Dieselmotorenbauer vom Bodensee: Mitarbeiter und Betriebsrat fürchten um den Standort
Beim Diesel- und Panzermotorenbauer Rolls-Royce Power Systems in Friedrichshafen wächst die Sorge um die Existenz des Standorts. Der Mutterkonzern hat Sparmaßnahmen angekündigt.
Friedrichshafen - Eigentlich sieht die Zukunftsperspektive des Diesel- und Panzermotorenbauers Rolls-Royce Power Systems mit Sitz in Friedrichshafen (Baden-Württemberg) alles andere als düster aus. Das Unternehmen um die Kernmarke MTU erwirtschaftete im Krisenjahr 2022 einen Rekordgewinn und fokussiert sich auch im laufenden Geschäftsjahr auf ein profitables Wachstum. Seit einiger Zeit herrscht jedoch Unruhe beim Panzermotorenhersteller vom Bodensee, da der Betriebsrat drastische Sparmaßnahmen befürchtet. Bereits im Januar hatte der Betriebsrat zu einer außerplanmäßigen Betriebsversammlung in Friedrichshafen aufgerufen, an der nach eigenen Angaben 4.000 Mitarbeiter teilnahmen.
Erneute Betriebsversammlung bei Rolls-Royce Power Systems – Motorenbauer fürchtet um Standort
Während Rolls-Royce Power Systems in Friedrichshafen vorrangig Diesel- und Panzermotoren baut, hat sich der britische Mutterkonzern vor einigen Jahren ganz auf Antriebe für Großraumflugzeuge spezialisiert. Die Rolls-Royce Group schreibt bereits seit Jahren rote Zahlen, wurde durch die Folgen der Corona-Pandemie auf Airlines und den Flugbetrieb aber noch weiter in die Misere gestürzt. Wie der Südwestrundfunk (SWR) aktuell berichtet, haben sich am Dienstag (4. April) erneut rund 4.000 Beschäftigte von Rolls-Royce Power Systems in der Messe Friedrichshafen zu einer Betriebsversammlung eingefunden, da sie um die Zukunft des deutschen Standorts fürchten.
Name | Rolls-Royce Power Systems AG |
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Gründungsjahr | 1909 (MTU Friedrichshafen), Januar 2014 (Rolls-Royce Power Systems) |
Hauptsitz | Friedrichshafen |
Branche | Maschinenbau, Motorenbau, Energieanlagen |
Umsatz 2022 | 3,9 Milliarden Euro |
Mitarbeiter | rund 9.000 |
Produkte | Antriebssysteme, Generatoren, Motoren |
Mutterkonzern | Rolls-Royce Holdings, London, Vereinigtes Königreich |
Der kriselnde Mutterkonzern Rolls-Royce Group, der seit 1998 nichts mehr mit der heute zum BMW-Konzern gehörenden Luxusautomarke Rolls-Royce zu tun hat, wird seit Beginn des Jahres vom neuen CEO Tufan Erginbiligic geführt, der einen radikalen Sparkurs angekündigt hat. Das lässt dem SWR zufolge auch in Friedrichshafen die Alarmglocken schrillen, da befürchtet wird, man wolle den deutschen Standort finanziell ausbluten lassen. Die Unruhe unter den Mitarbeitern sei groß, hieß es am Dienstag im Anschluss an die Betriebsversammlung auf dem Messegelände. Den Sparkurs würde man laut Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer bereits spüren, da immer größere Ertragsteile nach London überwiesen werden müssten.
Betriebsratschef befürchtet Zerschlagung des Unternehmens
Dass die Auftragsbücher in Friedrichshafen nach wie vor voll sind und das Unternehmen auf einen bereinigten Umsatz von 3,9 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2022 zurückblicken kann, sichert die Zukunft des traditionsreichen Standorts – die Motoren- und Turbinen-Union Friedrichshafen (MTU) wurde bereits 1909 gegründet – demnach nicht. Betriebsratschef Bittelmeyer befürchtet laut dem SWR im schlimmsten Fall eine Zerschlagung des Unternehmens, bei dem aktuell rund 9.000 Mitarbeiter angestellt sind. Ein Unternehmenssprecher hatte die Befürchtungen eines rabiaten Stellenabbaus bereits im Januar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) abgestritten und auch Vorstandsmitglied Thelse Godewerth wies die Sorge am Dienstag zurück.

Während der Mutterkonzern durch die Corona-Pandemie noch weiter in die roten Zahlen gerutscht ist, könnte Rolls-Royce Power Systems von dem anhaltenden Ukraine-Krieg als Rüstungsunternehmen profitieren. Die Motoren für die gängigen deutschen Panzermodelle wie dem „Leopard“, dem „Marder“ oder dem „Puma“ laufen allesamt in Friedrichshafen vom Band. Der Großauftrag für die Modernisierung der Bundeswehr würde also einen Geldsegen bedeuten. Doch auch in diesem Punkt hat das Unternehmen vom Bodensee keine freie Hand. „Im Moment müssen wir uns jede Stelle beim britischen Mutterkonzern genehmigen lassen“, hatte Bittelmeyer im Februar dem SWR erklärt. „Selbst wenn es sich um einen Gabelstaplerfahrer handelt.“