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Schwäbisches Traditionsunternehmen tut „alles, damit es uns auch noch in 140 Jahren gibt“ – nur zu welchem Preis?

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Von: Julian Baumann

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Beim Batteriekonzern Varta liegt einiges im Argen, der Chef zeigte sich bei einem Rathausbesuch dennoch optimistisch. Die Rettung des Traditionsunternehmens hat jedoch einen Preis.

Ellwangen/Dischingen - Beim schwäbischen Traditionsunternehmen Varta aus Ellwangen (Ostablkreis) kriselt es seit geraumer Zeit. Die Folgen der Corona-Pandemie konnte der bekannte Batteriehersteller im zweiten Corona-Jahr 2021 finanziell zwar ausbügeln, der Ukraine-Krieg trübte die Aussicht auf 2022 jedoch. Deshalb hatte Varta auch bei der geplanten E-Auto-Batteriefabrik im bayrischen Nördlingen zunächst die Reißleine gezogen. Um aus der Krise herauszukommen, hatte sich das Unternehmen aus Baden-Württemberg Ende März mit den Banken auf ein Restrukturierungskonzept geeinigt, das zum einen gezielte Investitionen in Zukunftsbereiche, zum anderen aber auch drastische Kosteneinsparungen vorsieht.

Dass der bereits 1887 in Ellwangen an der Grenze zu Bayern gegründete Batteriekonzern Varta sich aus der Misere befreien muss, steht außer Frage. Für den Bestand des Unternehmens sei das Restrukturierungskonzept unumgänglich, sagte Vorstandssprecher Markus Hackstein im März. „Das ist ein ganz entscheidender Schritt in Richtung Zukunft der Varta AG. Mit den umfassenden Maßnahmen können wir das Unternehmen zurück auf den Erfolgskurs bringen und wieder profitabel werden.“ Auch bei einem Besuch in Dischingen (Kreis Heidenheim) zeigte sich der Varta-Chef optimistisch.

Varta im Zwiespalt: Zurück auf Kurs bedeutet Abbau von 800 Vollzeitstellen weltweit

Neben dem Hauptsitz in Ellwangen und dem Standort in Nördlingen produziert Varta auch in der zur Region Ostwürttemberg gehörenden Gemeinde Dischingen. Dort war Konzernchef Markus Hackstein der Heidenheimer Zeitung zufolge vor einiger Zeit erstmals zu Besuch und wurde vom Bürgermeister des Ortes empfangen. Bei dem Besuch im Dischinger Rathaus ging es demnach auch um den Zustand des Traditionsunternehmens. „Wir stehen vor Herausforderungen, aber wir werden sie meistern“, sagte der Vorstandssprecher. „Varta gibt es seit fast 140 Jahren und wir unternehmen jetzt alles, damit es uns auch noch in 140 Jahren gibt.“

NameVarta AG
Gründungsjahr1887
HauptsitzEllwangen, Baden-Württemberg
BrancheElektrotechnik
Produkte\tBatterien, Akkus und Energiespeichersysteme
Umsatz806,9 Millionen Euro (2022)
Mitarbeiter4.666 (Ende 2021)

Konkret sind im Rahmen der Restrukturierung von Varta Investitionen in die Wachstumsfelder Energiewende und E-Mobilität geplant. Daraus, dass die Maßnahme auch mit einem deutlichen Stellenabbau verknüpft sein wird, machte das Unternehmen von Anfang an aber keinen Hehl. „Uns ist bewusst, dass die Restrukturierung leider mit harten Einschnitten verbunden sein wird“, hatte Heckstein im März erklärt. Letztendlich wurde bekannt, dass das schwäbische Traditionsunternehmen 800 Vollzeitstellen abbaut, davon 390 in Deutschland. Die Kürzungen werden nach Angaben von Varta alle deutschen Standorte betreffen, neben dem Hauptsitz in Ellwangen und dem bayerischen Nördlingen also auch Dischingen.

Varta will Standorte in Deutschland bewahren und muss dafür Kosten einsparen

Dass eine Neustrukturierung mit einer Senkung der Kosten auch mit einem Stellenabbau verbunden ist, ist in der Wirtschaft keine Seltenheit. Selbst die größten Konzerne in Baden-Württemberg kommen daran nicht vorbei. Beim zweitgrößten schwäbischen Autozulieferer ZF Friedrichshafen ist der Gewinn 2022 eingebrochen und der Stiftungskonzern plant dem Betriebsrat zufolge in den kommenden Jahren einen radikalen Stellenabbau. Bei Varta wird derzeit allerdings die Kritik über die Kommunikation laut. Weil der Batteriekonzern noch keine genauen Details zum Stellenabbau kommuniziert hat, müssen die Mitarbeiter weiter um ihre Jobs bangen, kritisierte die Gewerkschaft IG Metall.

Das Varta-Logo ist an einem Werk der Varta AG zu sehen.
Batteriekonzern Varta will mit dem Restrukturierungskonzept zurück in die Spur. Das hat jedoch seinen Preis. © Marijan Murat/dpa

Varta-Chef Markus Hackstein betonte der Heidenheimer Zeitung zufolge bei seinem Besuch in Dischingen erneut, dass man in Bezug auf die Stellenstreichungen im Gespräch mit den Betriebsräten der Standorte sei. Zudem zeigte sich Hackstein davon überzeugt, dass die Maßnahmen Früchte tragen werden und die Standorte dadurch bewahrt werden. Da viele Unternehmen der Wirtschaft in Baden-Württemberg derzeit ganze Produktionsschritte ins Ausland verlagern, oder – wie im Falle eines Reutlinger Autozulieferers – ganze Werke in Deutschland schließen, eine gute Nachricht für Ellwangen, Dischingen und Nördlingen. Da noch in diesem Jahr 240 Varta-Mitarbeiter in Deutschland ihren Job verlieren werden, bleibt dennoch ein fader Beigeschmack zurück.

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