem für lokale Autozulieferer tätig. Inzwischen arbeitet das Unternehmen an Komponenten-, Modul- und Derivatentwicklungen der internationalen Automobil- und Luftfahrtindustrie mit – und eben auch für den größten europäischen Autokonzern VW. Die IG Metall ist als Gewerkschaft im VW-Konzern, der seit Dezember 2022 von Porsche-Chef Oliver Blume geleitet wird, seit jeher stark vertreten. Bei den Verhandlungen um ein neues Entgeltsystem bei Bertrandt wurden die Berater der Gewerkschaft nun aber offenbar ausgeschlossen.

NameBertrandt AG
Gründung1974
HauptsitzEhningen, Kreis Böblingen, Baden-Württemberg
BrancheIngenieurdienstleistungen
TätigkeitsbereicheAutomobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, Elektrotechnik, Maschinen- und Anlagenbau
Umsatz1,0009 Milliarden Euro (2021/2022)
Mitarbeiterzahl13.179

Einem Bericht der Braunschweiger Zeitung zufolge, hatte Bertrandt darauf bestanden, vor dem Zugang zu den Verhandlungen eine Absichtserklärung mit der IG Metall abzuschließen, um die Spielregeln selbst bestimmten zu können. Auf diese Erklärung haben sich die Betriebsräte der Bertrandt Technologie GmbH (BTG) und der Bertrandt Simulations GmbH (SIM) nun berufen, um den Berater der IG Metall von den Verhandlungen auszuschließen. Aus dieser Forderung hat die Gewerkschaft Konsequenzen gezogen und angekündigt, die Beratung nur noch abseits des Verhandlungstisches wahrzunehmen. „Der Arbeitgeber hat durch sein Verhalten keine konstruktive Zusammenarbeit ermöglicht“, sagte Sebastian Schien, von der IG Metall Wolfsburg.

Schwäbischer VW-Zulieferer: Betriebsrat will selbst Lösung in Verhandlungen finden

Der neue Geschäftsführer von Bertrandt hatte zwar angegeben, dass die Absichtserklärung zwischen dem Unternehmen und der IG Metall nicht verpflichtend sei, Schien hatte dennoch seinen Rückzug von den Verhandlungen verkündet. „Es ist besorgniserregend, dass der neue Geschäftsführer keinerlei Kommunikation mit uns als IG Metall Wolfsburg über die Situation gesucht hat und dass die Firma Lurse, die als Unternehmensberatung den Verhandlungen beiwohnt, dieses undemokratische Vorgehen stillschweigend hinnimmt“, erklärte er. „Da wir als IG Metall Wolfsburg bisher positive Erfahrungen mit Lurse gesammelt haben und uns eine Beratung hinsichtlich des Verbleibs am Verhandlungstisch gewünscht hätten.“

Die Gewerkschaft hat angekündigt, weiterhin die Interessen der Beschäftigten von Bertrandt vertreten zu wollen, auch abseits des Verhandlungstisches. Die IG Metall ist eine der angesehensten Arbeitnehmergewerkschaften Deutschlands und vertritt in Baden-Württemberg beispielsweise auch die Interessen der Tarifangestellten von Mercedes-Benz, Bosch oder Mahle. Dass ein Berater der IG Metall von einer Verhandlung ausgeschlossen wird, wirft deshalb Fragen auf. Die Betriebsräte der Tochter-Gesellschaften des schwäbischen Entwicklungsdienstleisters Bertrandt haben aber offenbar vor, selbst eine Lösung in der Verhandlung um ein neues Entgeltsystem zu finden.

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