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Verhandlungen am ZF-Hauptsitz stocken: Noch keine Jobgarantie für 10.000 Mitarbeiter des Autozulieferers

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Von: Julian Baumann

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Die Transformation zur E-Mobilität macht auch den größten Autozulieferern zu schaffen. Am Hauptsitz der ZF in Friedrichshafen gibt es bisher keine Zukunftsvereinbarung.

Friedrichshafen - Eine Studie kam kürzlich zum Ergebnis, dass die Transformation zur E-Mobilität die Autozulieferer besonders belastet. Während die Autohersteller auf Rekordgewinne zurückblicken können, kommen die kleineren Unternehmen zunehmend ins Straucheln. Da in der deutschen Autoindustrie nach wie vor die meisten Arbeitsplätze am Verbrenner hängen, geht die Transformation aber selbst an den größten Autozulieferern nicht spurlos vorbei. Bosch sorgt sich um einen drastischen Stellenabbau und die ZF Friedrichshafen will erstmals ein ganzes Werk schließen, weswegen rund 700 Mitarbeiter um ihre Jobs kämpfen.

Die ZF Friedrichshafen ist mit weltweit rund 165.000 Mitarbeitern einer der größten Autozulieferer überhaupt. Der Stiftungskonzern vom Bodensee hat in der Vergangenheit hauptsächlich Zahnräder und Getriebe hergestellt, inzwischen rüstet die ZF jedoch um. Wie die Schwäbische Zeitung berichtet, hatte der zweitgrößte deutsche Autozulieferer angesichts der Transformation im Jahr 2020 mit der Gewerkschaft IG Metall den sogenannten „Tarifvertrag Transformation“ geschlossen, in dem verankert ist, dass Konzern und Betriebsrat gemeinsam Zukunftsperspektiven für die Standorte aushandeln müssen. Am Hauptsitz des Stiftungskonzerns in Friedrichshafen sind sich die Parteien allerdings noch immer nicht einig.

ZF Friedrichshafen: Betriebsrat fordert Jobgarantie für 10.000 Mitarbeiter an Hauptsitz – Verhandlung stockt

„Das neue Zahnrad ist der Chip und die Software“, hatte der ehemalige ZF-Chef Wolf-Henning Scheider, der im Januar vom aktuellen CEO Holger Klein abgelöst wurde, im vergangenen Jahr erklärt. In der Autoindustrie liegt der Fokus zunehmend auf Software, was die Softwareunternehmen – beispielsweise Nvidia bei Mercedes-Benz – inzwischen mindestens genauso wichtig macht, wie die Zulieferer klassischer Fahrzeugkomponenten. Eben deshalb müssen auch Traditionskonzerne wie die ZF wettbewerbsfähig bleiben und zukunftssichere Produkte anbieten. Diese „Zielbilder“, zu denen auch die Flexibilität und mehrjährige Jobgarantien gehören, gibt es bereits an 18 Standorten des Konzerns, aber noch nicht am Hauptsitz.

NameZF Friedrichshafen AG
Gründungsjahr1915
HauptsitzFriedrichshafen, Baden-Württemberg
BrancheAutomobilzulieferer, Mobilitätssysteme
GeschäftsbereicheAutomobilzulieferer, Antriebs- und Fahrwerktechnik, E-Mobilität, Automatisierungstechnik, Industrietechnik, Nutzfahrzeugtechnik
Mitarbeiterzahl164.869 (Stand: 2022)
Produktionsstandorte168 in 32 Staaten
Hauptentwicklungsstandorte19 in neun Ländern
Umsatz43,8 Milliarden Euro (2022)
GeschäftsführungHolger Klein (Vorstandsvorsitzender), Heinrich Hiesinger (Aufsichtsratsvorsitzender)
Anteilseigner93,8 Prozent Zeppelin Stiftung (Stiftungsträger ist die Stadt Friedrichshafen), 6,2 Prozent Dr. Jürgen und Irmgard Ulderup Stiftung

Dass der Standort Friedrichshafen der Transformation zum Opfer fallen könnte – wie der Standort im nordrhein-westfälischen Eitdorf – ist ausgeschlossen. Der Name der Zeppelinstadt, die seit jeher der Hauptsitz des Konzerns ist, findet sich sogar im Firmennamen. Am Bodensee geht dennoch die Sorge vor einem Stellenabbau um, weswegen der Betriebsrat eine Jobgarantie für den mit rund 10.000 Mitarbeitern größten ZF-Standort fordert. Dabei gehe es nicht nur um eine bestimmte Jahreszahl, sondern auch um die Verteilung der Tätigkeiten am Hauptsitz. „Die große Frage ist, was machen und produzieren wir hier in Friedrichshafen?“, sagte Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich der Schwäbischen Zeitung.

ZF-Betriebsratschef erwartet Einigung „in den nächsten Monaten“ – anderer Standort hat größere Sorgen

Die Verlagerung von Tätigkeiten im Zuge der Transformation zur E-Mobilität ist ein Aspekt, der derzeit viele Unternehmen der deutschen Autoindustrie umtreibt. Bei Bosch wird beispielsweise vermutet, dass Komponenten für die E-Mobilität künftig in Tschechien produziert werden könnten. Der größte Zulieferer der Welt hat sich inzwischen mit dem Betriebsrat auf Verhandlungen zur Zukunft der deutschen Standorte geeinigt, und auch ZF-Betriebsratschef Achim Dietrich hatte im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung eine Einigung „in den nächsten Monaten“ für den Hauptsitz in Friedrichshafen in Aussicht gestellt.

Eine Mitarbeiterin der ZF Friedrichshafen bei der Getrieberaumprüfung am Produktionsstandort Schweinfurt.
Autozulieferer ZF rüstet sich für die Zukunft. Am Hauptsitz in Friedrichshafen gibt es allerdings noch keine Jobgarantie für die Angestellten. © Karl-Josef Hildenbrand/ZF Friedrichshafen

An einem anderen Standort könnte der Wandel aber massivere Folgen haben. In Brandenburg an der Havel produziert die ZF beispielsweise 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe für den Porsche-Klassiker 911. Der Stuttgarter Autobauer hat zwar im vergangenen Jahr mit der Produktion von E-Fuels begonnen und will damit die Bestandsflotte antreiben, der Fokus liegt in Zuffenhausen aber ebenfalls klar auf der E-Mobilität. Nach dem E-Macan (2024) hat Porsche bereits elektrische Versionen der 918-Baureihe und eine elektrische Version des Erfolgs-SUV Cayenne bestätigt. Für Getriebewerke könnte die Entwicklung zum Problem werden.

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