Porsche schickt Mitarbeiter zurück ins Studium – „Bin überzeugt, dass das ein Trend in der Autoindustrie wird“
Porsche kann sich wohl nicht über zu wenig Bewerber beklagen, bei der Suche nach IT-Fachkräften stoßen aber offenbar auch die Stuttgarter an ihre Grenzen.
Stuttgart - Für eine Karriere bei Porsche bietet der Autobauer vielfältige Jobs, Ausbildungsstellen und Praktika an und auch ein duales Studium ist bei dem traditionsreichen Unternehmen aus Stuttgart möglich. Da Porsche einer der beliebtesten Arbeitgeber der Region und weit darüber hinaus ist, kann sich der Konzern über zu wenig Bewerber mit Sicherheit nicht beklagen. An Fachpersonal mit einer Kompetenz, die aktuell mehr denn je gesucht wird, mangelt es aber offenbar sogar in Zuffenhausen.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Produktionsabläufe und dem immer deutlicheren Fokus auf hochmoderne Fahrzeugsoftware sind IT-Spezialisten in der Autoindustrie inzwischen mindestens so gefragt wie Ingenieure. Porsche investiert bereits seit einiger Zeit in IT-Fachkräfte. „IT ist ein entscheidender Faktor“, hatte Finanzchef Lutz Meschke bereits 2021 erklärt. „Wer hier nicht entschlossen investiert, spielt in der Mobilität der Zukunft keine Rolle.“ Da die Autoindustrie aber bei weitem nicht die einzige Branche ist, die solche Spezialisten sucht, geht der Sportwagenbauer einen eher ungewöhnlichen Weg.
Fachkräftemangel: Porsche lässt Mitarbeiter in Reutlingen zu IT-Architekten ausbilden
Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird der Aufgabenbereich in der Autobranche immer diverser, an IT-Fachkräften mangelt es allerdings seit einiger Zeit. Hinzukommt, dass eben auch Softwarekonzerne wie die SAP oder auch Apple, Microsoft und Co. ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind und sich qualifiziertes Personal den Arbeitgeber demnach aussuchen kann. Da Porsche offenbar Probleme hat, die 1.000 offenen Stellen im Software-Bereich zu besetzen, will der Sportwagenbauer seine eigenen Mitarbeiter qualifizieren. „Wir investieren in unsere eigenen Mitarbeiter und kooperieren mit der Hochschule Reutlingen“, sagte Personalvorstand Andreas Haffner der Automobilwoche. VW-Mitarbeiter sollen dagegen in Escape Rooms lernen, wie man E-Autos baut.
Name | Hochschule Reutlingen |
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Gründungsjahr | 1855 |
Trägerschaft | Staatlich |
Ort | Reutlingen, Baden-Württemberg |
Leitung | Prof. Dr. Hendrik Brumme |
Studiengänge | rund 50 Bachelor- und Masterstudiengänge |
Fakultäten | 5 (Angewandte Chemie, ESB Business School, Informatik, Technik, Textil und Design) |
Ausrichtung | Technik und Betriebswirtschaft |

Im Zuge der Transformation zur E-Mobilität geht auch in der deutschen Autoindustrie die Sorge vor einem massiven Stellenabbau um. Einige Unternehmen haben es sich allerdings zum Ziel gesetzt, ihre Mitarbeiter entsprechend umzuschulen, statt sie durch anderes Personal zu ersetzen. Mercedes-Benz hat in Berlin einen „Digital Factory Campus“ eröffnet, der bei der digitalen Transformation eine Pionierrolle einnehmen soll. Porsche schickt die Mitarbeiter dagegen zurück an die Hochschule, um sie auf ihre künftigen Aufgaben vorzubereiten. Ab Mai sollen demnach die ersten 18 Mitarbeiter in einem einjährigen Studium an der Hochschule Reutlingen zu IT-Architekten ausgebildet werden.
Autoindustrie im Wandel: Auch ZF und Bosch wollen Mitarbeiter auf neue Aufgaben vorbereiten
Neben Mercedes-Benz, Porsche und Co. müssen auch die Autozulieferer die Transformation stemmen und die Mitarbeiter entsprechend vorbereiten. Die ZF Friedrichshafen hat im vergangenen Jahr eine Qualifizierungsoffensive für die E-Auto-Transformation gestartet. Die Kooperation mit der auf Fortbildung spezialisierten XU Group aus Berlin richtet sich an rund 30.000 Mitarbeiter Abteilung Electrified Powertrain Technologie, die die E-Mobilität beim Konzern vom Bodensee vorantreiben sollen. Auch Bosch hatte bereits angekündigt, rund 80.000 Mitarbeiter für die Transformation umschulen zu wollen.
Da Software- und IT-Fachkräfte in der Wirtschaft immer wichtiger werden, reicht es für viele Unternehmen nicht mehr aus, nur neue Stellen in den Bereichen zu besetzen. Die bereits vorhandenen Mitarbeiter entsprechend zu qualifizieren, könnte dem Engpass demnach entgegenwirken. „Ich bin überzeugt, dass dies ein Trend in der Autoindustrie wird, weil hier schlicht die Fachkräfte fehlen“, sagte Porsche-Personalchef Haffner der Automobilwoche. Zudem vertraue er auch darauf, dass die deutsche Bildungspolitik mit Ausbildungs- und Studiengängen entgegensteuere. „Sonst bekommen wir ein ernsthaftes Problem.“