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„König der Könige“: Taxifahrer fährt mit Mercedes-Oldtimer mehr als eine Million Kilometer

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Von: Julian Baumann

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Während Mercedes-Benz beständig an der Zukunft des Konzerns feilt, fahren alte Modelle mit dem Stern weiterhin durch die Welt. So auch als Taxi im Libanon und angrenzenden Ländern.

Stuttgart/Beirut - Autokonzern Mercedes-Benz treibt die Transformation voran und will ab 2030 überall dort, wo es die Marktbedingungen zulassen, ausschließlich E-Autos verkaufen. Während sich der Konzern in Stuttgart also auf die Zukunft vorbereitet, sind weltweit nach wie vor unzählige ältere Modelle des ältesten Autoherstellers der Welt unterwegs. Eine Mercedes-E-Klasse Baujahr 1993, hat über 1,5 Millionen Kilometer auf dem Tacho und fährt noch immer durch Dürres, eine Hafenstadt in Albanien. Die E-Klasse von Mercedes-Benz war seit jeher das klassische Taximodell, die neue Generation bietet der Konzern zum Unmut der Taxibranche aber nicht mehr mit der entsprechenden Ausstattung an.

Im Libanon und den angrenzenden Ländern fährt dagegen ein Mercedes-Taxi, das über eine Million Kilometer auf dem Tacho hat, aber keine klassische E-Klasse ist, sondern ein eher ungewöhnliches Modell für den schwäbischen Traditionskonzern. Das 60 Jahre alte Mercedes-Taxi und sein 89 Jahre alter Taxifahrer sind in dem Gebiet um die Siedlung Bakhoun derart beliebt und bekannt, dass Fahrer Omar den Titel „König der Könige“ trägt, wie der zur Deutschen Welle (DW) gehörende YouTube-Kanal DW Rev Cars & Mobility berichtet. Im westafrikanischen Staat Ghana restauriert ein Paar deutsche Autoklassiker von Mercedes und Co.

Mercedes-Taxi und sein 89-jähriger Fahrer sind im Libanon äußerst beliebt – „Ich bin hier der König“

Wie bereits genannt ist das typische Taxi-Modell von Mercedes-Benz die E-Klasse. Fahrer Omar Chuckri Alchaar, der sich im Video von DW Rev Cars & Mobility als „ältester Taxifahrer in der Gegend“ bezeichnet, fährt aber ein ganz besonderes Modell. Die Baureihe Mercedes-Benz W110 produzierte die damalige Daimler-Benz AG zwischen 1961 und 1968, die Fahrzeuge wurden aufgrund ihres Designs umgangssprachlich „kleine Heckflosse“ genannt. Die Heckflossen waren eben auch die Besonderheit, da der Erfinder des Automobils durch die Designentscheidung erstmals deutliche Zugeständnisse an das damals vorherrschende Design in den USA machte, beispielsweise von Cadillac.

Mercedes W110

Die Mercedes W110-Serie war eine Baureihe von Limousinen, die von 1961 bis 1968 produziert wurden. Die Modelle waren eine erschwinglichere Alternative zu den teureren Mercedes-Modellen der damaligen Zeit und wurden unter der Bezeichnung „Heckflosse“ bekannt.

Besondere Merkmale

- Die Heckflosse auf der Rückseite des Fahrzeugs, die der Baureihe ihren Spitznamen gab
- Die W110-Modelle waren die ersten Mercedes-Fahrzeuge mit einem Sicherheitslenkrad
- Der Innenraum war geräumig und komfortabel, mit hochwertigen Materialien und guter Verarbeitung
- Die W110-Modelle waren auch als Kombi und Coupé erhältlich

Produktionszahlen

- W110 Limousine: 406.356 Stück
- W110 Kombi: 11.840 Stück
- W110 Coupé: 4.502 Stück

Insgesamt wurden also 422.698 Fahrzeuge der W110-Serie produziert.

Aufgrund der besonderen Form ist das Mercedes-Taxi von Omar Chuckri Alchaar in Bakhoun wohl auch so beliebt. „Ich würde sagen, ich fahre seit etwa 1955 hier Taxi“, sagt der 89-Jährige im Video. Sein Auto ist über 60 Jahre alt und er geht auf das stolze Alter von 90 zu, ans Aufhören denken Omar und sein Mercedes-Taxi aber offenbar noch lange nicht. Obwohl er mit einer eher gemächlichen Fahrweise durch die Straßen Bakhouns tuckert, wagt es niemand, die „kleine Heckflosse“ anzuhupen, wie es im Video heißt. „Ich bin hier der König, jeder liebt mich“, sagt Omar. Das beruhe aber auf Gegenseitigkeit, macht er deutlich.

Mercedes-Heckflosse aus den 60er Jahren fährt im Libanon noch im Originalzustand

Mit 21 Jahren habe er seinen Führerschein gemacht und sei seitdem Taxifahrer, erklärt Omar Chuckri Alchaar dem Team von DW Rev Cars & Mobility bei einer Fahrt durch die Siedlung in seinem Mercedes-Taxi. Seitdem sind Fahrer und Maschine weit herumgekommen. „Wir waren schon überall“, sagt er. Als Beispiele nennt er die türkische Metropole Istanbul oder auch Jordanien und Syrien. „Dieses Auto ist mein Schatz“, sagt Omar stolz. Der Motor sei sehr alt – mindestens 40 Jahre alt, sagt der Besitzer – laufe aber immer noch. Zudem sei das vor 60 Jahren in Stuttgart gebaute Automodell noch im Originalzustand. „Ich habe nichts daran geändert.“

Die Begeisterung für sein doch auch äußerlich in die Jahre gekommenes Mercedes-Taxi ist dem Taxifahrer aus Bakhoun im Video deutlich anzusehen. Bevor er die „kleine Heckflosse“ mit Stern im Jahr 1975 kaufte, habe er keinen solchen Mercedes gesehen, da niemand ein solches Modell verkaufte. „Was ist wichtiger? Autos oder Frauen?“, scherzt der 89-Jährige. „Für mich ist die Sache klar, es ist das Auto.“ Im Libanon ist das Leben als Taxifahrer alles andere als einfach, da das Land seit 2019 in einer Wirtschaftskrise steckt und die Benzinpreise astronomisch hoch sind. Zudem sind auch die Straßen im Libanon nicht gerade in gutem Zustand.

„Deshalb braucht man stabile, starke Autos, wie klassischen Modelle“, sagt Omar Chuckri Alchaar im Video. „Sonst hat man auf solchen Straßen keine Chance.“ Der 89-Jährige und sein treues Mercedes-Taxi sind offiziell bereits seit 10 Jahren im Ruhestand. Das hält den „König der Könige“ aber nicht davon ab, mit seiner Heckflosse weiterhin durch das Land zu fahren.

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